Verbrannte Bücher

Mittwoch, 12. Juni 2013 - 21:00 Uhr

Filmmuseum

Eröffnungsfilm:
Jeder für sich und Gott gegen alle (1974)
Regie, Drehbuch: Werner Herzog; Kamera: Jörg Schmidt-Reitwein; Musik: Tommaso Albinoni, Johann Pachelbel, W.A. Mozart. Darsteller: Bruno S., Brigitte Mira, Walter Ladengast, Alfred Edel, Willy Semmelrogge, Herbert Achternbusch, Enno Patalas. 35mm, Farbe, 109 min

Kaspar Hauser, der im frühen 19. Jahrhundert in einem Gefängnis völlig isoliert, ohne Kontakt zu anderen Menschen aufwächst, dann ausgesetzt und wenige Jahre später ermordet wird, ist für Werner Herzog eine Figur, die noch nicht von Errungenschaften der Zivilisation und bürgerlichen Gesellschaft angekränkelt ist. Daran geht er auch zugrunde, verschwindet am Ende wieder in dem Dunkel, aus dem er gekommen ward. Für seine Gestaltung des historischen Falls greift der Filmemacher auf keine der unzähligen Bearbeitungen der berühmten Geschichte, sondern auf die Originalakten zu Leben und Leiden des rätselhaften Findlings zurück. Darin allerdings folgt er ganz Jakob Wassermann, dem Autor der bewegendsten litera­rischen Darstellung dieses Schicksals, der Kaspar Hausers fünf ­Jahre zu Nürnberg penibel nachgezeichnet hat – mit historischen und erfundenen Figuren, als Chronik, innerer Monolog, fingiertes Dokument. (B.M. / M.O.)

Einführung von Brigitte Mayr & Michael Omasta mit einem Ausschnitt aus Der gelbe Stern. Die Judenverfolgung 1933–1945 (1980, Dieter Hildebrandt)

***

Das war ein Vorspiel nur, dort wo man Bücher Verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen. (Heinrich Heine, Almansor, 1821)

Am 10. Mai 1933 fanden in Berlin und 17 anderen deutschen Städten öffentliche Bücherverbrennungen statt. Sie waren medienwirksamer Ausdruck der neuen Unkultur unter den Nazis. Bis weit in den Sommer hinein loderten die Feuer, in denen Werke von Hunderten jüdischen sowie politisch oder ästhetisch unerwünschten Schriftstel­lern und Wissenschaftlern vernichtet wurden. Zu den „verbrannten Dichtern“ gehörten: Karl Marx und Sigmund Freud, Bertha von Suttner und Albert Einstein, Else Lasker-Schüler und Walter Benjamin, Alfred Kerr und Ernst Toller, Maxim Gorki und Jack London, Erich Maria Remarque und Franz Werfel, Anna Seghers und Carl Zuckmayer, Nelly Sachs und Kurt Tucholsky, Irmgard Keun und ­Alfred Döblin, Egon Erwin Kisch und Joachim Ringelnatz.

Während viele der Genannten nach und nach jede Lebensgrundlage einbüßten, ins Exil gezwungen oder gar ermordet wurden, bekräftigte das „Verbranntwerden“ die Bedeutung ihrer Texte vielleicht noch zusätzlich. Erich Kästner war Augenzeuge, als Studenten in SA- und SS-Uniform seine Bücher in Berlin am Opernplatz ins Feuer warfen, Karl Kraus fühlte sich „übergangen“, und Oskar Maria Graf forderte erbost: „Verbrennt mich!“

Zum 80. Jahrestag erzählt die Filmreihe vom geistesgeschichtlichen Nachleben und der populärkulturellen Strahlkraft der verbrannten Bücher – mit Filmadaptionen nach Jakob Wassermann, Bert Brecht, Anna Seghers, Gina Kaus, Lion Feuchtwanger, Stefan Zweig u.a. Der Bogen spannt sich von der zeitgenössischen Verfilmung der 3 Groschen-Oper (1931) durch G. W. Pabst über Filme von Max Ophüls, Hannu Leminen und Edgar G. Ulmer bis zu Paul Thomas Andersons There Will Be Blood (2007) nach Upton Sinclair.

Ein gemeinsames Projekt von Filmmuseum, Synema und der Österreichischen Exilbibliothek. Idee und Filmauswahl: Michael Omasta und Brigitte Mayr

PROGRAMM:
Die 3 Groschen-Oper (1931)
Her Sister’s Secret (1946)
Jeder für sich und Gott gegen alle (1974)
Jew Süss (1934)
La Ronde (1950)
There Will Be Blood (2007)
Valkoiset ruusut (Weiße Rosen) (1943)
Vosstanie rybakov (Der Aufstand der Fischer) (1934)

Termin

Flimmer Ratte
Eröffnungsfilm, Schiene, Kino, Bücherverbrennung
Mittwoch, 12.06.2013 21:00
bis Samstag, 22.06.2013
Filmmuseum
Augustinerstraße 1
1010 Wien
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