Ästhetik des Widerstands: Arbeiterkino

Sonntag, 16. März 2014 - 12:00 Uhr

Topkino

Um die Jahrhundertwende beflügeln deutlich sichtbaren sozialen Missstände und die Frage, wie man damit umzugehen hat, in Wien und Berlin gleichermaßen die Entstehung von Arbeiterbünden und Arbeiterbildungsvereinen. Film war das neue Medium und zahlreiche neu gegründete Filmarbeitsgruppen suchten mit dem „proletarische Film“ dem „bürgerlichen Film“ eine eigene Macht entgegen zu stellen. Auftraggeber der Filme waren in der Regel die KPD, die SPD, die SDAPÖ, Gewerkschaften und linke Organisationen. Beim Volksfilmverband (VFV) in Berlin trafen österreichische und deutsche Filmemacher und Filmautoren aufeinander und arbeiteten an einer neuen proletarischen Filmästhetik, die sowohl linke Ideale verbreiten als auch Unterhaltung für die Arbeiter bieten sollte. Der deutsche Filmregisseur Phil Jutzi nannte die Filmarbeit eine „Mission“, der „kulturellen Entwicklung der Menschheit zu dienen“. Und der österreichische Filmemacher und „Bildschneider“ Albrecht Viktor Blum montierte Bilder aus Filmen und Wochenschauen zu neuen propagandistischen Sinnzusammenhängen zusammen.

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten endete die Geschichte des proletarischen Films. Doch in den 60er und 70er Jahren wurde die Idee des „Proletarischen Films“ von jungen deutschen Filmemachern, insbesondere an der dffb, neu aufgegriffen. 1974 wird der Basis-Film Verleih und Produktion in Berlin gegründet. „Aufgabe der nichtgewerblichen Filmarbeit ist es, Zuschauer zu qualifizieren, qualifizierte Filme zu sehen“ ist das selbstgewählte Motto. Produziert werden sollen realistische Filme über den alltäglichen Klassenkampf, die 1. die Arbeits- und Lebensverhältnisse der Lohnabhängigen beschreiben und 2. sich im sozialen Kampf auf Seiten der Lohnabhängigen engagieren.

Wir wollen eine kleine Auswahl dieser Filme im Kontext der Ausstellung „Die Ästhetik des Widerstands“ vorstellen und sie ins Verhältnis setzen zu neueren Produktionen aus Film und Kunst. Unser Ziel ist es anhand der Filmdokumente die Ideen und Ziele der Arbeiterbewegung und die Konzepte der Arbeiterbildung in der Gegenwart neu zu verhandeln.

PROGRAMM

12:00 EINFÜHRUNG
12:30 PROLETARISCHES KINO 1920-30

AUSRUFUNG DER REPUBLIK WIEN, Dokumentarfilm A 1918, 2,46 min, stumm, DVD (Verleih: Filmarchiv Austria)
Filmdokument von der Massenkundgebung am 12. November 1918, aufgenommen im Auftrag des Staatsrates

NAMENLOSE HELDEN, Spielfilm A 1924, 14,39 min, Fragment, stumm, DVD (Verleih: Filmarchiv Austria)
Der Film schildert, wie der Krieg das glückliche Leben des deutsche Arbeites Scholz und seiner Familie zerstört

IM SCHATTEN DER MASCHINE, Kompilationsfilm: Regie: Albrecht Viktor Blum, A 1928, 18,5min, 16mm
Verleih: Österreichisches Filmmuseum
Im Schatten der Maschine von Albrecht Viktor Blum und Leo Lania basiert auf Ideen von Dziga Vertov und zum Teil auf Material aus dessen Film Das elfte Jahr, was eine heftige Kontroverse über die eigentliche Urheberschaft des Werks provozierte. Mit den Mitteln der Montage und neu angeordneten Zwischentiteln deuten der Autor Blum die Bilder der verwendeten Filme und Wochenschauen propagandistisch um.

KUHLE WAMPE ODER: WEM GEHÖRT DIE WELT?, Spielfilm, Regie: Slátan Dudow, D1932, 71min, DVD (Verleih: Arsenal Filmverleih)
Ein Filmwerk aus der Zeit der Weimarer Republik, das zum Genre des Proletarischen Films zählt. Es ist eine Mischung aus Spiel-, Dokumentar- und Propagandafilm, angereichert mit Elementen eines Musikfilms. Der Film erzählt in das Leben der Arbeiterfamilie Bönicke unter den Bedingungen der Weltwirtschaftskrise und der Arbeitslosigkeit.

14:15 DISKUSSION

15:00 PAUSE

15:30 EINFÜHRUNG ZWEITER TEIL

16:00 ARBEITERKINO 1960-1970

ZWISCHEN ZWEI KRIEGEN, Regie: Harun Farocki, D 1978, 85 min, DVD Verleih: Generali – Foundation, Dr. Doris Leutgeb
Der Film verfolgt eine Rationalisierungsidee für den Eisenverhüttungsprozess durch die Geschichte der Weimarer Republik. Er rekonstruiert die Gedanken, die sich fortschreitende und stillstehende Industrie, organisierte und vereinzelte Arbeiterschaft zu dieser Frage machen und untersucht die ökonomischen Ursachen des Faschismus.

EINE PRÄMIE FÜR IRENE, Regie: Helke Sander, D 1971, 45min, DVD Verleih: Arsenal Filmverleih
Der Film beschreibt sowohl die Situation zu Hause als auch am Arbeitsplatz und die Konflikte die sich zwischen beiden ergeben. Er war gedacht als Kritik an Arbeiterfilmen, wie sie damals an der dffb entstanden, die nur auf die Situation am Arbeitsplatz bezogen waren und nie die auf die Situation von Frauen. Es ist der erste Film, der die Diskussion der Frauenbewegung über den Zusammenhang zwischen privatem und öffentlichem Bereich aufnimmt.

18:15 DISKUSSION

19:00 FILM UND KUNST ZUM THEMA ARBEIT DER GEGENWART

DIE UNSICHTBARE HAND, Spielfilm, Regie: Dirk Lütter, D, 2010, 22min, 35mm
Der erfolglose Mittdreißiger Marc lernt als Testkäufer auf seinen langen Überlandfahrten die Feinheiten des Geschäfts, seine drei Kollegen und die ostdeutsche Provinz kennen. Als sie eine Verkäuferin auf frischer Tat ertappen, wird die Arbeit für die anderen erst richtig interessant, und Marc muss eine grundsätzliche Entscheidung treffen.

IN ARBEIT / EN CONSTRUCTION / W TOKU / LAVORI IN CORSO, TEIL 2, Dokumentarfilm, Regie: Minze Tummescheid, Arne Hector, 2012, 53 min, DVD
Um die Möglichkeiten des gemeinsamen Handelns zu erforschen, haben Minze Tummescheit und Arne Hector ein Ketteninterview begonnen. Der erste Interviewpartner führt das Filmteam zum zweiten und so fort. Alle verbindet die Arbeit in kooperativen Strukturen. Die wichtigste Frage, die sie verhandeln, ist die ihrer Legitimation: Ist es sinnvoll und überhaupt möglich, sich außerhalb des industriellen Fortschritts, der politischen Öffentlichkeit oder des Weltmarkts zu verorten?

20:15 DISKUSSION (mit Arne Hector)

Termin

Flimmer Ratte
Kino, Widerstand, Peter Weiss, Diskussion
Sonntag, 16.03.2014 12:00
Topkino
Rahlgasse 1
1060 Wien
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