In der Kubatur des Kabinetts

Donnerstag, 02. Februar 2023 - 20:00 Uhr

flucc

Kunstakteur:innen im Einsatz für Klima und Artenvielfalt

Mit / With:
Janani Cooray
Anita Fuchs
Markus Hiesleitner
Bidhata KC
Anna Mutschlechner-Dean
on transitions (Jozefien Beckers, Lena Kienzer, Inna Krasnoper, Nina Vobruba)
Oliver Ressler

Kuratiert von / Curated by Ursula Maria Probst

Eröffnung / Opening: 20:00
Performance von/by Janani Cooray: 21:00
DJ: 22:00

The Artist Talk of Oliver Ressler (and many more) will be held on Thursday 16.02.2023 / Der Artist Talk von Oliver Ressler u.v.m. findet am Donnerstag den 16.02.2023 statt:

Wie erreichen wir, dass unsere Ökonomie zum Wohle von Mensch-, Tier- und Pflanzenwelt und der Artvielfalt tätig ist und nicht umgekehrt. Braucht es “Schulen der Zukunft” und “Genossenschaften für Gemeinwohl?” Ohne neue Narrative und entsprechendes Handeln ist Veränderung kaum möglich. “Es ist unsere Aufgabe, Unruhe zu stiften, zu wirkungsvollen Reaktionen auf zerstörerische Ereignisse aufzurütteln, aber auch die aufgewühlten Gewässer zu beruhigen, ruhige Orte wieder aufzubauen”, lautet ein Appell von Donna Haraway, die in ihren Thesen und Publikationen der Komplexität unserer Gegenwart gegenüber, originelle und erfinderische Verbindungslinien herstellt, um neue Praktiken des Lernens zu entwickeln. Die kollaborative Verstrickung von menschlicher und nicht-menschlicher Handlungsfähigkeit - von Kultur und Natur- hatte Bruno Latour 1991 in seinem Essay Wir sind nie modern gewesen und in den daran anschließenden Schriften zur Akteur-Netzwerk-Theorie ausformuliert. Permanent erweitern sich die Kompetenzbereiche der Kunst und ihr entsprechendes Know-How, wird von Kunst- und Kulturschaffenden neues Terrain bearbeitet. Wie tritt Kunst mit Menschen, die derzeit permanent mit neuen Herausforderungen konfrontiert sind, in einen Dialog? Gemeinsam ist den an dem Projekt beteiligten künstlerischen Positionen ihre Auseinandersetzung mit ökologischen Fragen, Klimafürsorge und dem Umgang mit Ressourcen. Es kommt so zu einem Ineinanderwirken künstlerischer Arbeiten an Schnittstellen von Kunst und Wissenschaft, zur kooperativen Forschung an Symbiosen von Botanik, Kulturanthropologie, Politik und bildender Kunst. Schlüsselmomente der Klimabewegung, die direkten Auswirkungen digitaler Netzwerke auf unsere Umwelt, das Verlangen der Menschheit nach ewigem Leben, die Faszination an einer potentiell unsterblichen Quallenart, die Verschmelzung des Organischen mit dem Virtuellen, Mykorrhiza-Pilz-Netzwerke und der Kosmos von Mikroorganismen sind Themen der Ausstellung. Komplexe Verflechtungen von wechselseitiger Fürsorge, das Hinterfragen gängiger Verwertungslogiken, klimaökologische Alternativen und die Schaffung neuer Erfahrungsräume spielen ineineinander.

Texte zu den künstlerischen Arbeiten:

