#eSeLSCHWARM feat. LAchs: Was für ein Theater? VI

eSeL Foto: Schauspielhaus Wien Hotel (bis 27.2.2022) eSeL Foto: Schauspielhaus Wien Hotel (bis 27.2.2022)

Interaktiv-immersives Theater: Kein Bad in der Menge

Die Realität geht mir oft auf die Nerven. Jeden Tag Alkohol zu trinken ist keine Lösung, und andere bewusstseinsverändernde Drogen sind illegal. Also gehe ich ins Theater um vor ihr abzutauchen. In zwei Theaterhäusern ist mir das wortwörtlich gelungen.

In den guten alten Zeiten, als das Schauspielhaus noch ein Hotel war, durfte dort natürlich auch der Pool nicht fehlen. Während abendlicher Performances hatte man die Gelegenheit sich alle Räume des Hotels anzuschauen – Ich bin sofort baden gegangen. Möglich war das im Bällebad, das im Haus installiert wurde.

Nachdem ich hineingesprungen bin, habe ich diese kindliche IKEA-Freiheit gefühlt, die einen überkommt, wenn einen die Eltern dort bei der Tagesbetreuung abgegeben haben und dann stundenlang die neue Couch aussuchen gegangen sind. Ich hatte schon ganz vergessen, wie sehr mir das Bällebad in all den vergangenen Jahren gefehlt hat.

Im brut haben gesellschaftliche Normen, auf Badekugeln geschrieben, baden gehen können – und mit ihnen auch meine Füße. Es war ein entspannendes Schaum-Fußbad, in dem ich fast versunken bin. Es wurde performt, aber ich konnte nur zuhören, und die Performance nicht sehen, weil ich zu sehr davon vereinnahmt war, nicht im Schaum zu versinken. Ich habe nämlich den Badezusatz überdosiert und dann den Massageknopf der Fußbadwanne betätigt. Ein No-Go im Theater. Ich hatte irgendwie auch das Gefühl, dass wir deshalb schneller zum nächsten Teil der Performance übergegangen sind. Nur Genderkonventionen hätten baden gehen sollen, nicht auch das Publikum.

eSeLSCHWARM LAchs Foto: CHICKS* freies performancekollektiv "Deep Dancing" (Imagetanz, brut, 11.-13.3.22) eSeLSCHWARM LAchs Foto: CHICKS* freies performancekollektiv "Deep Dancing" (imagetanz, brut, 11.-13.3.22)

Nach diesen Erlebnissen habe mich gefragt, warum wir nicht bei jeder Kulturveranstaltung Bäder nehmen. Ein Bad in der Menschenmenge nehmen wir bei solchen Gelegenheiten oft, aber warum keines in Wasser, oder auch in Plastikbällen? Kunst im Schwimmbad zu machen ist wahrscheinlich schwieriger, und wenn sich alle Besucher:innen eines größeren Events die Schuhe für ein Fußbad ausziehen, ist das wahrscheinlich eklig. Das Baden muss experimentellen, kleinen Orten vorbehalten bleiben, an denen das Publikum aufgeschlossen genug ist, die Fassade abzulegen und die Hüllen fallen zu lassen.

Nach diesen reinigenden Theaterbesuchen habe ich mich besser als nach einer Beichte gefühlt. Die Offenheit gegenüber immersiven Theaterformen, also solchen, in die man eintauchen kann und deren Teil man wird, wird mit unvergesslichen Erlebnissen belohnt.

Text & Foto: LAchs & eSeL

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