Marlies Poeschl: Fieldwork/Homework
Donnerstag, 17. Dezember 2015 - 19:00 Uhr
Wien Museum MUSA
Ausgangspunkt ihres Films ?Ohne Titel (verlorener Horizont)? ist ?National Culture Village? – ein Dorf als Form gewordene Utopie des harmonischen Zusammenleben und der gegenseitigen Anerkennung zwischen den ethnischen Gruppen Chinas. Dieses Freilichtmuseum, das außerhalb von Shanghai liegt, ist heute verlassen und wirkt wie eine Bühne ohne DarstellerInnen. Poeschl spielt in ihrem Film zwei utopische Narrationen gegeneinander aus, um langsam beides – den Zauber und die Bedrohlichkeit, die der Utopie häufig anhängen, sichtbar zu machen.
Eben jene AkteurInnen, die in ?Ohne Titel? nur imaginiert werden können, stehen im Zentrum der Videoinstallation ?Practice 1, 2, 3?. Eine Gruppe von Shanghaier Tanzstudentinnen erlernt den ?wéi wú ?r zú?, den Tanz der Uiguren, einer muslimischen Minderheit aus der autonomen Region Xinjiang. Tanzen lernen heißt in diesem Fall, die Rolle der Anderen verkörpern zu lernen, ist ein beständiges sich Erinnern und Wiederholen. Insofern ist das Erlernen dieses Tanzes vielleicht auch eine Art verkörperte Erinnerungsarbeit, in der sich das Fremde mit dem Vertrauten ständig überlagert und vermischt. Es sind in dieser Ausstellung verschiedene Versionen derselben Geschichte zu sehen, die Unterscheidung zwischen Quelle und Übersetzung, Original und Kopie löst sich auf.
Marlies Poeschl
Zur Eröffnung spricht Ruth Horak.