Kontext statt Keller

eSeL Foto: Hitler entsorgen (Haus der Geschichte Österreich, 12.12.2021 - 9.10.2022) eSeL Foto: Hitler entsorgen (Haus der Geschichte Österreich, 12.12.2021 - 9.10.2022)

Wer sich nach verpönten Originalen sehnt und angesichts aktueller Debatten Gefahr läuft, es mit Zensur zu verwechseln, wenn eine bunt durchmischte Gesellschaft endlich Veränderungsschritte setzt – damit Freiheit von Kunst, Sprechen und Denken für alle (!) gewährleistet und angeregt werden kann, ohne mit dem Zeige- beziehungsweise Stinkefinger zu wedeln, und weil es möglich sein darf, aus Fehlern (und der Geschichte) zu lernen – dem/der kann der eSeL die aktuelle Ausstellung „Hitler entsorgen“ im Haus der Geschichte Österreich nur wärmstens empfehlen.

Beispielhaft wird hier präsentiert wie man sich als Museum der Frage stellt, Nazi-Devotionalien und sonstige Grausligkeiten zur Schau zu stellen, beziehungsweise für die eigene Sammlung geschenkt zu bekommen – mitunter mit dem Hinweis, dass nur so verhindert werden könne, dass Dinger am Schwarzmarkt landeten. (Dabei erfährt man auch gleich, warum es mit gutem Grund ein „Verbotsgesetz“ gibt.)

Im Museum bekommen Objekte zusätzliche Relevanz und Aufmerksamkeit. Anders als im Internet, in dem zu allererst der Kontext flöten geht, kann jedes Objekt gezielt in inhaltlichem Zusammenhang – buchstäblich – gerahmt werden. Das Haus der Geschichte hat für „Hitler entsorgen“ – justament neben dem …räusper… berüchtigten Hofburg-Balkon am Heldenplatz – eine raffinierte Auswahl an Schenkungsangeboten aus der NS-Zeit auf jenen Tischen arrangiert, an denen sonst die Museumsmitarbeiter:innen mit ihren Sammlungen arbeiten und über jene Fragen brüten, die auch den Ausstellungsbesucher:innen an der Kassa mittels raffinierten Mitmachkarten mit auf den Weg gegeben werden. Diese ergänzen übrigens laufend die Ausstellung – und sind inzwischen selbst Teil der Museumssammlung geworden.

In der „Making of“-Diskussion am Dienstag erfuhr der eSeL, dass das kuratorische Team gleich von Anfang an gemeinsam mit den Kunstvermittler:innen das Ausstellungskonzept ertüftelt, um inhaltliche Fach-Kompetenz vom teilnehmenden Publikum profitieren zu lassen und vice versa. Hinzu kommt, dass Spender:innen mit dem Kontakt ans Museum oft auch persönliche Familiengeschichten und -traumata bewältigen. Und so erschienen jene umso zahlreicher, die dank Mitwirkung nicht mehr auf die Rolle des passiven „Publikums“ reduziert werden.

P.S.: hdgö-Direktorin Monika Sommer erhielt übrigens als Anerkennung für ihre „Volksbildung” diesen Dienstag den Preis der Stadt Wien verliehen. Der eSeL tät ihr wünschen, dass damit auch mehr Sichtbarkeit (und viel mehr Platz) für das von ihr vor fünf Jahren begründete Museum einher ginge, das weiterhin allzu gut hinter der Fassade der Hofburg/Nationalbibliothek am Heldenplatz versteckt ist.

P.P.S.: Der ECM-Lehrgang, durch den viele der frischen Ausstellungsmacher:innen hervorgingen, die jetzt erfolgreich in die Institutionen sickern und wirken, feierte letzte Woche sein 20-jähriges Jubiläum. eSeL gratuliert auch dazu. >:e)

Hitler entsorgen. Vom Keller ins Museum

Making of: Hitler entsorgen

/ecm Conference and Reception

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