Feminist Press:ure

Donnerstag, 30. September 2021 - 14:00 Uhr

Depot. Kunst und Diskussion

Feminismus, Medien, Aktivismus

Feminismus ist Trendthema! Noch nie zuvor gab es derart viel Aufmerksamkeit für feministische Inhalte wie heute. Nicht erst, aber vor allem seit MeToo greifen nicht nur die sozialen, sondern zunehmend auch die klassischen Medien frauenpolitische Themen auf. Feministische Forderungen erhalten so einen erfreulichen Auftrieb und eine noch nie dagewesene Reichweite.
Doch leider hat diese Entwicklung bislang wenig konkrete Konsequenzen. Statt politischer Maßnahmen gegen strukturelle Diskriminierung werden bestenfalls Bewusstseinskampagnen lanciert, die letztlich die Verantwortung an die Individuen delegieren. Was können feministische Stimmen dagegenhalten, um grundlegende politische Veränderungen zu forcieren? Wie können wir neue mediale Technologien nutzen, ohne dabei in eine auf Quoten schielende Medienlogik zu tappen? Eine mediale Aufmerksamkeitsökonomie, die eine radikale Rhetorik bei feministischen und anti-rassistischen Belangen nur als Clickbait nutzt und Feminismus dabei als emotionalisierten und polarisierenden Debattenbeitrag behandelt. Wie können wir Solidarität zwischen Feminist*innen trotz unterschiedlicher inhaltlicher und identitätspolitischer Standpunkte ermöglichen?

Die Tagung Feminist Press:ure wird sich in Vorträgen, Podiumsdiskussionen und Workshops diesen Fragen widmen. Wir werden die Chancen und Risiken der Verzahnung der neueren feministischen und digitalen Entwicklungen diskutieren und analysieren, wie diese eine starke Sozial- und Gleichstellungspolitik anstoßen könnte.

Mit Ferda Ataman, Teresa Bücker, Beatrice Frasl, Jelena Gučanin, Beate Hausbichler, Noura Maan, Martina Madner, Corinna Milborn, Andrea Roedig, Nicole Schöndorfer, Andrea Seier, Lea Susemichel und Hengameh Yaghoobifarah
Eine Kooperation von an.schläge. Das feministische Magazin, dieStandard.at und Frauenservice Wien.

Anmeldung bitte mit Namen, Mailadresse (für Contact-Tracing) und der Info, ob die Anmeldung für beide Tage erfolgt oder nur für einen: anmeldung@ma57.wien.gv.at
Es gilt die 3G-Regel, bitte einen entsprechenden Nachweis mitbringen.

Die Konferenz wird live auf Youtube gestreamt:

30.9., 14.00 – 20.00: https://www.youtube.com/watch?v=HLM1oVZ03Cs
1.10., 10.00 –19.00: Tag 2: https://www.youtube.com/watch?v=2KPyyyMNKDc


DONNERSTAG 30.9.,
14.00-15.30, Panel I: Lea Susemichel & Beate Hausbichler

Lea Susemichel: Feminist Press:ure. Was zeichnet engagierte emanzipatorische Medienpolitik aus?

Feministischer Journalismus will die Welt verändern. Der Kampf für Geschlechtergerechtigkeit, Gleichheit und ein gutes Leben für alle ist auf Medien als unverzichtbares demokratisches Mittel der Kritik und Kontrolle unbedingt angewiesen. Doch wie lassen sich feministischer Aktivismus und Medienarbeit vereinbaren? Steht engagierter Journalismus nicht im Widerspruch zu den journalistischen Standards von Objektivität und Ausgewogenheit?
Feministische Journalist:innen müssen den Spagat schaffen und die vermeintliche Objektivität des medialen Main- und Malestream kritisieren, ohne sich dabei mit rechtspopulistischer Medienhetze gemein zu machen. Sie sollten parteiisch sein, dabei aber keinesfalls tendenziös werden. Sie müssen Visionen entwerfen und eigene Themen setzen, aber auch bestehende Realitäten analysieren und Fake News Fakten entgegensetzen. Sie stellen Feminismus ins Zentrum, verbinden aber auch andere Kämpfe intersektional miteinander.
Feministische Medienpolitik muss zudem gleich in zwei Richtungen wirken,
nach außen wie nach innen. Schließlich dient sie der Formulierung frauenpolitischer Forderungen ebenso wie der Selbstvergewisserung und Stärkung feministischer Bewegungen. Feministischem Journalismus geht es dabei nicht um „Frauenthemen“. Denn egal ob Sozialpolitik, Corona oder die Klimakrise: Jedes Thema ist ein feministisches Thema.

Lea Susemichel, geboren und aufgewachsen in Deutschland, studierte Philosophie und Gender Studies in Wien mit Schwerpunkt feministische Sprachphilosophie. Als Autorin, Journalistin, Lehrbeauftragte und Vortragende arbeitet sie zu den Themen feministische Theorie & Bewegung und feministische Medienpolitik. Seit 2006 ist sie leitende Redakteurin des feministischen Magazins an.schläge aus Wien. Zuletzt erschienen (gem. mit Jens Kastner): „Identitätspolitiken. Konzepte und Kritiken in Geschichte und Gegenwart der Linken“ und „Unbedingte Solidarität“ (2021)