Janani Cooray, Planting My Self, 2020, Video, Performance at Gothatuwa, Sri Lanka 2020.
Präsentiert im “99 Sharing Crisis” International Network Exhibition 2020 in Singapore
Janani Cooray, eine multidisziplinär Künstlerin aus Colombo, ist eine der ersten Performance-Künstlerinnen in Sri Lanka. Ihre künstlerischen Ansätze als Performance-Künstlerin lassen sich in vier Formen kategorisieren. Erstens werden die autoritären kulturellen Konstruktionen in traditionellen Gesellschaften, die die Frau unterdrücken, kritisch dargestellt. Ihr zweiter Performance-Ansatz befasst sich mit dem Kampf des Individuums, das unter der dreißigjährigen Kriegssituation gelitten hat und versucht, das Leben trotz der unausweichlichen Erfahrungen und der damit verbundenen Tragödie immer wieder neu zu verwirklichen. Inihrer dritten Kategorie geht es darum, wie eine Frau als kommerzielles Werkzeug für die Schönheitskultur benutzt wird, wobei sie versucht, die Ungerechtigkeiten und Belästigungen, denen Frauen in der heutigen Gesellschaft ausgesetzt sind, aufzuzeigen. Ihre vierte Kategorie ist auf materielle Phänomene jenseits von Geschlecht oder Nationalität ausgerichtet. Insgesamt konzentrieren sich die meisten ihrer künstlerischenArbeiten auf das Thema Feminismus Markus Hiesleitner, Die dünne Haut der Erde , Diskokugel-Garten, Flucc 2023, Organische Skulptur, Geflechte aus Stoff, Metall, Drehmotor, Pflanzenlampe, Substrat und Dünger aus Wurmkompost, Mischkultur: Einkorn, Hafer, Hirse, Linse, Klee, Senf, Kräuter- und Blumenmix, u.w.

Markus Hiesleitner, Die dünne Haut der Erde, Geflecht aus Stoff und Metall, Rotationsmotor, Pflanzenlampe, Substrat und Dünger aus Wurmkompost, Mischkultur: Einkorn, Hafer, Hirse, Linse, Klee, Senf, Kräuter- und Blumenmischung und mehr, 2023

”Die dünne Haut der Erde verweist auf die Verletzlichkeit der Böden, die mehr-als-menschliches Leben tragen, auf landwirtschaftliche Traditionen und ökologische Verantwortung.” (Lena Reisner, Howtodo: Nature).
Skulptur und ein Feldversuch in Gestalt einer Diskokugel für das FLUCC. Die Skulptur als überdimensionale Nachbildung eines Regenwurm-haufens besteht aus einem Geflecht, das mit einem Substrat aus Wurmkompost gefüllt ist. Der Diskokugel-Garten stellt ein sich selbst erhaltendes System dar. Der Titel “Die dünne Haut der Erde” bezieht sich auf die oberste, belebte Schicht der Erdoberfläche. Der Prozess des Wachstums der Pflanzen, die Balance von Licht, Wasser, Temperatur und viele andere Faktoren sind zentrale Aspekte der Arbeit.

Bidhata KC, My left is right, 2022, Skulptur

“Der Gebrauch der rechten oder linken Hand wird in Nepal mit Reinheit oder Unreinheit assoziiert, auch in den kulturellen Praktiken der Hindus. Die rechte Hand ist angeblich sauber und die linke ist schmutzig. Diese gesellschaftlich und kulturell konstruierte Norm hat mich immer kastriert, jemanden, der nur die linke Hand benutzen kann. Werden all die Rituale, die ich mit der linken Hand praktiziere,jemals Früchte tragen?”

Anita Fuchs, FIELD STATION I VON DER ZUKUNFT ZU DEN ZUKÜNFTEN, 2020, Multimediale Installation

Anita Fuchs kooperative Forschung widmet sich der Frage von Symbiosen: Botanik, Kulturanthropologie, Politik und bildende Kunst werden systematisch verwoben und Verbindungen sichtbar gemacht. An der steirischen Grenze zu Slowenien hat Anita Fuchs eine Wiese gepachtet. In der Nähe ihres Basislagers an der Landgrenze hat sie einen mehr als 50-jährigen Kreis von Mykorrhiza-Pilzen vermessen, diese Vermessung mit Video gefilmt und eine Zeichnung gemacht. Diese zeigt wie sich der Kreis als feingliedriges Netzwerk ausdehnt. Von einem Mittelpunkt ausgehend hat Anita Fuchs jeden Pilz vermessen. Die Strahlen stellen somit die Zeit dar, die es vom Beginn seines Wachstums zurückgelegt hat. Infolge hat Anita Fuchs auch die verschiedenen Grundstücksgrenzen vermessen, um die Lage festzustellen. Dafür hat sie mit einem Vermessungsbüro sich in die offizielle Katasterkarte eingemessen. Anlässlich der Ausstellung gezeigt werden die Karte und die Bleistiftzeichnung im Maßstab 1:40 sowie das Video, Landkarte und Meßgerät. Im Sommer 2022 hielt sich Anita Fuchs für ein Forschungsprojekt in New York City auf. Wissenschaftler:innen beschäftigen sich derzeit intensiv mit der Mykorrhiza-Pilze Vermessung und wollen einen entsprechenden Atlas erstellen, wie die New York Times berichtet. Der Mykorrhiza-Pilz ist in der Klimaforschung ein großer Player.

