Kudlich - eine anachronistische Puppenschlacht

Samstag, 31. Dezember 2016 - 20:00 Uhr

Schauspielhaus

von Thomas Köck
Regie: Marco ?torman

Wien im März 1848 – die drei Jahrzehnte seit dem Wiener Kongress haben eine bleierne Restaurationszeit gebracht, der Feudalismus besteht weiter, die Hoffnungen auf Demokratie und Freiheit haben sich nicht erfüllt. Doch unter der Oberfläche der Ständegesellschaft gärt es und Umbrüche beginnen sich anzudeuten. Einer der Protagonisten der Rebellion: Hans Kudlich. Obwohl bei einer Demonstration durch ein Attentat lebensgefährlich verwundet, lässt sich der Sohn einer Bauernfamilie von seinem Kampf für die Freiheit nicht abbringen. Er zieht mit 25 Jahren als jüngstes Mitglied in den österreichischen Reichstag ein. Im Juni 1848 legt er dort den Gesetzentwurf zur Aufhebung der Leibeigenschaft vor und geht dadurch als Bauernbefreier in die Geschichte ein. Kaum ist die Freiheit von den Feudalherren erkämpft, stellt sich allerdings die Frage nach der Zukunft: Die Bauern brauchen nun Kredite für eigene Höfe und so führt ihre Befreiung in die Abhängigkeit von der neugegründeten Raiffeisenbank. Ihre Freiheit, ein vergiftetes Geschenk? Aus Leibeigenen werden plötzlich Agrar-Ökonomen – das Unternehmertum mit allen verbundenen Chancen und Risiken ersetzt die sichere Unfreiheit des Feudalismus.

In seinem jüngsten Stück verwendet Thomas Köck die Biographie Hans Kudlichs als Folie, vor der er humorvoll und poetisch Fragen nach Revolution und Widerstand aufwirft. Lustvoll springt er dabei zwischen Historie und Gegenwart hin und her und erzählt über die Ambivalenz der Freiheit. Der Philosoph Byun-Chul Han, der mit seinem Begriff von der »Müdigkeitsgesellschaft« die vielleicht prägnanteste Analyse der letzten Jahre gestellt hat, spricht davon, dass unser System »von der Fremdausbeutung auf die Selbstausbeutung« schalte, »weil dies mehr Effizienz und mehr Produktivität generiert, alles unter dem Deckmantel der Freiheit.« Die Folge sei die grassierende Überforderung des Einzelnen, die zu immer mehr psychischen Erkrankungen führt. Ist die Freiheit im Kapitalismus eine neue Form der Unterdrückung, indem sie die Menschen zur permanenten Selbstausbeutung und Optimierung nötigt?

Termin

Tauben Loge
Theater, Schauspiel, Uraufführung
Samstag, 31.12.2016 20:00
Schauspielhaus
Porzellangasse 19
1090 Wien
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