Vienna Art Week: Objektpermanenz
Mittwoch, 15. November 2017 - 19:00 Uhr
Aa Collections
Gabi Blum, Funda Gül Özcan und Sophia Süßmilch
Die fundamentale Errungenschaft der Welterkundung – zu erfahren und zu verstehen, daß es neben dem unmittelbaren räumlichen Geschehen um das Individuum herum weitere, im Moment unsichtbare Räume gibt, in denen ein begonnenes Geschehen auch ohne das Individuum selbst seinen Fortgang genommen hat oder weiterhin nimmt, und aus dem im Augenblick verschwundene Personen unversehrt wieder auftauchen – nennt man Objektpermanenz.
Die Galerie AaCollections zeigt Arbeiten von drei ursprünglich in München verorteten Künstlerinnen die sich auf subjektive und subversive Weise mit dem sie umgebenden Raum und dessen subjektiver sowie subversiver Wahrnehmung auseinandersetzen.
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Gabi Blum (*1979 Michelstadt) studierte Bildende Kunst an der AdBK München. Der Mythos des Wilden Westens und die Bildproduktion im 21. Jahrhundert spielen neben der Thematik der Kulisse und deren performativer Inszenierung eine fortwährende Rolle im Werk der Mixed-Media-Künstlerin. Mit Sensibilität und einem feinen Gespür für theatralische Momente richtet Blum gleichsam hypnotisch wirkende Installationen ein, die betrachtet und nicht selten auch betreten werden dürfen. In diesen suggestiven Räumen agieren Figuren, die von der Künstlerin selbst oder anderen Personen verkörpert werden. Blum speist diese Denk- und Assoziationsräume mit Zitaten aus dem kollektiven Bilderfundus unserer westlich geprägten Kultur. Ihre performativen Environments setzen sich mit der Ikonen- und Mythenbildung sowie den hierfür entwickelten Inszenierungsformen auseinander. Dabei spielt sie stets mit der Wahrnehmung des Publikums und dessen Erwartungen, die nicht oder überraschend anders erfüllt werden: Bilder entpuppen sich als Live-Darstellungen intimer Tableaux vivants, Ferne verwandelt sich in Nähe, Hochkultur in Triviales, Fiktion in Realität – und umgekehrt.
Funda Gül Özcan (*1984 Garmisch-Partenkirchen) studierte Bildende Kunst an der AdBK München und ist derzeit Resident Artist an der Rijksacademie van Beeldende Kunsten in Amsterdam. Mit ihren Skulpturen und Videoinstallationen spürt Özcan den literarischen Aufbau und die sprachliche Präzision eines Gedichts auf und überträgt seine projektive Natur visuell in den Raum. Die daraus resultierenden multimedialen Installationen und Dioramen verbinden Klang, Schrift, Skulptur und Video, wobei das Video durch ein System von Reflexionen dreidimensional wird. Ihre visuellen Gedichte zeigen eine riesige Anzahl von Bildern und während das Material zufällig geschichtet ist, ist alles direkt miteinander verbunden. Die Strophen ihres Gedichts können als ein Ganzes gelesen werden. Eine Vielzahl von Formen veranlasst den Betrachter, sich die Zusammenhänge in diesem skulpturalen Storyboard vorzustellen, aber auch synchron zu erleben. Mit ihrer Arbeit vermittelt Özcan eine neue kompromisslose Bildsprache.
Sophia Süßmilch (*1983 Dachau) studierte Bildende Kunst an der AdBK München und konzeptuelle Malerei an der AdBK Wien. Sie arbeitet in und mit allen Medien und genreübergreifend. Wo hörst du auf und wo fang ich an? Endet verschlingen in erbrechen? Wie viel Nähe ist möglich, bevor das Ich implodiert? Sophia Süßmilchs künstlerische Arbeit beschäftigt sich mit Grenzen und rückt diesen Fragen zu Leibe über das Thema der Nacktheit – diese existenzielle Blöße, in der wir ebenso verletzlich wie berührbar sind. In den vergangenen zehn Jahren wurde Sophia Süßmilch vor allem als Performerin, Foto- und Videokünstlerin bekannt, derzeit untersucht sie in München und Wien gesellschaftliche Machtstrukturen mittels der Malerei und der Zeichnung. Denn so ungestüm und frappant in ihren früheren Arbeiten bereits die verletzende und verletzliche Zwischenmenschlichkeit geschildert wurde – in ihrer Malerei können Süßmilch brachiale Zärtlichkeiten endlich ihr volles Potenzial entfalten. Wo echte Lebewesen echte Schmerzgrenzen haben, sind gemalte Leiber ungleich belastbarer.