Eastern Promises

Dienstag, 04. Juni 2013 - 19:00 Uhr

MAK

KUU, Shanghai Shared Housing (Entwurf), Shanghai, China, 2009 ? KUU KUU, Shanghai Shared Housing (Entwurf), Shanghai, China, 2009 ? KUU
Zeitgenössische Architektur und Raumproduktion in Ostasien

Das Potenzial ostasiatischer Länder als Katalysatoren für eine sozial und ökologisch orientierte, visionäre (Welt-)Architektur erforscht die Ausstellung EASTERN PROMISES. Zeitgenössische Architektur und Raumproduktion in Ostasien, die am
4. Juni 2013 im MAK Wien eröffnet wird. Eine höchst heterogene Auswahl architek-tonischer und urbanistischer Projekte dokumentiert eindrucksvoll das Interesse lokaler Architekturbüros in China, Japan, Südkorea und Taiwan an einer zukunftsweisenden Architektur, die soziale Relationen und strukturelle Veränderungen der Gesellschaft in räumliche Dimensionen übersetzt.

Mehr als zwei Jahre lang unterzogen Christian Teckert und Andreas Fogarasi, die das MAK als Gastkuratoren gewinnen konnte, die dominanten, auch medial geprägten Images über das ostasiatische Architekturgeschehen einer kritischen Revision. Während Asien global vor allem als Schauplatz einiger der spektakulärsten zeitgenössischen Megabauten internationaler StararchitektInnen wahrgenommen wird, richteten sie den Blick auf lokale ProtagonistInnen, deren Strategien und Taktiken einen Beitrag zu einer sozialen und ökologischen Zukunftsentwicklung leisten und eine entscheidende Rolle im Umgang mit sich verknappenden Ressourcen spielen könnten.

Die historisch gewachsenen Bedingungen der Architekturproduktion in China, Taiwan, Südkorea und Japan könnten kaum unterschiedlicher sein. Während sich Japan seit etwa einem Jahrhundert intensiv mit der westlichen Moderne auseinandersetzt, etablieren sich in China erst seit wenigen Jahren ArchitektInnen im westlichen Sinn. In Taiwan und Südkorea wiederum dominieren spezifische lokale Szenen und Gesetzmäßigkeiten, die vorerst schwer vergleichbar scheinen.

Dennoch führen in diesen Ländern verschiedenste Dynamiken – von der autoritären Radikalurbanisierung Chinas über die intensiv umkämpfte Verdrängungsdynamik Südkoreas bis hin zur Extremverdichtung von Lebensraum in Japans und Taiwans Metropolen – gleichsam zwangsläufig zur Freisetzung architektonischer Intelligenz und zu ähnlichen, neuen räumlichen Strategien. Insbesondere der Fokus auf soziale Relationen und lokale, rurale Traditionen, sowie ein nicht hierarchisches Raumdenken lassen sich als charakteristische, verbindende Elemente ostasiatischer Raumproduktion lesen.

EASTERN PROMISES. Zeitgenössische Architektur und Raumproduktion in Ostasien vermittelt einen repräsentativen Querschnitt der architektonischen Entwicklungen in dieser Region – von den Stars der japanischen Architektur über erst langsam, seit den späten 1990er Jahren ins Licht der Öffentlichkeit rückende chinesische Büros bis hin zu jungen, aufstrebenden ArchitektInnen, deren Arbeit zum ersten Mal in dieser Weise einer breiten Öffentlichkeit präsentiert wird.

Die von den Kuratoren herausgearbeitete neue soziale Ästhetik repräsentieren insbesondere jüngste Architekturprojekte etwa von Sou Fujimoto, Kazuyo Sejima oder Ryue Nishizawa in Japan, von Li Xiaodong, Wang Shu oder KUU in China, von Huang Shen Yuang in Taiwan oder von Mass Studies in Südkorea. Ihre in der Ausstellung gezeigten Bauten wurzeln tief in traditionellen, von Leere und Sachlichkeit geprägten Raumbegriffen und thematisieren gleichzeitig immer wieder die Idee der Relation zwischen unterschiedlichen räumlichen und hierarchischen Ebenen.

So vermengt beispielsweise Kazuyo Sejimas Shibaura Building (Tokyo, 2011) minimalistisches, architektonisches Vokabular mit einer komplexen Schichtung verschiedenster, gemeinschaftlich genutzter Räume. Sou Fujimoto wiederum erzeugt mit seinem House NA (Tokio, 2010) über das Einfamilienhaus hinaus eine vertikale Landschaft aus interpretierbaren Plattformen, die mit Übergängen und Zwischenräumen die Grenzen zwischen innen und außen aufhebt.

Auch Projekte wie etwa die chinesische Bridge School (Xiashi Village, 2009) von Li Xiaodong, die bewusst als Bindeglied zwischen anderen Bauten und Menschen ver-ankert ist, verweisen auf das Herstellen von Relationen als integralen Bestandteil der Architektur. In ähnlicher Weise arbeitet das in Shanghai ansässige Duo KUU an Wohn-Typologien, in denen kollektiv genutzte Räume, wie die Küche oder das Esszimmer, als Gemeinschafts- und Übergangszonen wiederbelebt werden.