Anna Mutschlechner-Dean, no annamed, What lies in the imperishable, 2021, Video

Welche Konsequenz hat das Verlangen der Menschheit nach ewigem Leben? Der Mensch versucht stets, etwas Bedeutendes zu hinterlassen, etwas, an das man sich erinnern wird. Indem er im Gedächtnis bleibt, könnte er vielleicht der Unsterblichkeit näherkommen. Da sich die Menschheit jedoch mehr und mehr in das Digitale begibt, könnte der technologische Fortschritt ihm bald andere Möglichkeiten bieten, die Ewigkeit zu erreichen. Könnte das Digitale bereits ein Versuch in Richtung Unsterblichkeit sein? Im Video veranschaulicht wird die Verschmelzung des Organischen mit dem Virtuellen. Das Streben nach Unsterblichkeit soll gleichzeitig thematisiert und hinterfragt werden. Die abstrahierten Formen eines potentiell unsterblichen Organismus werden mit dem menschlichen Körper zusammengeführt, bis schließlich ein Hybrid entsteht. Mit der Fähigkeit, sich zu verjüngen und so einen neuen Lebenszyklus zu generieren, symbolisiert die Qualle Unvergänglichkeit. Die Forschung an dieser potenziell unsterblichen Quallenart und der möglichen Übertragung ihrer Eigenschaften auf den Menschen wirft weitere Fragen auf. Die Entschlüsselung dieses Prozesses könnte die menschliche Lebensspanne verlängern. Aber was würde dies für die Menschheit bedeuten?

on transitions (Jozefien Beckers, Lena Kienzer, Inna Krasnoper, Nina Vobruba), Magenta Invasiv, transdisziplinäres Billboardprojekt

Östlich von Berlin befindet sich eines der ältesten Tagebauwerke Deutschlands. Seit 1665 wird dort kalkhaltiges Gestein aus dem Erdzeitalter Trias abgebaut und in der angeschlossenen Fabrik zu Zement und Beton verarbeitet. Um das Jahr 2030 sollen weite Teile des Gelände geflutet werden und somit zukünftig einen der größten Seen rund um Berlin erschaffen. Im Rahmen mehrtägiger Aufenthalte ist das Kollektiv in das Abbaugebiet eingedrungen, um sich in das weite Areal dieser spezifischen Landschaft zu begeben. In der Erkundung wurde geologische und politische Geschichte recherchiert und reflektiert. Dies informierte tänzerische Exploration und flüchtige künstlerische Interventionen.  Die sich innerhalb des Baustellengeländes befindlichen kleinen “Teiche” aus ausgegrabenem Grundwasser wurden mit dem Saft von roter Beete / roter Rübe eingefärbt und bildeten somit magentafarbene Flecken in der Landschaft. Die Performance fand während der regulären Arbeitszeit im Kalksteinbruch statt. Die Protagonistinnen agieren darin parallel zu den eingesetzten Maschinen des Bergbaualltags. Sie assoziieren deren invasive Auswirkungen im Gelände mit skulpturalen Eingriffen in diese Landschaft und setzen ihren dezent subtilen Eingriff in Relation dazu: Eine nicht minder auffällige und eindringliche Visualität, die jedoch wieder spurlos versickert - als gleichberechtigte Kraft und Präsenz. Die Einbringung des organischen Materials in diese Mondlandschaft ist potentieller Ausgangspunkt für neue Mikro Biotope. Für Algensümpfe, die Humus für einige der raren Pflanzen bilden, welche von den dortigen vielen Wildtieren verzehrt werden können. Mikro-biotope als Synonym für plurale Mikro-Utopien, vergängliche Zeichen, die scheinbar unscheinbare Spuren hinterlassen und sich durch diese Arbeit doch vielschichtig in Topographien und Denkräume einschreiben können. 

