Festival für Choreografie, Performance und unheimliche Körper
“The experience of uncanniness teaches us that the stranger is not someone who threatens us from outside; rather the stranger is inside us and our identity is always already contaminated from the beginning.” Anneleen Masschelein: The Unconcept: The Freudian Uncanny in Late 20th Century Theory
Unter dem diesjährigen Leitmotiv unheimliche Körper/uncanny bodies treibt imagetanz unsere inneren Dämonen hervor: In Zeiten, in denen Bedrohungen und Gefahren hinter scheinbar jeder Ecke lauern und in denen sich eine Kultur der Angst breitmacht, startet imagetanz einen performativen Gegenangriff. Radikal und spielerisch nistet sich das Festival in den Leerstellen unserer Rationalisierungsprozesse ein, dort wo Zweifel, Angst und Schrecken lauern, und fordert neue Perspektiven auf unseren Umgang mit Fremdheit und Anderssein heraus. Auf dem schmalen Grat zwischen Faszination und Angst, Rationalität und Irrationalität, Menschlichem und Nichtmenschlichem bringen die Produktionen des Festivals scheinbar Vertrautes ins Wanken, spielen mit dem süßen Schauder und entführen auf unbekanntes Terrain. Mit eindringlichen Performances fordern die imagetanz-KünstlerInnen unsere Sinne heraus und aktivieren den Körper als sensibles Werkzeug der Orientierung. Und all dies mit der Forderung, das Unbekannte mit offenen Armen willkommen zu heißen.
Myriam Lefkowitz - Walk, Hands, Eyes (Vienna)
6. März, 16 bis 20.30 Uhr, & 7. und 8. März, 15 bis 19.30 Uhr
Künstlerhaus Passagegalerie
Ein Treffen zwischen einem/r PerformerIn und einem/r ZuschauerIn zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort. Nicht mehr. Bei der ersten Begegnung wird nur eine Regel festgelegt: ?Wir werden nicht reden, aber wenn dich irgendetwas stört, sag Bescheid.?
Walk, Hands, Eyes ist ein stiller Spaziergang durch Wien. Mit geschlossenen Augen, geführt von einem Guide, erfährt jede/r TeilnehmerIn einzeln einen völlig neuen Zusammenhang zwischen Gehen, Sehen und Berührung. Während des einstündigen Spaziergangs sucht sich jede/r PerformerIn individuell einige Punkte und Momente aus, an denen man die Augen öffnet, jedoch nur für einen Augenblick. So entstehen immer neue Momentaufnahmen – Bilder im Kopf einer Person. Auf diese Weise bietet Walk, Hands, Eyes für jede/n die Möglichkeit einer neuen Sicht auf Wien als Stadt, die man tagtäglich selbstverständlich und beiläufig erlebt.
Myriam Lefkowitz lebt und arbeitet in Paris. In ihren Arbeiten setzt sich die Künstlerin hauptsächlich mit der Praxis von Aufmerksamkeit und Wahrnehmung auseinander. Walk, Hands, Eyes wurde bereits in verschiedenen Städten (u. a. New York, Buenos Aires, Stuttgart und Brno) realisiert und für jede Stadt individuell adaptiert. In Wien arbeitet sie mit den PerformerInnen Julie Laporte und Jean Philippe Derail zusammen. Julie Laporte arbeitet in den Bereichen zeitgenössischer Tanz und Performance. Jean Philippe Derail ist Performer, Tänzer und Videokünstler und beschäftigt sich in seinen Arbeiten u. a. mit der Beziehung zwischen Tanz und Kino. Im brut ist Myriam Lefkowitz beim imagetanz Festival zum ersten Mal zu Gast. http://www.leslaboratoires.org/en/ctxnode/1920/408
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hoelb/hoeb - training
06.03.2015 18:00h
Künstlerhaus
Eröffnung am 6. März, 18 Uhr
Begeistert von Werwölfe, Hausschweine und Terminatoren, einem Text des Philosophen Thomas Macho, beschäftigt sich das Künstlerduo hoelb/hoeb in seinem neuem Projekt training mit physischen Transformationsprozessen und Körperbildern an der Schnittstelle von Mensch, Tier und Robotik.