Beate Hausbichler: Warum Feminismus heute besser denn je funktioniert

Spätestens seit #MeToo ist jeder Zeitung klar, dass sie Feminismus nicht mehr auslassen kann. Und schon davor konnten sich feministische Diskurse via Soziale Medien eine noch nie dagewesene Sichtbarkeit verschaffen – nicht zuletzt auch deshalb, weil genau dort die Hassrede blüht, Positionen verkürzt werden und schlicht die Fetzen fliegen. In den vergangenen Jahren wurden in den Redaktionen Feminismus deshalb vor allem als Debattenthema verhandelt. Alles wird zur Diskussion gestellt. #MeToo war hierfür ein eindrucksvolles Beispiel: Abertausende berichten via Twitter von sexualisierten Übergriffen, das Feuilleton honoriger Wochenzeitungen meint dennoch abwägen zu müssen, wie groß das Problem denn „tatsächlich“ ist. Und: Sie heuert schon für die nächste Ausgabe eine feministische Autorin als Konterpart an.
Deshalb sehen sich feministische Aktivist*innen, Expert*innen und feministische Journalist*innen zunehmend mit der Frage konfrontiert, wo sie noch mitmachen sollen. Sollen wir auf Podien, um Laienmeinungen zu Gleichstellungspolitik und antifeministische Positionen gerade zu rücken? Auf Artikel reagieren, die nur so vor Misogynie strotzen? Als feministische Journalist*innen Themen aufgreifen, die zweifelsohne eine große Leser*innschaft bringt – aber im Grunde dazu beitragen, dass wir uns weiter in einer destruktiven Spirale der maximalen Aufregung befinden?

Beate Hausbichler, geboren 1978 in Reith im Alpbachtal (Tirol), lebt in Wien. Sie hat Philosophie an der Universität Wien studiert und ist seit 2008 Redakteurin bei der österreichischen Tageszeitung DER STANDARD, seit 2014 leitet sie deren frauenpolitisches Ressort dieStandard. Zuletzt erschienen: „Der verkaufte Feminismus“ (2021).

15.30- 16.00 Pause


16.00-17.30, Panel II: Andrea Roedig & Beatrice Frasl

Andrea Roedig: Frauen – Gender – Queer

„Sex sells“ heißt eine immer gültige Regel für den Journalismus, und das macht auch „Geschlecht“ zu einem vorzüglichen Thema für die Medien. Ich gebe in meinem Statement einen kurzen Abriss der publizistisch aufbereiteten „Frauenthemen“ in Printmedien und deren Veränderung in den letzten 30 Jahren. Was wird Thema? In welche Richtung verschieben sich die Schwerpunkte? Wie verhalten sich linke- und Mainstreammedien zueinander und welchen Einfluss haben hier eigentlich die Gender Studies?

Andrea Roedig, geboren in Düsseldorf, ist freie Publizistin in Wien. Sie promovierte im Fach Philosophie, war wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Freien Universität Berlin; von 2001 bis 2006 leitete sie die Kulturredaktion der Wochenzeitung Freitag. Andrea Roedig schreibt für Rundfunk und Printmedien in Deutschland, Österreich und der Schweiz, vornehmlich in den Bereichen Gender, Alltagsreportage und Kulturessay. Sie ist Mitherausgeberin der Literaturzeitschrift „Wespennest“ und Textchefin des österreichischen Abo-Magazins „Welt der Frauen“. Etliche ihrer Reportagen und Essays erschienen in Buchform unter den Titeln „Über alles was hakt“ (2013) und „Schluss mit dem Sex“ (2019); 2022 erscheint ihre Monografie „Man kann Müttern nicht trauen“ bei DTV.

Beatrice Frasl: Das Private und das Politische in der digitalen Aufmerksamkeitsökonomie

Auf sozialen Medien werden Betroffenheitserzählungen für politischen Diskurs gehalten. Insbesondere wenn es um psychische Gesundheit geht, beginnt und endet die Debatte oftmals bei individualisierten Schilderungen der eigenen Betroffenheit in Verbindung mit Handlungsaufforderungen an andere Individuen, etwa der Aufforderung, sich bei Bedarf Hilfe zu holen. Dass diese Hilfe oftmals nicht zur Verfügung steht, und schon gar nicht allen, bleibt ebenso unerwähnt wie alle systemischen und politischen Implikationen psychischer Gesundheit. Ähnlich trägt es sich in feministischen Debatten zu: Solidarität wird durch neoliberale Identitätspolitik ersetzt, Diskurs und Argumentation durch betroffenheitsfeministischen Autoritarismus. Einzelne werden zu feministischen Superheldinnen oder Personae non gratae hochstilisiert. Social Media richtet den Blick aufs Individuum und weg vom Kollektiv.

Beatrice Frasl hat Anglistik und Amerikanistik mit kulturwissenschaftlichem Schwerpunkt und Gender Studies studiert. Sie lebt und arbeitet in Wien als Podcaster („Große Töchter“), Autorin, Kolumnistin (Ent-Störungsbericht, futter/Kleine Zeitung), freie Journalistin und Vortragende. Auf Instagram und Twitter schreibt sie schwerpunktmäßig zu den Themen Feminismus und psychische Gesundheit.

17.30-18.00 Pause

18.00-20.00: Podiumsdiskussion I: Feminist Press:ure auf den Main- und Malestream.
Mit Corinna Milborn, Jelena Gučanin, Maria Pernegger (angefragt), Hengameh Yaghoobifarah, Beate Hausbichler
Moderation: Lea Susemichel

Termin

Uhu Diskurs
Tagung, Medien, Feminismus, an.schläge, dieStandard, Frauenservice Wien
Donnerstag, 30.09.2021 14:00
Online Event

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