Insel Nr. 5: leer

Donnerstag, 08. Januar 2009 - 20:00 Uhr

Akademie der bildenden Künste Wien

Zuweilen hat es den Anschein, als ob viele der medialen Spektakel der Gegenwart nur deswegen in Szene gesetzt würden, damit man ein anderes Absentes nicht anrührt und man von einer anderen Leerstelle, die ein Verdrängtes markiert, fernbleiben kann: von einer Hinterlassenschaft, die von der Macht des Politischen herrührt und auf das Leben Einzelner hereinbricht.

"Dieser Ort ist ein anderer" - so könnte der gemeinsame Nenner für die Auseinandersetzung mit den verdrängten, verborgenen oder verschütteten Spuren konkreter Ereignisse und traumatischer Präsenz lauten, welche die Arbeiten der KünstlerInnen aus Tanz, Performance und bildender Kunst in dieser Programmierung verbindet.

Leitmotivisch im Zentrum stehen dabei die Begriffe Leere und Absenz, die als ein wichtiges Formmotiv der Moderne – die Trennung von Raum und Ort - so bedeutungsvoll geworden sind. Auf einer ganz anderen, konzeptuellen Ebene spielen sie außerdem in Tanz und Performance des letzten Jahrzehnts eine gewichtige Rolle. Leere und Absenz sind jene Denkfiguren, mittels derer eine kritische Befragung der Disziplin selbst stattfindet, oder, genauer, die Frage nach den Bedingungen, unter denen Zeit und Raum durch einen performativen Akt strukturiert und Anwesenheit und Abwesenheit in den Zusammenhang eines szenischen Ereignisses gebracht werden.

Jenseits der konzeptuellen und institutionskritischen Selbstbeobachtung ist gerade in letzter Zeit die Frage nach einer "Politik der Form" wieder brisant geworden und damit auch jene nach einer inhaltlichen Dimension des Verhältnisses von Absenz und Präsenz. Erinnerung und Wieder-Inbesitznahme, Aufhellung und (Re-)Inszenierung von konkreter Geschichte bilden vielfältige Bezugsgeflechte in den Arbeiten der Programmierung leer. Oft lassen sie sich nicht auf den ersten Blick erschließen, und immer insistieren sie auf eine kritische Analyse der Funktion theatraler Form.

In ihrer spezifischen Suche nach den Spuren einer anderen Präsenz gehen die für leer speziell entwickelten Projekte von Claudia Bosse, Tim Etchells/Forced Entertainment, Philipp Gehmacher und Vladimir Miller, Rabih Mroué, die Arbeiten von Lola Arias und Stefan Kaegi, von Vit Havránek und Boris Ondreička, sowie das begleitende Labor und ein Ausstellungsprojekt dem von der Leere der gegenwärtigen Spektakel der Präsenz Verdrängten nach.

Das Stadtkino Wien veranstaltet parallel im Zeitraum 09. –15. Jänner leer - Die Filmschau (kuratiert von Claus Philipp und Franz Schwartz) mit Filmen von Aki Kaurismäki, Nicolas Klotz, Claude Lanzmann, Chris Marker, Rithy Pan, Corneliu Porumboiu und Gus Van Sant sowie den Libanonschwerpunkt I WANT TO SEE.


Programmierung: Martina Hochmuth, Georg Schöllhammer
Projektorganisation: Isabella Kresse Produktion: Tanzquartier Wien in Kooperation mit Akademie der bildenden Künste Wienund Stadtkino. Mit Unterstützung von Pro Helvetia.

Konzept: Philipp Gehmacher, Vladimir Miller Choreografie und Darstellung: Rémy Héritier, Philipp Gehmacher, Christine de Smedt

dead reckoning ist eine choreografische Arbeit für Kamera und Projektion, zwei Darsteller und einer Darstellerin. Vier Videoaufnahmen werden simultan auf einer freistehenden Struktur aus zwei einander kreuzenden Projektionsflächen gezeigt. Die Aufnahme geschieht zuvor ebenso simultan durch vier in einem Quadrat um die TänzerInnen positionierten Kameras.

dead reckoning des erfolgreichen österreichischen Choreografen Gehmacher und des Videokünstlers Miller suggeriert die Möglichkeit einer Übersicht, eines panoramischen Blickes auf einen performativen Akt, verbirgt jedoch gleichzeitig Teile davon vor dem Zuschauer. Die Rekonstruktion des Raumes und des Geschehens durch die Videoaufnahme führt zu einer Fragmentierung der Sicht und der Bilder der Körper, sie reduziert einen räumlichen Vorgang auf das Bildhafte, das Spiel der Kamera mit der Realität der Bewegung. Der choreografische Interaktionsraum wird zu einem Bildraum. Die Illusion totaler Übersicht wandelt sich installativ zu einem Konstrukt mit Nischen und findet immer nur über ein Aussen statt. Der Zuschauer muss sich in Bewegung setzen und diese Re-konstruktion umkreisen.

Produktion: Philipp Gehmacher / Mumbling Fish Koproduktion: Tanzquartier Wien
Philipp Gehmacher / Mumbling Fish ist gefördert durch die Kulturabteilung der Stadt Wien.

Premiere der Videoinstallation: Do 08. Jan. 20.00 h
Weitere Präsentationen: Fr 09. bis Fr 16. Jan. 17.00 und 19.00 h, außer Sonntag

Eintritt: Ausstellung und Videoinstallation frei
Akademie der bildenden Künste / Aula und Ausstellungsraum: Schillerplatz 3, 1010 Wien

leer - Gesamtprogramm

08.01.2009 20.00 h Akademie
09.01.2009 17.00 h Akademie
09.01.2009 19.00 h Akademie
10.01.2009 17.00 h Akademie
10.01.2009 19.00 h Akademie
12.01.2009 17.00 h Akademie
12.01.2009 19.00 h Akademie
13.01.2009 17.00 h Akademie
13.01.2009 19.00 h Akademie
14.01.2009 17.00 h Akademie
14.01.2009 19.00 h Akademie
15.01.2009 17.00 h Akademie
15.01.2009 19.00 h Akademie
16.01.2009 17.00 h Akademie
16.01.2009 19.00 h Akademie

Termin

eSeL's Neugierde
Donnerstag, 08.01.2009 20:00
bis Dienstag, 27.03.2018
Akademie der bildenden Künste Wien
Schillerplatz 3
1010 Wien
Akademie der bildenden Künste Wien Schillerplatz 3 1010 Wien
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