Im Zentrum stehen körperliche Verwandlungen, die aus Krankheit, Behinderung oder anderen Formen von Diversität resultieren und die oftmals Ausgrenzung und Marginalisierung zur Folge haben. Es werden körperliche Disziplinierungsprozesse hinterfragt, die von Behinderung über die Themen Queer und Kunst bis hin zu Sport, Cyborgs und Animal Studies reichen. Dazu installieren hoelb/hoeb im Künstlerhaus Wien für drei Tage ein Trainingslabor für einen inklusiven Humanismus. Turngeräte, Recks, und Sprossenwände werden mit nachgebauten MRT-Scannern, Intensivbetten, Lagerungspolstern, Prothesen, Robotern und Spritzenpumpen zu einem assoziativen Raumsetting verbunden. Über 20 Beteiligte aus den Disziplinen Kunst, Wissenschaft/Forschung und soziale Praxis führen synchron und vor Ort themenbezogene Performances, Lectures sowie Trainingseinheiten durch. Gemeinsam mit KünstlerInnen, Betroffenen und ExpertInnen nimmt das Publikum hier an einem interdisziplinären Prozess des Annäherns, Ausprobierens und Trainierens teil. Ein breites Darstellungsspektrum von Inklusion und Integration das Schnittstellen zwischen Alltag, Kunst und sozialen Choreografien dokumentiert, wird raumübergreifend in Szene gesetzt.
Seit 2000 arbeiten Barbara Hölbling und Mario Höber unter dem Namen hoelb/hoeb als Künstlerduo zusammen. In ihrer künstlerischen Arbeit konzentrieren sie sich auf inter- und transdisziplinäre Projekte, die das Ziel verfolgen, Kommunikationsräume zu generieren. So etwa in ihrem Vorgängerprojekt Close Link beim steirischen herbst, das sich mit Menschen im Wachkoma und deren Bewusstseinslagen beschäftigte. hoelb/hoeb waren bereits öfters im brut zu Gast, zuletzt 2013 mit der Rauminstallation upgrade/downgrade 2nd sowie 2014 mit der Performance on duty bei der Eröffnung des imagetanz Festivals.
Öffnungszeiten
6. März, 18 bis 22 Uhr
7. März, 15 bis 21 Uhr
8. März, 13 bis 19 Uhr
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Julian Hetzel - I?m Not Here Says The Void
6. und 7. März, 21 Uhr
brut im Künstlerhaus
Da ist etwas unter dem Teppich, dort steht jemand hinter dem Vorhang, der Boden bebt, wenn die Hände zittern. I?m Not Here Says The Void ist ein düsteres poetisches Werk über Angst, die im eigenen Kopf entstehen und ebenso leicht wieder verschwinden kann. Die Performance kombiniert Elemente aus Theater, Tanz, Bildhauerei und elektronischer Musik zu einer Reise durch unheimliche Nichtorte mitten ins Unbekannte. In einer dystopischen Szenerie wird durch den Entzug von Handlungslogik die eigentliche Erwartungshaltung des Publikums unterlaufen. So entlarvt I?m Not Here Says The Void eines der Wesensmerkmale des Theaters, indem die Performance den BetrachterInnen eine Projektionsfläche bietet und zur kollektiv praktizierten Imagination einlädt.
Julian Hetzels Arbeiten, die sich zwischen darstellender und bildender Kunst bewegen, haben oft eine politische Dimension und einen dokumentarischen Ansatz. I?m Not Here Says The Void entstand in Zusammenarbeit mit dem Choreografen Michele Rizzo. Dieser beschäftigt sich in seinen Arbeiten häufig mit Selbstrepräsentation und damit, wie sich äußere Lebensumstände wie Medien, Musik und Kunst auf dieses Selbst auswirken. Mit I?m Not Here Says The Void sind die beiden Künstler erstmals im brut zu Gast. www.julian-hetzel.de
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Shiver & Shake - Eröffnungsparty imagetanz 2015
06.03.2015 22:00h
brut im Künstlerhaus
Ein Festival ist kein Festival ohne einen fulminanten Eröffnungsabend – dafür sorgt bei imagetanz im Anschluss an die Performance von Julian Hetzel ein ganz besonderes performativ-musikalisches Line-up. Zum Auftakt präsentiert die Künstlerin Ewa Ban´kowska AUTOIMMUNE, eine Performance um das Phänomen der Autoimmunität und der Entfremdung vom eigenen Körper. Danach begeistert IDKLANG mit atmosphärischen Soundscapes von Gitarre, Gesang und Laptop, vergleichbar einem Soundtrack zu einem zeitgenössischen spannungsvollen Film noir. Nach performativen Einlagen der Studierenden der Klasse Performative Kunst der Akademie der bildenden Künste Wien wird es im Anschluss noch dunkler: Mit düsteren, jedoch tanzbaren Beats hostet imagetanz die Partyreihe DARK DISKO.
Mit Ewa Ba?kowska, Denise Palmieri, Sophie Schmidt, IDKLANG, DARK DISKO u. a.