"Apparative Konstruktionen": Technik & Methode - Künstlerische Prozesse der Bildfindung

Montag, 16. Mai 2011 - 19:00 Uhr

Fotogalerie Wien

In der Eröffnungsausstellung stehen apparative Konstruktionen im Mittelpunkt. Während das Interesse üblicherweise mehr auf die Bilder gerichtet ist, die durch Apparate (apparare: herrichten) entstehen, sind hier die Apparate selbst das Thema der künstlerischen Arbeiten: ihre Konstruktion sowie die Frage, wie ihre unterschiedlichen technischen Beschaffenheiten inhaltlich und ikonografisch bildgebend werden. Die hier versammelten fünf Künstler präsentieren sich als Kamerakonstrukteure, als Erfinder und Forscher, die Apparaturen bauen, um ganz spezielle künstlerische Vorhaben realisieren zu können.


Philipp Fleischmann hat für seine Arbeit Cinematographie eine spezielle Camera Obscura entwickelt, die 16mm-Film nicht mehr als Aneinanderreihung von Einzelbildern wie im Kino auffasst, sondern für ein in einem Zug entstehendes Bild verwendet. Diese Kamera ermöglicht aufgrund ihrer 360°-Konstruktion eine durchgehende und zeitgleiche Einschreibung der Umgebung. In der Kamera befinden sich zwei aneinanderliegende Filmstreifen, die die äußere und innere Umgebung und somit auch den Apparat und die Bildproduktion selbst aufzeichnen. Diese durchgängigen, zeitgleichen Aufnahmen der Situation vermitteln in der Installation durch die Animation der filmischen Projektion die Wahrnehmung einer Kamerafahrt und repräsentieren doch einen filmischen Stillstand.

Martin Reinharts konstruierte im Laufe der Jahre unterschiedliche Apparaturen im Bereich des Bewegtbildes. tx-transform stellt die übliche Wahrnehmung eines filmischen Ablaufs auf den Kopf, indem die dafür entwickelte Apparatur Zeit- und Raumachse vertauscht. In welchem Maß Apparaturen und Methoden ihrer Anwendung filmische Inhalte generieren und damit selbst zu Bilderfindern werden, zeigen Projekte, die mit und für andere KünstlerInnen und FilmemacherInnen entstanden sind. Kurze Filmsequenzen, irritierende visuelle Déjà Vus, waren das Ergebnis einer Konstruktion für Christoph Brunners 3 Minuten: dabei lief viele Male dieselbe Rolle Film bei der Aufnahme durch die Kamera. Die technische Realisierung eines Dolly Zooms für Johann Lurfs Vertigo Rush – ein Kamerazoom synchronisiert mit einer Kamerafahrt – verflüssigt den Raum und überantwortet diesen stufenlos der Abstraktion. In der Ausstellung sind erstmals parallel zu den Videos auch die dafür entwickelten Apparaturen zu sehen.

Michael Schuster ist interessiert an Fragen nach Wahrheit und Wahrnehmung von Realität sowie an der Konstruktion von Wirklichkeit und deren Bedingungen. Dabei interessiert er sich auch ganz speziell für die Kamera „an sich”, die bis zum Anfang des letzten Jahrhunderts als „authentisches” Medium der Wirklichkeitsabbildung galt. Die Kamera wird bei Schuster selbst zum Ausstellungsobjekt. Indem er eine Hasselblad-Kamera mit Objektiven an allen vier Seiten konstruiert, eine Art Versprechen totaler Wahrnehmung, hinterfragt er auf irritierend-ironische Weise und mit dem Mittel der Täuschung - die Kamera funktioniert tatsächlich nicht - die objektive Abbildbarkeit von Welt.

Gebhard Sengmüller bezeichnet seine Apparatur A Parallel Image als „medienarchäologische“, interaktive Skulptur, als elektronische Camera Obscura, bei der offensichtlich das Gehäuse, die äußere Form entfernt wurde. Es handelt sich um das Modell eines komplizierteren Mechanismus’, der auf seine wesentlichen Funktionen reduziert zu sein scheint. Und tatsächlich verwendet diese Skulptur eine Methode, die für eine apparative Bildproduktion signifikant ist: das, was die menschliche Wahrnehmung als Bild dekodiert, wird aus ähnlich gestalteten Elementen zusammengesetzt. Mit dieser Apparatur wird die Beschaffenheit moderner Bildsysteme hinterfragt.

Nach der griechischen Bezeichnung „Acheiropoieton“ (ein nicht von menschlicher Hand, sondern selbsttätig entstandenes Bild) nennt Konrad Strutz seine spezielle Maschine zur Übertragung eines Raums in eine Ebene. Die Apparatur ordnet jedem Bildpunkt eine genaue, orthogonal dazu liegende Stelle des Raums zu. Sie funktioniert ähnlich wie ein Scanner: die automatisierte, programmierte Mechanik liest sein Gegenüber Bildpunkt für Bildpunkt und Zeile für Zeile in einem Zeitraum von mehreren Stunden in digitaler Form ein. Anders als in der herkömmlichen Fotografie werden dabei nicht Lichtstrahlen unterschiedlicher Winkel in einem Brennpunkt gebündelt und rund um einen Fluchtpunkt zu einem Bild geformt, sondern jede einzelne Stelle im Bild hat die Eigenschaften eines Fluchtpunkts.

Termin

Public Access
Eröffnung, Ausstellung, Technik, Fotogalerie
Montag, 16.05.2011 19:00
bis Samstag, 11.06.2011
Fotogalerie Wien
Währinger Straße 59
1090 Wien
Merken
Links
Schließen
Zum eSeL Twitter Kanal


Mehr Informationen finden Sie in unserer Daten­schutz­erklärung
Schließen
Zur eSeL Facebook Page


Mehr Informationen finden Sie in unserer Daten­schutz­erklärung
Die Webanalyse durch Google Analytics wurde deaktiviert.