Finissage: Gestellt. Fotografie als Werkzeug in der Habsburgermonarchie

Freitag, 28. November 2014 - 19:00 Uhr

Volkskundemuseum Wien

Wie und in welchem Zusammenhang wurden am Ende der Habsburgermonarchie Bilder von ethnischen Typen entworfen? Was erzählen uns Klassifizierungen wie ein „Tiroler Schütze“ oder ein „huzulisches Ehepaar“ in Tracht heute?

Die Fotosammlung des Österreichischen Museums für Volkskunde enthält Tausende dieser typisierenden Menschendarstellungen. Diese Fotografien fanden weite Verbreitung in der Bevölkerung und bei Touristen_innen. Sie gaben einem die Möglichkeit an die Hand, sich die „Anderen“ im Bild vorzustellen. So konnte sich beispielsweise eine Wiener_in vermeintlich ein Bild davon machen, wie jemand in Sarajewo aussah, ohne jemals dort gewesen zu sein. Die Ausstellung untersucht, wie diese Bildproduktionen ihre Wirkung vor dem Hintergrund der politischen und gesellschaftlichen Formierung der Nationalitäten in der Habsburgermonarchie entfalteten. Sie möchte den Blick für eine Reflexion darüber öffnen, wie Bilder unsere Sicht auf die Gegenwart und Vergangenheit steuern.

Die Ausstellung wird ausschließlich mit Exponaten aus der Fotosammlung des Volkskundemuseums bestritten, die sich damit erstmals in dieser Breite der interessierten Öffentlichkeit präsentiert. Der Schwerpunkt liegt auf inszenierten Studioporträts von regionalen „Typen“ vor allem aus Zentral- und Osteuropa. Die Bilder fanden Eingang sowohl in private Sammelalben wie in ethnografische und volkskundliche Publikationen. Darüber hinaus zeigt die Schau beispielsweise die lichtbildnerischen Ergebnisse anthropometrischer Messungen, die Reportagebilder des Wiener Kaiserhuldigungsfestzugs von 1908.

Es soll der spezifische Zirkulationsraum dieser Bilder ebenso skizziert werden wie die gesellschaftspolitische Rolle dieser fotografischen Kartografie des „einfachen“ Volks. Beides hatte Teil an den Konstruktionen des „Eigenen“ und „Anderen“ in der Habsburgermonarchie. Die historischen Umgangsweisen mit diesen Bildern werfen aktuelle Fragen auf, wie Bilder die Wahrnehmung der Zeit, in der man lebt, und die kollektiven Geschichtserzählungen beeinflussen und formen. Im Besondern will die Ausstellung die eminente Bedeutung von Bildern für Identitäts- und Nationalitätskonstruktionen hinterfragen, und zwar nicht nur im Sinne großer politischer Debatten, sondern auch hinsichtlich ihrer Einschreibung in ganz alltägliche Wahrnehmungen. Bilder sind trotz ihrer Eindrücklichkeit trügerisch und nie eindeutig.

Ein Gespräch mit dem Ausstellungskurator Herbert Justnik und Friedrich Tietjen, Fotohistoriker und Kulturwissenschaftler, Gastprofessor am Wiener Institut für Kunstgeschichte.

Die Sonderausstellung „Gestellt. Fotografie als Werkzeug in der Habsburgermonarchie“, die am 30.11. zu Ende geht, lieferte anhand des Zirkulierens tausender Fotografien einen historischen Einblick darin, wie Fotografie unsere Vorstellung von der Erscheinung bestimmter Gruppen prägt. Anhand der Fotosammlung des Österreichischen Museums für Volkskunde und der letzten Jahrzehnte der Habsburgermonarchie wurde der Frage nachgegangen, wie sich ein bis heute wirksames bild-räumliches Denken entwickeln konnte.

Der gleichnamige Katalog, der im Zuge der Finissage als Nachschrift präsentiert wird, dokumentiert bildreich die in der Ausstellung aufgeworfenen Fragen: Wie kommt es, dass wir beim Denken an bestimmte Orte eine Vorstellung vom Aussehen der Bevölkerung haben? Gibt es die „Zillertalerin“, den „huzulischen Bauern“, die „Ausseer Sennerin“?


Termin

Uhu Diskurs
Finissage, Katalogpräsentation, Fotografie, Ethnografie
Freitag, 28.11.2014 19:00
Volkskundemuseum Wien
Laudongasse 15-19
1080 Wien
Merken
Links
Schließen
Zum eSeL Twitter Kanal


Mehr Informationen finden Sie in unserer Daten­schutz­erklärung
Schließen
Zur eSeL Facebook Page


Mehr Informationen finden Sie in unserer Daten­schutz­erklärung
Die Webanalyse durch Google Analytics wurde deaktiviert.