OBJECTS & ITEMS - Stefan Panhans - Stefanie Seufert

Donnerstag, 17. Januar 2013 - 18:00 Uhr

Galerie Kerstin Engholm

Ausstellungseröffnung
OBJECTS & ITEMS

Stefan Panhans - Stefanie Seufert

Curated by Maren Lübbke Tidow

Der Titel „Objects and Items“ gibt einen sehr einfachen und klaren Hinweis darauf, was auf den Bildern der Doppelausstellung von Stefan Panhans und Stefanie Seufert dargestellt ist: Objekte, Dinge, Sachen: einfache Gegenstände. Dass diese Objekte, Dinge, Sachen fotografiert wurden, zumal ganz neutral-sachlich bei Stefanie Seufert, bei Stefan Panhans ebenfalls mit konzentriertem und objektiven Blick durch die Kamera, legt außerdem zunächst den Schluss nahe, dass die Künstler uns mit ihren Bildern zum Kern der Anschauung dieser einfachen Objekte und Dinge führen wollen, zu ihrem ureigenem Wesen. Umso paradoxer erscheint daher, dass in ihren Fotografien zwar stets alles Abgebildete transparent und mit großer Präzision vorgeführt wird, es aber kaum möglich scheint gleichermaßen prägnant offenzulegen, was die Künstler uns tatsächlich zu sehen geben. Die Künstler verbindet, dass sie mit ihren jeweils spezifischen fotografischen Arbeitsweisen stabil geglaubte Bildrethoriken aufbrechen, und dabei die gängigen Repräsentationslogiken, an die die Fotografie gebunden bleibt, in Frage stellen. Mit ihren visuellen Strategien steht also gerade nicht die Offenlegung oder die Ästhetisierung des Wirklichen im Zentrum, vielmehr arbeiten sie konstant an einer Verunsicherung des Verhältnisses von Sichtbarkeit und Wirklichkeit.

Mit bestechender Präzision greifen Stefan Panhans und Stefanie Seufert in ihren Werken bildnerische Konventionen auf: Sie zitieren das Genre des Stillleben ebenso wie das der Objekt- und Studiofotografie, Architektur- und Landschaftsaufnahmen ergänzen das je umfangreiche fotografische Œuvre. Mit einem methodisch streng formalisierten Zugriff, hoher Bildschärfe, neutralem Licht und einem objektiven Kamerastandpunkt arbeiten Stefan Panhans und Stefanie Seufert einer Art Hyperpräsenz des Realen zu, einer Hyperpräsenz des Faktischen. Durch subtile Setzungen oder Eingriffe im Aufnahmeprozess (Seufert) oder die Art der Kombinatorik der Dinge und Gegenstände zueinander (Panhans) erscheinen die fotografierten Sujets aber gleichermaßen ambivalent: Mit einem überaus feinem Gespür für formale Korrespondenzen setzen die Künstler ihre Objekte zueinander oder bringen sie in serielle Reihung, sodass sie sich einer unmittelbaren Lesbarkeit entziehen, im Gegenteil: Obwohl in ihren Fotografien stets alles neutral-sachlich und ohne aufwändiges inszenierendes Zutun dargelegt wird, erscheinen die Motive verrätselt (Seufert), manieriert oder teilweise bis zur Groteske (Panhans) überzogen.

