Mila Ganeva: Mode zwischen den Ruinen

Montag, 12. Mai 2014 - 18:15 Uhr

IFK

MILA GANEVA - MODE ZWISCHEN DEN RUINEN:
BERLIN-FILME DER LANGEN "STUNDE NULL"

Im besetzten und geteilten Berlin der frühen Nachkriegsjahre wurden in beiden Zonen Filme gezeigt, die mit Bildern von praller Mode und Konsum nicht sparten. Zielgruppe waren Frauen, die unter schlechten Lebensbedingungen um ihr Überleben kämpften. Mila Ganeva fragt nach den Motiven dieses weiblichen Kinopublikums.

Mila Ganeva stellt einen frühen Nachkriegsfilme vor, "Martina" (BRD 1949), der im Schatten der Berlin-Blockade entstand und thematisch und ästhetisch anderen Trümmerfilmen nahesteht, wie z. B. "Die Mörder sind unter uns" (DEFA, 1946), "Straßenbekanntschaft" (DEFA, 1948) und "...und über uns der Himmel" (1947). Durch ihre visuellen Akzente auf Kostüme und Kleidung sprachen diese Filme ein durch die Sektorengrenzen keineswegs geteiltes weibliches Publikum an, das selbst unter miserablen Bedingungen ein paradoxes Interesse für Mode bewies. Die sowohl im Westen als auch im Osten feststellbare Tendenz, Zuschauerinnen durch eskapistische Bilder von Mode und Konsum einzunehmen, ging mit der Ausblendung einer beschämenden Vergangenheit, etwa der Arisierung der jüdisch dominierten Konfektionsindustrie in Berlin, aus den Mediendiskursen der Stunde Null einher. Andererseits aber definierten diese Werke einen zeit- und genderspezifischen Begriff von Normalität, der den Frauen besonders wichtig war. Wenn in ost- und westdeutschen Filmen kreativ arbeitende Frauen dargestellt werden (oft beobachtet beim Schneidern oder Zeichnen), so trägt diese Beobachtung zu einer positiven Revision des gängigen Klischeebilds der Berlinerin jener Zeit bei, für die oft nur der moralisch besetzte Raster "Trümmerfrau" / "Fräulein" / "Opfer" existierte.

Vortrag
MILA GANEVA
Mode zwischen den Ruinen: Berlin-Filme der langen "Stunde Null"
12. Mai 2014, 18 Uhr c. t. am IFK (Eintritt frei)

Mila Ganeva hat in Sofia (Bulgarien) und Berlin (Humboldt-Universität zu Berlin) Germanistik studiert und an der University of Chicago promoviert. Seit 2001 ist sie Professorin für deutsche Literatur und Film an der Miami University in Ohio, USA. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen Filmgeschichte, Mode im Film, Modejournalismus und Modefotografie, die Weimarer Republik und Berlin im Film. Ihr Aufsatz „Weimar Film as Fashion Show: Konfektionskomödien or Fashion Farces from Lubitsch to the End of the Silent Era” wurde 2008 mit dem Best Article Prize des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) ausgezeichnet. Gegenwärtig arbeitet sie an einem Buch über Film und Mode in der unmittelbaren Nachkriegszeit und an einer kritischen Edition von Texten der Modejournalistin Helen Hessel aus den 1920er- und 1930er-Jahren.

Publikationen (u. a.): Beauty Contests, Media Stars, and the Global Modernity of the Weimar Republic, in: Markus Tauschek (Hg.), Kulturen des Wettbewerbs. Zur lebensweltlichen Relevanz kompetitiver Logiken, Kiel 2012; Women between Screenwriting and Fashion Journalism: The Cases of Ruth Goetz and Ola Alsen, in: Sofia Bull und Astrid Söderbergh Widding (Hg.), Not so Silent: Women in Cinema before Sound, Stockholm 2010; Women in Weimar Fashion: Discourses and Displays in German Culture, New York 2008.

Termin

Nerz Techleben
Mila Ganeva, Berlin, Mode, Film, Vortrag
Montag, 12.05.2014 18:15
IFK
Reichsratsstraße 17
1010 Wien
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