Biografien der Künstler:innen
Janani Cooray ist eine mulitdisziplinär arbeitende Künstlerin aus Colombo, sie ist eine der ersten Performance-Künstlerinnen in Sri Lanka und Absolventin der University of Visual and Performing Arts. Sie absolvierte einen MA in Kunstgeschichte am PGARI der Universität Kelaniya. 

Bidhata KC, Bachelor of Fine Arts in Painting 2001 (Lalit Kala Campus, Tribhuvan University, Nepal), Master of Sociology 2004 (Patan Mulitpal Campus Tribhuvan University, Nepal), Master of Fine Arts in Printmaking 2010 (Fine Art Department, Tribhuvan University, Nepal); 2022: My Left is Right, in der Mcube Gallery, Patandhoka, Nepal; 2021: Powerless, im Taragaon Museum, Boudha, Nepal; 2019: Hiti-dhungedhara; im Auftrag von Dopper, Niederlande, in Zusammenarbeit mit der Himalayan Climate Initiative in Labim, Lalitpur; 2018: Embedded Nothingness; interaktive Installation, in der Mcube Gallery, Chakupat, Nepal; 2017: In Between- Rato Machindranath, im Auftrag der Kathmandu Triennial und finanziert von der Australian Himalayan Foundation im Art Council, Nepal, 

Markus Hiesleitner ist Autor ökopolitischer künstlerischer Arbeiten. Parallel dazu hat er zusammen mit Franz Tišek die Rolle des Produzenten und Kommunikators übernommen.

Anita Fuchs: Seit 1995 RESANITA PROJECTS. 2003 Formierung des Künstlerinnenduos RESANITA. Seit 2018 als Einzelkünstlerin tätig. Projekte:- FIELD STATION*, Kunsthaus Graz / KUNSTRAUM STEIERMARK; - NATURE!, Wie wir leben wollen, KULTURJAHR GRAZ 2020, März 2020-August 2021;- LINE TRANSECT, Mai 2018 - September 2019 (AT, HU;- RIVER PROJECT, Juli, August 2018, (AT). 2022 - LABOR FÜR KUNST, Via Garibaldi Fondamenta San Gioachin 490a, Venedig (IT);- RETHINKING NATURE, Slide Show, Foto Wien, Festivalzentrale Augarten, Wien (AT); - DIORAMA, KUNSTFENSTER GNAS, Marktplatz 3, Gnas (AT). 

Anna Mitschlechner-Dean wurde 1999 in Oberösterreich geboren. Seit 2017 lebt sie in Wien, Studium Transmediale Kunst an der Universität für Angewandte Kunst. Mutschlechner-Dean’s jüngste Arbeit wurde bei der Jahresausstellung Parallel Vienna 2021 und im Rahmen des Blue Danube Festival 2022 in Wien und Budapest gezeigt. 

on transitions (Jozefien Beckers, Lena Kienzer, Inna Krasnoper, Nina Vobruba)
Das 2012 initiierte Kollektiv und Researchprojekt bestehend aus Jozefien Beckers, Inna Krasnoper, Nina Vobruba und Lena Kienzer und bewegt sich zwischen Tanz, Performance und Bildender Kunst. Ausgangspunkt ist der eigene Körper als kompositorisches Element, in Konfrontation und Korrelation mit Landschaft/en, die jeweiligen Orte fungieren dabei als Kollaborateure. Spuren der Recherchen übersetzten sich vielfältig in andere Kontexte und erschienen bisher in Form von Videoarbeiten, Fotos, kollektiven Texten, Bewegungspartituren, performativen Interventionen und Installationen, welche unter anderem auf Festivals (Winter Biennale Flachau), auf Residenzen (Queens Collective Marrakesh) oder in Publikationen (Playbook Klimakultur 2021) sichtbar wurden. 

Termin

eSeLs Neugierde
Eröffnung, Gruppenausstellung, Performance, Klima, Natur, Janani Cooray, Anita Fuchs, Markus Hiesleitner, Bidhata HC, Anna Mutschlechner-Dean, Jozefien Beckers, Lena Kienzer, Inna Krasnoper, Nina Vobruba, Oliver Ressler
Donnerstag, 02.02.2023 20:00
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