Subjektive Empfindlichkeiten / 5 Positionen

Donnerstag, 12. Januar 2012 - 19:00 Uhr

Künstlerhaus

Mladen Bundalo*, Miodrag Manojlovic´,
Radenko Milak, Mladen Miljanovic´ *
Halil Tikveša (* k/haus Videogalerie)


Kuratiert von Elio Krivdic´

Begrüßung
Peter Bogner, Künstlerhaus
Ljiljana Labovic´ -Marinkovic´, Museum
für zeitgenössische Kunst, Banja Luka
Sanja Vidovic´, Botschaft Bosnien-
Herzegowina, Wien

Zur Ausstellung
Annemarie Türk, KulturKontakt Austria
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog
ISBN 978-3-900354-27-5

Bei einem großen Teil der Künstler aus Bosnien-Herzegowina ist eines der wesentlichsten Charakteristika auch lang nach der Beendigung des Krieges der Neunzigerjahre ihre sich durch ihre Arbeiten ziehende Auseinandersetzung mit diesem Krieg und mit den aus ihm resultierenden sozialen und ethnischen Problemen, die, sei es wegen des Unwillens der Verantwortlichen, sei es wegen der Unfähigkeit des ganzen Volkes (und hier meine ich alle drei dominierenden Volksgruppen) diese zu lösen, noch immer präsent sind.

Während solche Problemstellungen zu erwarten (und zu wünschen) sind, kommt es als eine der Folgen der Auseinandersetzung mit diesem Krieg auch zur Hinterfragung der Themen Identität, eigene Geschichte, eigene Umgebung oder zwischenmenschliche
Beziehungen. Es handelt sich also sehr oft um eine gesellschaftspolitisch und sozialgeschichtlich orientierte und engagierte Kunst, die dort entsteht oder in den letzten zwanzig Jahren entstanden ist.

Diese Feststellung gilt sowohl für Künstler der älteren und der mittleren Generation, die den Krieg bewusst erlebt haben, und mit ihm, selbst wenn sie nicht unmittelbar betroffen waren, psychisch konfrontiert waren, als auch für Künstler, die ihn bewusst im Kindesalter erlebt haben. Diese Tendenz in der Themenwahl zeigt sich nicht so selten auch bei ganz Jungen, die erst kurz vor dem Krieg oder erst zu seinem Beginn geboren wurden und erst jetzt anfangen, sich künstlerisch zu artikulieren.

Ein viel kleinerer Anteil an Arbeiten entfällt auf jene Bereiche, die aus diesem Schema herausfallen. In ihnen versucht man, sich auf theoretische und analytische Art und Weise mit bestimmten Phänomenen auseinanderzusetzen. Oft benützt man dafür – noch mehr als bei den oben erwähnten künstlerischen Schwerpunkten - die so genannten neuen Medien, vor allem Video und Fotografie und Text. Es handelt sich um jene Bereiche künstlerischer Betätigung, in die Wahrnehmungsphänomene, die Hinterfragung der Wirklichkeit und psychische Prozesse fallen.

Eine Präsentation der Kunst eines einzigen Landes kann immer nur eine Präsentation eines kleinen Teiles von dem sein, was im jeweiligen Land tatsächlich auf dem Gebiet passiert. Und wie auch immer die Themenvorgaben lauten, präsentiert wird nur ein Teil davon. Es bleibt immer nur eine partielle, oft sehr subjektive Auswahl. Und immer meint man, eine richtige getroffen zu haben.

Ausgangspunkt für die Auswahl der Künstler und der Werke für diese Ausstellung, in der einige Positionen der künstlerischen Auseinandersetzungen in Bosnien-Herzegowina gezeigt werden sollten, war - aufgrund der seit dem Krieg relevant gewordenen Positionierungen einiger im Land lebender Künstler - eine Auswahl zu treffen, die eine durch den Charakter dieser Positionierungen mehrschichtige Präsentation von Werken
ermöglicht, die die Grenzen des Lokalen sprengen, trotzdem aber die Problematik des Umfeldes, in dem sie entstanden sind, nicht ignorieren.

Ihre subjektiven Empfindlichkeiten für das objektiv Aktuelle des bosnischen Alltags verarbeiten diese Künstler durch ebenfalls global geltende Problemstellungen und tätigen damit jeweils auch eine solche Aussage.

Ein Veteran der dortigen Kunstszene, der 1935 geborene Halil Tikveša wird durch einen kleinen Querschnitt seines Werdeganges präsentiert. In seinem bekannten Nachkriegswerk zeigt er eindrucksvoll auf den Krieg und seine Auswirkungen und auf mit ihm zusammenhängende Doppelbödigkeiten und primitive Gefühle der Menschen. Als Künstler engagierte er sich, wie sich ein Künstler am wirkungsvollsten engagieren kann. Er entwickelte eine individuelle Kunst, die die Idee mit dem Material am unmittelbarsten verbindet und im Fall der gezeigten Werke unter Einfluss eines kulturell bedingten Geistigen zur unmissverständlichen Aussage bringt. Seine Kunst entwickelte sich über Jahrzehnte lang kontinuierlich und langsam, bis sie den Punkt erreichte, an dem er, da er immer wieder an die Wand des Unverständnisses und der Ignoranz stieß, zu seiner resignierten Feststellung kam, einer Tatsache, vor der sich heute sehr viele Künstler und im Kunstbetrieb Arbeitende fürchten: Für wie viele Menschen wird Kunst eigentlich geschaffen!?

Radenko Milak versucht, ein und dasselbe Motiv vervielfältigend, seine Identität als Angehöriger des serbischen Volkes im Allgemeinen und des in Bosnien lebenden im Speziellen zu rekapitulieren und fragt
sich, mit welcher Berechtigung alle jene agiert haben, die die Serben aufgrund solcher Szenen (es handelt sich bei den Soldaten in seinem einer Fotografie entnommenen Motiv um Angehörige von verbrecherischen, aus Serbien nach Bosnien importierten paramilitärischen Einheiten) als ganzes Volk und damit auch ihn, den damals erst Zwölfjährigen, negativ gebrandmarkt haben. Dasselbe Motiv nützend wendet er sich auch an seine Volksgruppe und verlangt von ihr die bis jetzt ausgebliebene Auseinandersetzung mit den Kriegsverbrechen in den eigenen Reihen und zwar in Form einer selbstkritischen Aufarbeitung ihrer Rolle im
Krieg und des dadurch verursachten, den anderen zugefügten Leides, wie man es aus den Arbeiten von Tikveša erahnen kann.

Termin

hAmSteR Events
Ausstellung, Eröffnung, Reflektionen üder den Balkankrieg und seine Folgen, Identität,
Donnerstag, 12.01.2012 19:00
bis Sonntag, 05.02.2012
Künstlerhaus
Karlsplatz 5
Obergeschoß
1010 Wien
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