Verortungen

Freitag, 23. Januar 2015 - 19:00 Uhr

Galerie Steinek

Clemens Wolf, Planet of Holes, 2013. Courtesy: The Artist Clemens Wolf, Planet of Holes, 2013. Courtesy: The Artist
Alice Aycock | Peter Hopkins | Tania Kitchell | Ken Lum | Paul Morrison |
Georges Rousse | Michaela Spiegel | Clemens Wolf
Vernissage: 23. Januar 2015, 19 Uhr
Ausstellungsdauer: 24. Januar – 04. März 2015


Mit der Gruppenausstellung „Verortungen“ verknüpft die Galerie Steinek acht künstlerische Positionen, die sich mit Orten und ihrer Veränderbarkeit, Manipulation sowie ihrer subjektiven Wahrnehmung auseinandersetzen.

Rein basierend auf der biologischen Struktur des Menschen mag die Möglichkeit einer objektiven Wiedergabe oder Konstruktion des Raumes durch den Blick möglich sein. Doch die Raumwahrnehmung ist eine visuelle Erfahrung, gewährleistet durch heterogene Komponenten, die über das Instrument der Sichtbarmachung hinausgehen. Neben physischen Elementen zählen daher unterschiedliche äußere wie innere Reize zu maßgeblichen Einflüssen unserer Wahrnehmung. Und nicht nur das. Zur Verarbeitung jener Eindrücke und Reize durch das Nervensystem wird auch das Erinnerungsvermögen benötigt, sodass bis zu einem gewissen Grad unsere subjektiven Erfahrungen Einfluss auf unsere Raumwahrnehmung nehmen und unterschiedliche Bezugssysteme generieren.

Doch unsere Wahrnehmung lässt sich auch manipulieren. Georges Rousse (*1947 Paris) macht architektonische Abfallprodukte unserer Gesellschaft, verfallene Gebäude – deren Zutritt verboten ist – zu seiner Leinwand. Seine künstlerisch bearbeiteten Räume funktionieren nur aus einer bestimmten Perspektive, sodass das Foto mit seiner Zweidimensionalität zum Regulativ wird. Rousse geht teilweise darüber hinaus, indem er seine bekannten Anamorphosen erschafft: Geometrische Formen scheinen im Raum zu schweben und lassen den Betrachter prüfen, ob es sich um eine nachträgliche Bildmanipulation oder einen real bearbeiteten Raum handelt.

Solche verbotenen Räume werden jedoch nicht nur mittels von Schildern als solche deklariert. Die Funktion eines Zaunes besteht in der temporären oder permanenten Trennung zweier Bereiche. Dabei ist es nicht nur die Platzierung eines Zaunes, die die Absichten hinter dieser Abgrenzung sichtbar macht, sondern mit dem jeweiligen Standpunkt des Betrachters ergeben sich völlig unterschiedliche Situationen: Der Zaun kann zu einem Schutz unserer Selbst werden, oder der Betrachter wird zu demjenigen, vor dem es sich zu schützen gilt. Doch das Kerncharakteristikum eines Zaunes sind seine Öffnungen, die Löcher, die die Sicht auf das was es abzutrennen gilt, ermöglichen. 'Planet of Holes' verweist auf diese Vielzahl an Löchern, die dem Betrachter von Clemens Wolfs (*1981 Wien) Arbeiten an unterschiedlichen Orten den Blick durch seine Stahlzäune freilegen. Wolf, dessen künstlerischer Ursprung in seinem Dasein als Graffitisprayer liegt, beschäftigt sich seit jeher mit dem urbanen Raum. Seine Werke sind von Rasterformen geprägt, die sich vor/ hinter schemenhaften Gebäuden und industriellen Ruinen anordnen.