Die Reaktivierung lokaler Mikroökonomien als soziale und kommunikative Zentren mit einfachsten Mitteln und mithilfe von Architektur wird in der Ausstellung unter anderem mit Projekten des Hongkonger Büros Rural Urban Framework thematisiert. Huang Shen Yuang / Field Office in Taiwan zielt darauf ab, Architektur über die Herstellung eines Objekts hinaus als sozialen Prozess zu verstehen. Alle Projekte dieses Architekturbüros sind in der Stadt Ilan lokalisiert und versuchen ein Netzwerk aus Rauman-geboten zu generieren, die städtische Räume verbinden und öffnen.

EASTERN PROMISES versammelt rund 70 architektonische Projekte, wobei auch die Ausstellungsgestaltung einem typisch asiatischen, a-hierarchisch orientierten Raumverständnis folgt. Freistehende Displays, die an historische Paravents erinnern, dienen zur Präsentation der Architekturprojekte. Ihre Aufstellung im strengen Diagonalraster zitiert die Logik der sogenannten japanischen Axonometrie, die im 18. Jahrhundert in Europa eingeführt wurde und bis heute Darstellungen von architektonischen Räumen prägt.

Eine die Wände der MAK-Ausstellungshalle überziehende grafische und fotografische Kartierung, zeigt ergänzend dazu spezifische Phänomene der Region auf: Massenwohnbau in Südkoreas Großstädten, illegale Architekturen in Taiwan, die Wirkungsmacht staatlicher Architekturbüros in China, Protest gegen soziale Verdrängungsprozesse in Südkorea, Chinas enklavenartige Urban Villages, die 24-Stunden-Infrastruktur japanischer und taiwanesischer Convenience Stores, die Strahlkraft neuer chinesischer Kreativbezirke oder Lebensentwürfe in der Katastrophenregion T?hoku. Ausgewählte Kurzfilme, kuratiert von Andréa Picard, komplettieren die Ausstellung um Momente experimenteller Stadtbeobachtung.

Die Gastkuratoren Andreas Fogarasi und Christian Teckert gelten als wesentliche Proponenten der zeitgenössischen Kunst- und Architekturszene:

Andreas Fogarasi (* 1977, lebt und arbeitet in Wien) ist Künstler und seit 2001 Mit-herausgeber von dérive – Zeitschrift für Stadtforschung. Zahlreiche internationale Ausstellungen, zuletzt u. a. im Museo Reina Sofia, Madrid; Ludwig Forum, Aachen; Prefix ICA, Toronto; auf der 52. Biennale di Venezia erhielt er den Goldenen Löwen für den ungarischen Pavillon.

Christian Teckert (* 1967, lebt und arbeitet in Wien) ist Architekt, Kurator und Professor für Interior Design, Raum- und Designstrategien an der Muthesius Kunsthochschule, Kiel. Er hat zahlreiche Publikationen im Bereich von Kunst, Urbanismus und Raumtheorie veröffentlicht. Mit as-if berlinwien zeichnete er für den mehrfach ausgezeichneten Neubau der GfZK in Leipzig verantwortlich.


Architekturprojekte von:
Amateur Architecture Studio (Wang Shu/Lu Wenyu), Atelier Deshaus, KUU architects, Li Xiaodong Atelier, Liu Jiakun Architects, NODE/Rem Koolhaas/Alain Fouraux, Ou Ning, Rural Urban Framework (RUF), Scenic Architecture, standardarchitecture, TAO – Trace Architecture Office, Urbanus Architecture & Design, Vitamin Creative Space, Zheng Guogu, Architects Atelier Ryo Abe, Atelier Bow-Wow, CitySwitch Japan, dessence/Case-Real/Torafu Architects, Go Hasegawa & Associates, Jun Igarashi Architects, junya.ishigami+associates, Kazunari Sakamoto, Kazuyo Sejima, Kumiko Inui, Ohno Laboratory, OnDesign, Riken Yamamoto, Ry?e Nishizawa, ryuji fujimura architects, Schemata Architects/Jo Nagasaka, Sou Fujimoto Architects, Terunobu Fujimori, Tezuka Architects, UID architects, 3331 Arts Chiyoda, Lokaldesign, Mass Studies, Moongyu Choi + Ga.a architects, Studio K Works, Field Office Architects, Hsieh Ying-Chun, Marco Casagrande, MINIWIZ

Recherchen, Bilder, Karten und künstlerische Beitrage von:
Alke Thamsen, Atelier Bow-Wow, Evan Chakroff, Haewon Shin, Iwan Baan, Jun Jiang, Jürgen Krusche, Li Mo + CAStudio, Libbie D. Cohn / J.P. Sniadecki, Listentothecity, MAP Office (Gutierrez + Portefaix), Roan Ching-Yueh, Rural Urban Framework (RUF), Studio Gruber, Susanne Klien, Wa Wa Project, Xin Gu, Michele Tabet

Termin

eSeL's Neugierde
Eröffnung, Architektur, Raum, Ostasien
Dienstag, 04.06.2013 19:00
bis Sonntag, 06.10.2013
MAK
Stubenring 5
1010 Wien
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