Heimo Zobernig: nEw anD nEw

Donnerstag, 18. Januar 2024 - 19:00 Uhr

Galerie Meyer Kainer

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verlängert bis bis 23. März

Eröffnung am 18. Jänner um 19 Uhr
19.1.–2.3. 2024

New and New
In seiner neuesten Ausstellung ruft Heimo Zobernig zwei Werkzyklen in Erinnerung, weist aber gleichzeitig jeden retrospektiven Charakter zurück.
„Insofern, als dieses Aufgreifen und Entleeren historischer Vorgaben zugleich von deren historischer Bedeutung zehrte, hatte man es bei ihm mit einer Kanonkritik zu tun, die von Anfang an keinen Hehl daraus machte, dass sie selbst einen Kanonbezug hat.“1)
Der Blick durch die Glasfront des Eingangsportals zeigt im ersten Raum drei Bronzeskulpturen. Zwei seiner bekannten Skulpturen, die einer anlässlich der Biennale in Venedig begonnenen Werkgruppe entstammen, erweitert Zobernig um eine dritte Figur, die durch ihre fraktale Verdoppelung und Verschiebung einen irritierenden, filmischen Effekt erzeugt. Tatsächlich tritt die Umformung einer statischen Setzung in ein dynamisches Szenario ein.
Was liegt vor? „Leider keine Skulptur“, so ein vor Jahren für eine Ausstellung angedachter, letztlich doch nicht verwendeter, Ausstellungstitel.
Zobernig hat sich zeitlebens mit den Darstellungsmöglichkeiten seiner Kunstgattung beschäftigt und hier scheint er nun seine eigenen skulpturalen Erfahrungen zu testen.
In den entsprechenden Kontrast gesetzt, wird das Schwergewichtige der Skulpturen dynamisiert, als fände die Mutmaßung einer festgefügten Ordnung ihren visuellen Widerspruch.
In der sequenziellen Weiterentwicklung seines Werks über Ausstellungsreihen hinweg bringt Zobernig immer wieder neue, überraschende Werkensembles hervor ohne dabei seinen Grundprinzipien untreu zu werden. Wenige zusätzliche syntaktische Module lassen die Variabilität seiner Syntax noch einmal exponentiell ansteigen, was in der gesamten Ausstellung zu einer hochkomplexen Textur führt, die im zentralen Raum der Galerie den scheinbar größtmöglichen emotionalen Kontrast aufweist.
Schon in den 1990er Jahren schlugen der mit Zeichenpapier ausgekleidete Kunstraum Daxer in München, sowie der in ähnlicher Form gestaltete Schlafraum für Martin Kippenberger eine Brücke zwischen den scheinbaren Gegenpolen Institutionskritik und Kunstwerk. Der in vielen institutionellen Ausstellungen mit verschiedenfarbigen Fotohintergrundkartons wiederholte Gestus wird nunmehr im zentralen Raum der Galerie mit Hilfe von Restmaterial recycelt. Die Setzung erinnert an die Anwendung im sogenannten Chromakeying in TV Studios, auch Bluescreen-Technik genannt. Um ein beliebiges Bild nachträglich medial auf einen Träger setzen zu können wird z.B. die Farbe Ultramarin, genauer Blueboxblau, als Hintergrund verwendet, weil es jene Farbe ist, die am menschlichen Körper am seltensten vorkommt.
Die ebenfalls bei diesem Verfahren zur Verwendung kommenden Chroma-Key Nesselgewebe in den Farben Rot (Videorot), Neongrün (Greenbox) und Blau (Bluebox) finden in den neuen, von der Raumdecke hängenden Textilskulpturen Anwendung.
Bereits für seine Galerieausstellungen im Jahr 2000 hatte Zobernig ein aus farbigen Stoffen zusammengesetztes, von der Decke hängendes Bild geschaffen, das Fläche für mehrere Projektionen und Interpretationen bieten sollte, auch weil auf einem beigestellten Monitor ein Video (Nr.18) lief, in dem Zobernig zu sehen war, wie er versucht, mit Stoffen, wie sie für das Chroma-Keying verwendet werden, ein Patchwork, ein geometrisches Bild, zu arrangieren, sich durch die Tücher windet und zu keinem Ende kommt. Gleichzeitig gelang es ihm aber herkömmliche Kompositions- und Sehweisen durch ein antihierarchisches, netzartiges Muster zu ersetzen. Streifen werden zu einer Art Körpergemälde, das die Figur teilt und fragmentiert.
Heimo Zobernig entwickelt seine Setzungen nicht aus dem künstlerischen Gestaltungsprozess heraus. Sie stehen von vornherein mehr oder weniger fest. Abstraktion, Figuration, Geste, Linie, Positiv- und Negativformen, Struktur und Auflösung. Es ist fast so, als mische er seine Bildelemente in einer Petrischale, um zu beobachten, wie sie miteinander agieren.
Es schließt sich der Kreis zu den Bronzeskulpturen, denn insgesamt entsteht ein Begriff von Körperlichkeit, der einer spielerisch- selbstvergessenen Versuchsanordnung entspricht, jedoch bei genauerer Betrachtung im Rahmen einer strengen Choreographie verbleibt: Video Nr. 3 aus dem Jahre 1989 zeigt Zobernig mit blonder Langhaarperücke vor neutralem Hintergrund zu Heavy Metal-Musik tanzend, während Video Nr. 33 das Szenario 2022 in verlangsamter Variation neu verfasst.
Inszeniert wird eine geregelte Form der Selbstdarstellung. Geschlechterdiskurs, Medienraum und Farbtheorie verschmelzen zu einem Raum-Skulptur-Hybrid.

1) Isabelle Graw, Canon and Critique: An Interply; Heimo Zobernig, Texte Zur Kunst, Dezember 2015, S. 55

Termin

hAmSteR Events
Szene
Eröffnung, Solo Show, Heimo Zobernig
Donnerstag, 18.01. 19:00
bis Samstag, 23.03.
Galerie Meyer Kainer
Eschenbachgasse 9
1010 Wien
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