ephemeropteræ 5/12: John Giornio

Freitag, 12. Juli 2013 - 19:00 Uhr

TBA21/Augarten

PerformerIn, Wort, Sprache, Publikum, Garten, Freitag, Abend

Der fünfte ephemeropteræ Abend mit Performances und Picknick unter freiem Himmel, bei jedem Wetter.
Dieses Mal mit John Giorno.

Mit anschliessendem Spoken Word Special im neuen AU Café: Sir Black (live / Accra, Ghana)


„Mir fiel auf“, sagte Giorno über die frühen 1960er, „dass die Poesie im Vergleich zur Malerei und Skulptur und Tanz und Musik 75 Jahre hinterher war.“ Also machte er sich daran, die Situation zu ändern. Inmitten von New Yorks wegbereitender Pop-Art Bewegung fand er einen fruchtbaren Boden vor um Poesie auf ein neues konzeptuelles Level zu heben. Das Sprungbrett seiner künstlerischen Karriere war Warhols Vorschlag der einzige Schauspieler und Star im Film Sleep (1963) zu sein. Das geloopte Filmmaterial zeigt ein intimes Portrait Giornos, der Poet in einem verletzlichen Zustand von Nacktheit und seiner unbefangenen Direktheit vor der Kamera. Giorno wurde damit – über Nacht – zu einem der bedeutungsvollsten Figuren des New Yorker Undergrounds der 1960er. Das bekannteste Beispiel seiner Dichtkunst aber ist zweifelsohne die Dial-a-Poem Serie, ein Service, der auf dem damals verbreiteten Telefondienst basierte, der bei Anruf Auskunft über Zeit und Wetter gab. Stattdessen hörte man ein provokatives Programm, das aus Gedichten von Giorno, Allen Ginsberg, Frank O’Hara, Abbie Hoffman und Eldridge und Kathleen Cleaver bestand. Giorno schöpft aus einem großen Fundus von Tönen und Worten in alltäglichen Situationen, wie etwa U-Bahn-Geräuschen, welche Giorno zu seinem ersten Gedicht – dem Subway Poem – inspirierten. Er schnitt aber auch aus Magazinen und anderen Gedichten Teilstücke heraus, die er synthetisierte um sodann verschiedene Stimmen und Töne unter Einsatz neuer elektronischer und technischer Entwicklungen zu „permutieren“. Durch diese Methode erweiterte er das Genre nachhaltig.

In den Techniken lässt sich nicht nur der Einfluss von Rauschenberg und Johns sondern speziell jener von Brion Gysin und William Burroughs erkennen, mit denen Giorno in enger Beziehung stand. Giorno ist ein Poet, der mit „dem Klang von Worten und mit Performance“ arbeitet und dabei stets danach strebt das Publikum einzubinden – und das Publikum dazu zu bringen „sich auszuliefern“. Diese Herangehensweise zeigt sich etwa in seinen Soloarbeiten auf Mehrspurkassetten genauso wie seinem Gesang für die John Giorno Band, mantra-artigen Wortketten oder Word Paintings (Wort Malereien) aus fragmentarischen Texten. In seiner facettenreichen strukturellen, künstlerisch-poetischen Praxis sind Anti-Kriegs Themen und Rechte für Homosexuelle schon seit den 1970er Jahren von großer Bedeutung. Für Giorno gibt es die „eine Quintessenz: keine Kompromisse wenn es um Inhalt geht. In meinem Fall, als schwuler Mann, finden Themen zu Homosexualität und Politik immer einen Weg in meine Arbeit.“ Seine persönlichen Beziehungen bilden das zentrale Material in Everyone Gets Lighter (2002), Welcoming The Flowers (2004), Andy & JFK (1987), oder dem erstaunlich intimen The Death of William Burroughs (1998), das mit den Worten „I was with William Burroughs when he died and it was one of the best times I ever had with him“ beginnt. Diese Gedichte, wie auch Just Say No To Family Values (1994), It Doesn’t Get Better (2010) oder There Was A Bad Tree (2001), sind in ihrer fragmentarischen Härte doch humorvoll und leichtfüßig, sie zeugen von Tiefe der Banalität und vice versa, von sozialer Kritik und Erinnerungen an eine turbulente und glanzvolle Vergangenheit. Wenn es bei Giorno also in Thanx 4 Nothing (2006) „Thanks for exploiting my big ego and making me a star for your own benefit“ heisst, lässt er nur wenig Zweifel darüber herrschen mit wem er hier klaren Tisch machen möchte.