Statt der urbanen Landschaft steht bei Paul Morrison (*1966 Liverpool) die Botanik im Vordergrund seiner monochromatischen Arbeiten. Seine 'kognitiven Landschaften' basieren auf einem Spiel mit verzerrten Perspektiven und einer – teils damit einhergehenden – Disproportionalität: Kleine Pflanzen wachsen zu riesigen Objekten und massive Bäume sind geschrumpft. Inwieweit die Natur – genauer das Wetter – zum bestimmenden Faktor für den Ort und die Zeit künstlerischer Arbeiten werden kann, thematisiert die kanadische Künstlerin Tania Kitchell (*1970 Central Butte). Sie dokumentiert präzise auf Tagesbasis Uhrzeiten mit den dazugehörigen Temperaturen und erforscht inwieweit diese mit Stimmungen als auch mit der Wahl von Ort und Zeit für künstlerische Arbeiten zusammenhängen. In der Serie 'Blue Sky' wälzt Kitchell selbst sich leicht bekleidet im Schnee. Während der spielerische Charakter über den Schmerz der Kälte auf dem Foto hinwegtäuscht, hält Kitchell jenen Schmerz in ihren Textarbeiten auf Karton fest: Sie werden mit Nadelstichen gesetzt.

Die Werke von Peter Hopkins (*1955 Framingham) scheinen zunächst keinerlei Bezug zu unserer Natur oder unserer von Menschenhand geschaffenen Umgebung zu haben. Seine metallisch schillernden Oberflächen sind jedoch trügerisch, denn Hopkins verwendet keine Farben. Stattdessen konstruiert er ein Referenzsystem mittels von Ingredienzien, die von Einflüssen der Industrie und der Natur selbst zeugen: Verseuchtes Wasser, parfümierte Öle, giftige Schlacke oder Staub. Mittels dieser Stoffe versucht Hopkins Orte zu generieren, oder an sie zu erinnern.

Bei Ken Lum (*1956 Vancouver) besteht dieses Referenzsystem, welches sich bei ihm stets auf den städtischen Raum bezieht, aus einer Kombination von Bild und Text. Seine Arbeiten suggerieren eine direkte Analogie zu Werbeschildern. Er untersucht und hinterfragt die ethnische Vielfalt und die Identitäten der heutigen westlichten Gesellschaft:

„What I was interested in originally was to somehow bring in elements that I saw,
dominating elements in public streetscapes, to draw them in,
collate them togehter, and transfer them into the gallery context.“ (Ken Lum)

Virtuelle Realitäten hingegen erschafft die Bildhauerin Alice Aycock (*1946 Harrisburg) mit ihren Zeichnungen. Auch wenn ihr das Medium häufig als Konstruktionsplan für Projekte dient, so geht sie immer wieder einige Schritte weiter und entwickelt „Sciene-Fiction-Vorstellungen“:

„Neben den Zeichnungen für tatsächliche öffentliche Projekte beschäftigt sich Aycock zunehmend mit virtueller Realität und ihre aktuellen Arbeiten thematisieren die Verwischung des Wirklichen, des Vorgestellten, und des fast Wirklichen, und erlauben uns so, um in ihren eigenen Worten zu sprechen, uns ‚ferner an einen anderen Ort‘ zu versetzen.“ (Terrie Sultan, 2013)

Dass eine Verortung jedoch nicht nur durch rein geographische Aspekte, Formen, Materialien oder mittels der Sprache vollzogen wird, verdeutlicht Michaela Spiegel (*1963 Wien) in der Serie 'Asyl'. In seinem Ursprung lässt sich der Begriff 'Asyl' aus dem Griechischen mit 'sicher' übersetzen. Es ist ein Ort, der temporär Schutz bietet. Während der Begriff gegenwärtig eher mit Kriegsflüchtlingen zu assoziieren ist, verweist Spiegel hier auf die Flucht vor dem Selbst. Ihre Vintage Ansichten architektonischer Gebäude basieren auf alten Postkarten, die ihren Patienten als Kommunikationsmittel dienten. Es sind Nervenklinken, die Spiegel textuell mit Zitaten von Ärzten oder berühmten Patienten untermauert. Ein Verweis auf die Süchte und Sehnsüchte die an diesem Ort kuriert werden sollten, und nicht zuletzt ein Verweis auf die Zeit des vorletzten Jahrhunderts. (Text von Sabrina Möller)

Termin

hAmSteR Events
Ort, Raum, Gruppenausstellung, Eröffnung
Freitag, 23.01.2015 19:00
Galerie Steinek
Eschenbachgasse 4
1010 Wien
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