Kuratiert von Hannah Stippl
Eröffnung I: DIENSTAG, 28. Mai 2013, 19 Uhr
Ausstellungsdauer bis 12. Juli 2013
Galerie IG BILDENDE KUNST Gumpendorfer Straße 10-12, 1060 Wien
Beteiligte Künstler_innen und Theoretiker_innen:
Jyll Bradley (UK), George Gessert (USA), Eduardo Kac (USA), Tony Heywood & Alison Condie (UK), Verena Holzgethan & Paul Neuninger (I/A), Hannah Stippl & Anita Duller (A), Edward Steichen (USA)
Begrüßung Prof.Dr. Michael Kiehn, Direktor des Botanischen Gartens
Mario Terzic, Leiter der Abteilung Landschaftsdesign, Universität für angewandte Kunst Wien
Zur Ausstellung spricht Tim Richardson, Leiter der Abteilung Landschaftskunst, Universität für angewandte Kunst Wien (im Team mit Martha Schwartz und Tony Heywood) ab Wintersemester 2013
Eröffnung II: Mittwoch, 5. Juni 2013, 19 Uhr
Ausstellungsdauer 6. Juni - 12. Juli 2013,
täglich 10.00 - 18.00 Uhr, KALTHAUS Botanischer Garten der Universität WienMechelgasse/Prätoriusgasse, 1030 Wien
Begrüßung Prof.Dr. Michael Kiehn, Direktor des Botanischen Gartens
Mario Terzic, Leiter der Klasse für Landschaftsdesign
Beteiligte Künstler_innen:
Jyll Bradley (GB), Luther Burbank (USA), Fernand Denis (F), Elisabeth Falkinger (A), Karl Foerster (D), George Gessert (USA), Tony Heywood & Alison Condie (GB), Verena Holzgethan & Paul Neuninger (I/A), Cedric Morris (GB), Clemens Schneider (A), Edward Steichen (USA) und weitere.
VORTRÄGE
Eduardo Kac, “Natural History of the Enigma”
Mittwoch, 29. Mai 2013, 19.00 Uhr
Ort: Universität für angewandte Kunst, Roter Lichthof, Oskar Kokoschka Platz 2, 1010 Wien
Tim Richardson & Tony Heywood, „About Conceptual Landscapes“
Dienstag, 4. Juni 2013, 19:00
Ort: Universität für angewandte Kunst, Roter Lichthof, Oskar Kokoschka Platz 2, 1010 Wien
Noel Kingsbury, „Plant Breeding as Art“
Donnerstag, 6. Juni 2013, 19:00 Uhr
Ort: Universität für angewandte Kunst, Roter Lichthof, Oskar Kokoschka Platz 2, 1010 Wien
Sarah Cook, „Cedric Morris, Artist & Plant Breeder“
Mittwoch, 12. Juni 2013, 19.00 Uhr
Ort: Universität für angewandte Kunst, Landschaftsdesign, Oskar Kokoschka Platz 2, 1010 Wien
(landscape) with flowers
„Time is long overdue for ornamental plant breeding to be considered an art.” George Gessert
Am 24. Juni 1936 wird im Museum of Modern Art in New York eine Ausstellung von Edward Steichen eröffnet. Ihr Inhalt ist ungewöhnlich, handelt es sich doch um Blumen, in jahrelanger Arbeit gezüchtete neue Sorten von Delphinium/Rittersporn: Obwohl besser für seine fotografischen Arbeiten bekannt war Steichen der erste Künstler, der neue Organismen schuf und diese als Kunst ausstellte. Heute werden Steichens fotografische Arbeiten zu hohen Preisen am Kunstmarkt gehandelt, seine Züchtung Delphinium ‘Connecticut Yankee’ dagegen kann man um wenig Geld im Gartencenter erwerben, – ohne eine Nennung des Künstlers.
