kick-off #5: Johann Neumeister

Montag, 12. März 2012 - 19:00 Uhr

WAF galerie – kunstbuero

JOHANN NEUMEISTER
Now that everything has been destroyed it will never have to be destroyed again

Eröffnung: Montag 12. März 2012, 19 Uhr
ab 22 Uhr: Party mit Nino Stelzl im futuregarden
Kurator: Stefan Bidner


Abend. Im Atelier von Nina Stelze, in dem Herbert Drehtvoll vorübergehend wohnt, da seine Wohnung abgebrannt ist. Der Kurator Steven Binder ist zu Gast.

H: Du hast uns förmlich von der Außenwelt abgeschnitten, Nina. Seit du das Fenster geschlossen hast, hat niemand mehr ein Wort gesprochen.

N: Ich dachte nur darüber nach, als vorhin deine Skizzen so herumflogen, wie seltsam es ist, wenn der Wind leblose Dinge bewegt. Es sieht gar so wunderlich aus, wenn Gegenstände plötzlich zu flattern anheben, die sonst immer tot daliegen. Nicht?

S: Ich sah einmal auf einem menschenleeren Platz zu, wie große Papierfetzen – ohne dass ich vom Winde etwas spürte, denn ich stand durch ein Haus gedeckt – in toller Wut im Kreise herumjagten und einander verfolgten, als hätten sie sich den Tod geschworen. Einen Augenblick später schienen sie sich beruhigt zu haben, aber plötzlich kam wieder eine wahnwitzige Erbitterung über sie, und in sinnlosem Grimm rasten sie umher, drängten sich in einen Winkel zusammen, um von Neuem besessen auseinander zu stieben und schließlich hinter einer Ecke zu verschwinden. Nur eine dicke Zeitung konnte nicht mitkommen; sie blieb auf dem Pflaster liegen und klappte hasserfüllt auf und zu, als sei ihr der Atem ausgegangen und als schnappe sie nach Luft. Ein dunkler Verdacht stieg damals in mir auf: Was, wenn am Ende wir Lebewesen auch so etwas Ähnliches wären wie solche Papierfetzen?

N: Du meinst, dass ein unsichtbarer, unbegreiflicher »Wind« auch uns hin und her treibt und unsre Handlungen bestimmt, während wir in unserer Einfalt glauben unter eigenem, freiem Willen zu stehen?

S: Vielleicht ist das Leben in uns ja nichts anderes als ein rätselhafter Wirbelwind.

H: Jener Wind, von dem die Bibel sagt: Er kam von Mitternacht her mit einer großen Wolke voll Feuer, das allenthalben umher glänzte; und mitten in dem Feuer war es lichthell.

S: Feuerzauber mein Lieber, Feuerzauber... Bam, bam, bam, bam, ba, bam ... Kennst du das? Das ist aus der Walküre. Das sind die Mädels, die die toten Kuratoren in den Himmel geleiten. Bam, bam, bam, bam, ba, bam ... Erzähle uns doch endlich, was in deiner Wohnung geschehen ist? Woher kam das Feuer?

H: Die Kerzen waren heruntergebrannt. Nur eine einzige flackerte noch. Rauch ballte sich im Zimmer. Als ob mich eine Hand zöge, wandte ich mich plötzlich um und: da stand mein Ebenbild auf der Schwelle. Mein Doppelgänger. In dem weißen Mantel eines Psychiaters.

N: Dein Doppelgänger?

H: Nur einen Augenblick. Dann brachen Flammen durch das Holz der Tür, und eine Wolke erstickenden heißen Qualms schlug herein: Feuersbrunst im Haus! Feuer! Feuer!

S: In dem weißen Mantel eines Psychiaters?

H: Ich reiße das Fenster auf. Klettere auf das Dach hinaus. Von weitem rast schon das gellende Heulen der Feuerwehr heran. Blitzende Helme und abgehackte Kommandorufe. Dann das gespenstische, rhythmische, schlapfende Atmen der Pumpen, wie die Dämonen des Wassers sich ducken zum Sprung auf ihren Todfeind: das Feuer. Glas klirrt und rote Lohe schießt aus allen Fenstern. Matratzen werden hinuntergeworfen, die ganze Straße liegt voll davon, Menschen springen nach, werden verwundet weggetragen. In mir aber jauchzt etwas auf in wilder, jubelnder Ekstase; ich weiß nicht warum. Das Haar sträubt sich mir. Ich laufe auf den Schornstein zu, um nicht versengt zu werden, denn die Flammen greifen nach mir. Das Seil eines Rauchfangkehrers ist herumgewickelt. Ich rolle es auf, schlinge es um Handgelenk und Bein, wie ich es als Knabe beim Turnen gelernt habe und lasse mich ruhig an der Fassade des Hauses hinab. – Komme an einem Fenster vorbei. Blicke hinein: Drin ist alles blendend erleuchtet. Und da sehe ich ... da sehe ich ...

aus „Kerzenkredit“ von Fred Dosnbr, 2012



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Termin

hAmSteR Events
Montag, 12.03.2012 19:00
bis Mittwoch, 07.03.2012
WAF galerie – kunstbuero
Schadekgasse 6-8
1060 Wien
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