Paintings of colour
eSeL Foto: Ruth Baumgarte "Africa: Visions of Light and Colour" (Albertina, 7.12.22 - 5.3.23)
In der Kunsthalle Krems wie auch der Albertina zeigen sich an den Wänden Möglichkeiten von Malerei – und die Institutionen zwei Herangehensweisen, wie People of Colour im Kunstbetrieb inszeniert werden.
In Krems drängt bei “New African Portraiture. Shariat Collections” eine neue junge Generation aus dem Besitz eines gewieften privaten Sammlers an die Wände einer öffentlichen Institution (und damit noch gezielter in gehobene Preisniveaus).
In der Albertina bei “Africa: Visions of Light of Colour” ist es die Stiftung der verstorbenen deutschen Malerin Ruth Baumgarte, welche sich an Land und Leuten (und Licht) in Afrika nicht satt sehen konnte, um diese in ihrer Malerei abzubilden.
Natürlich drängt sich beim eSeL im Angesicht von…hm… gerahmter Blackness die Frage, wer hier wen inszeniert. Oder wie weit im Rahmen einer Gruppenausstellung gesellschaftliche Verkrustungen bezüglich Race, Gender und Exotismus (mit dem wohlgemeinten Ziel, sie zu entzaubern) nicht erst recht bestärkt werden.
Die während des Eröffnungswochendes in Krems anwesenden jungen Künstler:innen schienen die Exposure im Rahmen der Pressekonferenz jedenfalls zu genießen – die Kunstkarriere der chosen few scheint unaufhaltsam: Bei der Fotosession erprobt der junge Alexandre Diop Outfits und Posen, um auch auf den Fotos als Künstler passend rüberzukommen. Nebenan inspiziert ein sehr bekannter Fußball-Star (der sonst Street Art sammelt), wie das Bild eines Cowboys, das er unlängst für seine Privatsammlung erworben hat, plötzlich in einer “echten” Ausstellung hängt.
In der Albertina ist der Künstler Athi-Patra Ruga von Fragen wegen Herkunft und Hautfarbe (bzw. generell von Generalisierungen) sichtlich genervt und wünscht sich, dass man ihn nur aufgrund seiner Kunst beurteilen möge. Und fürwahr bekommt man in der Albertina auf einer gigantischen Teppicharbeit zu sehen, wie sich ein Militärführer in ein zauberhaftes Mischwesen mit Fischflosse verwandelt. Im Kunstwerk bekommt man die Auflösung von Rollenbildern und Stereotypen als utopische Fantasien vor Augen geführt.
Drei von Rugas Werken wurden zwischen die Farbwelten aus Tieren, Landschaften und Afrikanerinnen der Baumgarte-Werke gehängt – und leiten damit die Aufmerksamkeit
für eine europäische Malerin auch auf einen “younger artist” weiter, dessen Prioritätensetzungen im Pressetext als Überwindung “dogmatisch eingesetzten, postkolonialen Wissens” nachzulesen sind.
Die verschiedenen Herangehensweisen an Kunst beziehungsweise Malerei zu inspizieren ist für Kunstfreund:innen sicherlich spannend – auch wenn man nicht weiß, welche Farbe hinter dem Pinsel steckt. Wie Machtverhältnisse (und Geldmittel) im Hintergrund wirken, bleibt dabei unsichtbar. Veränderung findet erst über die breiteren Diskussionen abseits der Kunstfragestellungen statt.
Auch wenn sich die Geschichte von Leinwänden an Ausstellungswänden durchaus weiter entwickelt: “Kunstgenuss” bzw. was “wir” darunter verstehen ist von westlichem Kunstmarkt geprägt, dessen Aufstieg seit dem 19. Jahrhundert sich dem Anstieg des bürgerlichen Wohlstands verdankt. Die gesellschaftlichen Ungleichgewichte wirken hier auch im 21. Jahrhundert weiter. Wenn wohlhabende Käufer:innen Kunst für ihre Wände (oder ihr Sammlungs-Portfolio) kaufen und damit Künstler:innen “künstlerische Freiheit” finanziell ermöglichen, bleiben die sozialen Hierarchien unverändert, egal wie gesellschaftskritisch die Kunst inhaltlich auch sein möge. Im Idealfall schaffen’s die Künstler:innnen halt auch in den Kreis der Wohlhabenden.