Franz Zar

Donnerstag, 19. Mai 2011 - 19:00 Uhr

Ve.Sch Schikanedergasse

Die bildende Kunst fasst in institutionalisierter Form den Drang des Menschen, aus der Gesamtheit aller von ihm geschaffenen Dinge die schönsten auszuwählen, zu sammeln und in ihrer Beschaffenheit zu untersuchen, um Schönheit zu einer reproduzierbaren Eigenschaft zu machen. Die spezifische Leistung der bildenden Kunst besteht in der geistigen wie materiellen Herstellung eines Raums, in welchem die Auswahl, die Sammlung und die Untersuchung jener Dinge geschehen kann.
In seiner konsequentesten und bis heute gültigen Form ist dieser Raum eine Errungenschaft der Aufklärung, seine materielle Manifestation ist das Museum und seine konstitutive Eigenschaft ist die Autonomie. Er ist einzig für die Beurteilung und Kategorisierung sichtbarer sowie ideeller Schöpfungen nach ausschließlich ästhetischen Kriterien bestimmt (auch eine Idee besitzt ästhetische Wirkung).
Daraus folgt, dass nur solche Schöpfungen in diesem Raum sinnvoll erörtert werden können, die keine andere Funktion haben, als präsentiert und betrachtet zu werden. Keine darüber hinausgehende Funktion kann in diesem für die Analyse autonomer Ästhetik geschaffenen Raum für sich genommen relevant sein; sie tritt lediglich als untergeordnetes Element der ästhetischen Wirkung in Erscheinung.
Die derart ausgewählten, gesammelten und im Vergleich zueinander beurteilten Schöpfungen (den Bestand der ersten Museen und damit die erste Festsetzung des modernen Kunstbegriffs bilden Malerei, Skulptur und Zeichnung) werden gemeinhin unter dem Begriff (bildende) Kunst zusammengefasst.
Die beiden größten Zäsuren in der Entwicklung des modernen Kunstbegriffs sind die Publikation der ersten Kunstgeschichte im 16. Jahrhundert (Giorgio Vasari) und die Erfindung des Museums im 18. Jahrhundert.
Erstere bildet die geistige Voraussetzung für zweitere.
Das Museum tritt nicht als Gefäß in Erscheinung, das einen bereits existierenden Bestand an Kunst bloß aufnimmt, sondern es ist vielmehr ein Medium, das durch seine Praxis des Präsentierens bestimmter Objekte die Festlegung dessen, was Kunst überhaupt ist, erst hervorbringt.
Die Kunst des 20. Jahrhunderts ist in ihrer historisch einzigartigen Vielgestaltigkeit und Innovationskraft nur vor dem Hintergrund der Sammlung in Form der Institution Museum zu verstehen. Ihre Aufgabe und ihr Anliegen bestehen im Wesentlichen in dem ständigen Versuch, den gesammelten und etablierten Bestand an musealisierten Werken zu erweitern.
Diesen Versuch der Erweiterung gemäß der Logik der Sammlung (Groys) anzunehmen oder abzuweisen (bzw. zu ignorieren) ist die Aufgabe des Kunstdiskurses. Das wichtigste Medium der Präsentation und Rezeption von Kunst ist nicht die Ausstellung, sondern die publizierte Reproduktion. Damit untrennbar verbunden ist der das Kunstwerk reflektierende Text, dessen Funktion im Wesentlichen aus folgenden Bereichen besteht:

Erstens die Begründung, warum ein im Grunde beliebiger Gegenstand nun in die Tradition bspw. der abendländischen Skulpturen- oder Malereigeschichte einzufügen ist und welche Rolle dieser neue Gegenstand, das besprochene Kunstwerk in diesem historischen Zusammenhang hat.
Zweitens die Etablierung werkimmanenter Hierarchien. Das Lebenswerk eines Künstlers bspw. wird in das Frühwerk, einige Hauptwerke und das Spätwerk gegliedert, mit zeitgenössischen sowie historischen Positionen verglichen und bewertet. Die Vielzahl künstlerischer Positionen wird in übergeordnete Kategorien gegliedert (z.B. „deutscher Expressionismus“). Innerhalb dieser Kategorien wiederum werden weitere Differenzierungen eingeführt, z.B. die Bestimmung der Pioniere und ihre Abgrenzung von den epigonalen Positionen.
Drittens die Verknüpfung der behandelten Gegenstände mit anderen Wissensdisziplinen wie z.B. Geschichte, Literatur, Philosophie oder Psychologie. (...)

Termin

Public Access
Eröffnung, Ausstellung, Franz Zar, Angewandte, Akademie,Ve.Sch
Donnerstag, 19.05.2011 19:00
Ve.Sch Schikanedergasse
Schikanedergasse 11
1040 Wien
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