Ausgehend von dieser historischen Vorgeschichte wird die künstlerische Arbeit mit Pflanzen – als Material und Kunstwerke eigenen Ranges – ins thematische Zentrum zweier parallel laufender Ausstellungen gestellt. Die Züchtung von Pflanzen hat eine überaus lange Geschichte, die wenig bekannt ist. Noch weniger bekannt ist ihre Geschichte als die einer künstlerischen Disziplin. Doch Edward Steichen ist weder erste, noch der einzige Künstler, der sich mit der Züchtung von Pflanzen beschäftigt: Claude Monet züchtet Dahlien, Cedric Morris Iris und Mohn. Viele dieser Werke sind heute verloren.
Das Thema betreibt keine eskapistische Abkehr von aktuellen sozialen oder umweltpolitischen Themen, sondern greift mit Fragen nach Natürlichkeit oder Künstlichkeit, nach der Beziehung zwischen Mensch und Natur, nach Märkten und Umwelt aktuelle Probleme jenseits ihrer oberflächlichen Verniedlichung auf. Weit entfernt von der idyllischen Einheit des menschlichen Lebens mit dem Ort, der Natur oder ihrem zyklischen Zeitrhythmus werden persönliche, politische und gesellschaftliche Denk- und Handlungsmöglichkeiten dargestellt.
Die Ausstellungen in der IG Bildende Kunst und im Kalthaus des Botanischen Gartens der Universität Wien stellen in Disziplinen übergreifender Zusammenarbeit von Kunst, Wissenschaft und Garten historische Positionen zeitgenössischen Ansätzen gegenüber. Die Ausstellungen überschneiden, ergänzen, erweitern einander, sie eröffnen Neuland: für die Kunst ebenso wie für Blumenliebhaber und Interessierte.
Jyll Bradley stellt die ambivalente Beziehung von Pflanzen und den mit ihnen arbeitenden Menschen in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, als Vehikel der Befragung gegenwärtiger Lebens- und Überlebensbedingungen. Blumen sind ein globales Handelsgut, produziert von Millionenindustrien, die hoch verderbliche Güter produzieren, meist ohne Rücksicht auf Arbeits- oder Umweltbedingungen der Erzeugerländer. Viele dieser Pflanzen sind Züchtungen, selektiert entlang ästhetischer Kriterien und Wunschvorstellungen. Mit diesen Vorstellungen setzt sich George Gessert auseinander, der, in Anschluss an Edward Steichen die Anerkennung der Züchtung neuer Sorten als Kunst fordert: „Time is long overdue for ornamental plant breeding to be considered an art.“ Kernstück der Arbeit von Eduardo Kac ist ein Pflanzen-Tier-Wesen, eine neu geschaffene Lebensform, die so in der Natur nicht vorkommt. Bei „Edunia“ handelt es sich um eine gentechnisch hergestellte Kreuzung des Künstlers mit einer Petunie. Lange vor Diskussionen um Gentechnik und ihre Auswirkungen veränderten Menschen Lebewesen durch Domestizierung und Züchtung – wo können hier noch Grenzen zwischen Natürlichkeit und Künstlichkeit gezogen werden? Birgt der Verlust ‘alter’ Sorten, egal ob es sich dabei um Nutz- oder Zierpflanzen handelt, mehr als die Gefahr zunehmender Verarmung genetischer Ressourcen in sich? Wie ‘wild’ sind die in letzter Zeit so hoch geschätzten Wildblumen und Ruderalpflanzen eigentlich wirklich? Verena Holzgethan und Paul Neuninger untersuchen Strategien von Pionierpflanzengesellschaften, also Pflanzen, die Katastrophen, menschliche Störungen etablierter Pflanzengemeinschaften als essentiellen Überlebensfaktor nützen. Mit hoher Exaktheit und Witz setzen sich Tony Heywood und Alison Condie in ihren Pflanzenstudien mit Begriffen wie natürlich und künstlich, Chaos und Ordnung auseinander, und hinterfragen damit ebenso wissenschaftliche wie künstlerische Methoden. Konventionelle Abfolgen der Repräsentation hinterfragen Anita Duller und Hannah Stippl mit einem aus der Malerei partizipativ entwickelten Staudenbeet, das die Grenzen der Galerie hin zum Außenraum überschreitet.
Zu den Ausstellungen erscheint ein Reader.
Weitere Informationen unter:
www.chelseafringe.com | www.landscapewithflowers.net