Rudi Molacek

Dienstag, 21. Oktober 2014 - 19:00 Uhr

Projektraum Viktor Bucher

Einführung: Dr. Thomas Miessgang

22.11.2014: Führung im Rahmen der VIENNA ART WEEK 2014. Start: 15:00 Uhr, Charim Galerie



Sprezzatura, Dandyismus, Camp

Es ist gute Konvention, vor dem Ausloten der zeitgenössischen Dimension eines Phänomens nach jenen Ausprägungen zu suchen, die die Historie anbietet. Hier also eine kurze Revue künstlerischer Methoden und Verhaltensweisen, zu denen sich Molacek in Kontinuität setzen läßt. Es sind Modi, in denen Molaceks ureigene Methodik der Zurückhaltung ihre Vorgänger hat.

Sprezzatura

"Man sagt auch, dass bei einigen hervorragenden antiken Malern das Sprichwort gegolten habe, dass zuviel Fleiß schädlich sei... Die der Künstelei entgegengesetzte Tugend also, die wir für den Augenblick Lässigkeit (Sprezzatura) nennen, enthält, außer dass sie die wahre Quelle darstellt, aus der die Anmut fließt, noch einen anderen Wert... Er erweckt im Geist der Anwesenden den Eindruck, dass wer derart leicht gut handelt, viel mehr versteht als was er tut, und es noch viel besser machen könnte, wenn er auf das, was er tut, Fleiß und Mühe verwenden würde. Eine einzige mühelose Linie, ein einziger leicht hingeworfener Pinselstrich, wobei die Hand, ohne von dem emsigen Fleiß oder irgendeiner Kunst geführt zu werden, aus sich selbst heraus auf ihr Ziel in den Absichten des Malers loszugehen scheint, enthüllen auch in der Malerei deutlich die Vortrefflichkeit des Künstlers."
Dies ist die Gründungscharta künstlerischer Nonchanlance, und sie findet sich nicht von ungefähr im "Buch vom Hofmann", dem "Cortegiano" des Baldassare Castiglione, erstmals erschienen 1528. Was hier gepredigt wird, hat natürlich einen courtoisen Hintergrund, doch der Gout des Besonderen, der aus betonter Unbesonderheit entsteht, ließ sich sofort aufs Ästhetische übertragen, ja, hatte hier sein eigentliches Refugium. Sprezzatura, die Leichtigkeit, ist die Vorform von Konzeptualität: Was einer kann und weiß, muss nicht notwendig in den Bildern immer sichtbar sein.

Dandyismus

"Der Dandyismus ist auch nicht, wie viele Leute von geringerer Überlegungskraft zu glauben scheinen, eine unmäßige Liebe zur Toilette und zur materiellen Eleganz. Diese Dinge sind für den vollkommenen Dandy nur ein Symbol der aristokatischen Überlegenheit seines Geistes. So besteht denn auch für seine Augen die Vollkommenheit...in der absoluten Einfachheit, als welche in der Tat die beste Art ist, sich zu unterscheiden."
Es ist Charles Baudelaire, dessen Sätze über den Dandy ein Weltbild des reinen Ästhetizismus für sein Jahrhundert verbindlich machen. Bezeichnenerweise stehen die soeben zitierten Ausführungen in Baudelaires 1863 publizierten Aufsatz über den "Maler des modernen Lebens", und es ist wieder ein künstlerisches, ja wie bei Castiglione ein malerisches Paradigma, das hier gesetzt wird. Gerade der Dandy, mit seiner Zwischenexistenz von ebenso entrückter Schönheit wie augenblickhaft prekärer Erscheinung, ist prädestiniert für Baudelaires berühmte Definition von Modernität: "Im Historischen das Poetische" zu suchen, "im Transitorischen das Ewige".

Camp

"In der Sphäre des Geschmacks gibt es weder ein System noch Beweise. Aber es gibt so etwas wie eine Logik des Geschmacks: eine gleichbleibende Erlebnisweise, die einem bestimmten Geschmack zugrundeliegt und ihn erzeugt...Camp ist eine Art unter anderen, die Welt als ein ästhetisches Phänomen zu betrachten. Nicht um Schönheit geht es dabei, sondern um den Grad der Kunstmäßigkeit."
1962 verfügte Susan Sontag in ihren "Anmerkungen zu Camp" die neue Aktualität einer alten Methode. Camp war exklusiv, Camp lebte von der Umwertung des bis dato Unterschätzten, Camp nahm das Subkulturelle als hochkulturell, und Camp machte sich seinen Reim auf das Problem nicht des Massengeschmacks, sondern der massenhaften Verbreitung von Leuten, die auf ihrer eigenen Version von Geschmack, wie immer er beschaffen sein mochte, beharrten. Mit Camp wurde Ästhetik idiosynkratisch, wurde zur Variablen, zu einer Größe, die abhängig war von den individuellen Reizbarkeiten. Was wie und warum gelungen war und dazugehörte, war Sache dessen, dass man "Existenz als das Spielen einer Rolle" begriff.



In der Tradition zu den oben kurz skizzierten Rollen- und Methodenmustern macht Molacek also seine Kunst. Da ist die zentrale Qualität dessen, was er "Lockerheit" nennt, die Warnung davor, "niemals verkrampft" zu Werke zu gehen. Lockerheit, Leichtigkeit, Lässigkeit, die alte Sprezzatura läßt sich greifen in der schieren Akzeptanz des Vorhandenen, im schlichten Nehmen, was da ist. Was da ist, kann ein Reststück Leinwand sein, eine Papierrolle, die sich beim Händler für Malereibedarf findet, und die nun bearbeitet wird, solange der Vorrat reicht. Was da ist, ist stets auch das Quantum, das ein Pinsel an Farbe aufnimmt, um es mit einem Hieb auf die Fläche zu bringen, und das als monochromes Gebilde exakt und ausschließlich darin seine Grenzen hat, dass sich das Material, das zu seiner Entstehung nötig ist, erschöpft. Die Bilder, die so produziert werden, dokumentieren den Prozess dieses Nehmens, was da ist, in einer ebenso additiven wie durch die schiere Menge an Vorrat vielfältigen Abfolge. Irgendwann geht das Material zur Neige. Die Farbe als Grundbedingung von Malerei erfährt ihren buchstäblichen Leerlauf …


Rainer Metzger: Aus: Verflüchtigung und Zentralisierung. Anmerkungen zur Essayistik Rudi Molaceks

Termin

hAmSteR Events
Rudi Molacek, Eröffnung
Dienstag, 21.10.2014 19:00
bis Sonntag, 23.11.2014
Projektraum Viktor Bucher
Praterstrasse 13/1/2
1020 Wien
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