John Giorno wurde 1936 in New York City geboren. Nachdem er 1958 an der Columbia University seinen Abschluss erhielt, arbeitete für eine kurze Zeit als Börsenmakler bis er 1962 Andy Warhol kennenlernte. 1965 gründete Giorno die gemeinnützige Produktionsfirma Giorno Poetry Systems. Bekannte Gedichtbände sind etwa Rasberry and Pornographic Poem (1967), Cunt (1969) und Shit, Piss, Blood, Pus, & Brains (1977). Sein Dial-a-Poem wurde 1970 im Museum of Modern Art ausgestellt.


Spoken Word Special Im AU Café: Sir Black (live / Accra, Ghana)
Anschliessend laden wir Sie ab 21.30 Uhr zu einem Spoken Word Special mit Sir Black im AU Café ein. Der Künstler aus Ghana wird eine Slam Poetry Performance im Stil von Ehalakasa, die Poesie der direkten Worte, der Strassenphilosophie und Musik, inszenieren.

In den simplen und klaren Räumlichkeiten, des AU Cafés trifft bodenständige österreichische Backtradition trifft auf urban und contemporary cool. Im Café wird es außerdem eine feine Auswahl an leichten Speisen geben, inspiriert von verschiedensten Gewürzen und Rezepten, die Woche für Woche sorgfältig ausgewählt werden. Zu ephemeropteræ gibt es zudem köstliche und vielfältige Picknickkörbe, um das bukolische Park-Gefühl noch besser nachzuempfinden. Ob man nun im Augarten für ein Picknick während ephemeropteræ vorbeischaut, oder für einen herzhaften Brunch am Wochenende, einem gelegentlichen Barbecue oder einfach nur um den Abend mit einem Glas Aperol in der Hand in einem Liegestuhl ausklingen zu lassen, das AU Café im Wiener Augarten ist einer dieser magischer Orte in Wien, die es noch zu entdecken gilt. Jede Option geht Hand in Hand mit dem Besuch der neuen Ausstellung in der TBA21, Cerith Wyn Evans: The What If?… Scenario (after LG).

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ephemeropteræ 06: JOHANNES PORSCH, VAGINAL DAVIS
Freitag, 19. Juli 2013, 19 Uhr

ephemeropteræ 07: CHRISTIAN FENNESZ, EDGAR HONETSCHLÄGER (in Zusammenarbeit mit und im Filmarchiv Wien)
Freitag, 26. Juli 2013, 19 Uhr

ephemeropteræ 08: KUNST UND... / ART AND...
Freitag, 23. August 2013, 19 Uhr

ephemeropteræ 09: DAVID ADJAYE, CLÉMENTINE DELISS, HASSAN KHAN
Freitag, 30. August 2013, 19 Uhr

ephemeropteræ 10: BLIXA BARGELD
Freitag, 6. September 2013, 19 Uhr

ephemeropteræ 11: ANNA ARTAKER, ROMAINE MORETON
Freitag, 13. September 2013, 19 Uhr

ephemeropteræ 12: CHICKS ON SPEED, PETER GIDAL
Freitag, 20. September 2013, 19 Uhr

Termin

Tauben Loge
Spoken Word, Performance, Musik, Literatur
Freitag, 12.07.2013 19:00
TBA21/Augarten
Scherzergasse 1a
1020 Wien
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