Die visuell leicht nachvollziehbaren, gleichwohl ästhetisch hybrid zugespitzten Konstruktionen von Bildraum, die in ihm feinsinnig gelenkte Objektpräsenz sowie das Sichtbarmachen des fotografischen Prozesses sind typisch für Stefanie Seuferts Werk. Hier zeigt sich ihr prüfendes und vergleichendes Überdenken des Versprechens der Fotografie als ein vermeintlich objektivierendes Darstellungsverfahren. Ihre Sachaufnahmen in Serie gleichen daher eher experimentellen Versuchsanordnungen. Denn die BetrachterInnen ihrer Objektstudien bleiben im Unklaren über die tatsächliche Natur der von ihr fotografierten Dinge, sei es über die Natur der prachtvollen Nadelbäume (2006/2007) mit ihrem ganzen Register an kulturell tradierten Zuschreibungen oder über die Natur der letzten Reste aus der Warenwelt wie sie in „things without a name“ (2012) vorgeführt werden, über Dinge also, die noch nicht einmal einen Namen haben, noch nicht bezeichnet wurden: Die von Seufert aufgespürten und fotografierten Objekte erscheinen dabei durchweg gleichermaßen fremdartig wie emblematisch. Seufert konterkariert mit diesen Bildern den emphatischen Glauben an die Sachaufnahme, der seit seinem Aufkommen in den 1920er Jahren das Genre beherrscht: „Indem sie ganz auf die zufällige (und sich wandelnde) Erscheinung der Dinge und die Offenheit ihrer Interpretierbarkeit setzen, widersetzen sich Stefanie Seuferts Arbeiten dem Konzept einer völligen Beherrschung des Bildes, gar einer Beherrschung von Information.“ (Florian Ebner). Die strikte Orientierung an formalen Kriterien wie z.B. der visuellen Reduktion, der Verzicht auf Narration und die Entscheidung für eine rein objektbezogene Darstellungsform, lädt die Motive mit geradezu manierierter Präsenz auf. Diese Strategie unterstreicht den hybriden Charakter ihrer Bilder, die über rein faktisches Sehen und Begreifen hinausweisen und an der Grenze von Sehen und Wissen ozsillieren.

Die enigmatische Motivfindung und formalisierende Strenge, die für Stefanie Seuferts Art zu fotografieren charakteristisch ist, ist auch typisch für die fotografische Arbeit von Stefan Panhans. Entgegen einer visuellen Struktur der Isolierung wie sie Seufert anwendet, die einhergeht mit einer Entleerung des Bildraums, arbeitet Panhans allerdings der extremen Zurschaustellung von Äußerlichkeiten zu und setzt mit seinen Bildern zu szenischen Erzählungen an (so heißen seine tableaux-vivant-artigen Bilder aus seiner seit 2007 fortlaufenden Serie auch „Items for Possible Video Sets“). Panhans schöpft unermüdlich „aus dem Materialfundus der globalen Märkte“ (Gislind Nabakowski), aus Popkultur, Mode, Design, Werbung, eben: aus unterschiedlichen Konsumwelten. Seine Artikel und Accessoires werden als oftmals bedrohliche Zeichen signalhaft und geradezu beschwörend eingesetzt und damit symbolisch überhöht. Der Anrufungscharakter der Bilder lässt das Abseitige und Unbewusste der uns umgebenden Warenwelt an die Oberfläche aufsteigen. Seine Wandarbeit „Concrete Run“ (2012), die jetzt in Wien zu sehen ist, und die eine Kombination von Bildern aus der Serie der „Items for Possible Video Sets“ und einigen Arbeiten ohne Titel ist, ist voll von Kauflust stimulierender Sachen, indes ist hier „die schöne Aussicht auf das Edeldesign der guten Form dahin. Es ist ja Kunst aus der Ära der Finanzblasen, der kriminellen Hedgefonds, von Bankenpleiten, der scheiternden Klimaabkommen, des Lohn-Dumpings, das in den globalen Märkten herrscht.“ (…) Das niedliche Gekröse steht für Zeitgeist. Die Mikrophysik der Macht der Waren besteht aus ästhetischen Ködern und Details.“ (Gislind Nabakowski).

Wenn auch die visuellen Register, aus denen Stefan Panhans und Stefanie Seufert ihre Ideen zu Fotografien schöpfen, teilweise sehr unterschiedlich sind – der Sprödheit und dem teilweise Abweisenden der Objekte bei Seufert steht das komisch-Abgründige der Items von Panhans entgegen – so verbindet ihre Arbeit deutlich ein lakonisch-ironischer Grundton, mit dem sie beide an der subtilen Manipulation eines nur vermeintlich transparenten Blicks auf die Wirklichkeit der Dinge arbeiten.

Termin

hAmSteR Events
einfache Gegenstände, fotografische Arbeitsweisen, Bildrhetoriken,
Donnerstag, 17.01.2013 18:00
Galerie Kerstin Engholm
Schleifmühlgasse 3
1040 Wien
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