All Tomorrow’s Parties

We can't find the internet
Attempting to reconnect
Verbindung zu esel.at
Provokant, sinnlich, neu! Ende der 1950er-Jahre platzte eine Zeitschrift in den biederen deutschsprachigen Illustriertenmarkt, deren Einfluss auf die nachfolgende Publizistik kaum größer hätte sein können. twen, ein in tiefes, existentialistisches Schwarz gehülltes Heft, schrieb gegen das Alte an, setzte auf Hedonismus, sexuelle Befreiung, Konsum und Jugendkultur und prägte so das kulturelle Denken einer ganzen Generation. Die radikale Gestaltung von Artdirector Willy Fleckhaus machte twen auch international zur Blaupause für eine Reihe von Magazinen: The Face in England, Actuel in Frankreich oder der Wiener in Österreich wären ohne die von 1959 bis 1971 in Köln erschienene Zeitschrift kaum denkbar.
twen übersetzte jugendliches Aufbegehren in große Optik. Fleckhaus erhob die Doppelseite zum eigenständigen Medium mit über den Bund laufenden, angeschnittenen Fotos, immer wieder unbedrucktem Raum und bildhaft eingesetzter Schrift. Unter seiner Regie wurde das Heft mit Bildstrecken von Irving Penn, René Burri oder William Klein zum Schaufenster internationaler Kamerakunst und zum Sprungbrett für junge Talente wie Charlotte March, Christa Peters oder Will McBride.
In der Themenwahl gab sich die Zeitschrift, vor allem in den Anfangsjahren, ausgesprochen politisch, pazifistisch, antinazistisch, international und aufgeklärt. Mit Titeln und Storys zu Aussteiger:innentum und Abtreibung, APO (Außerparlamentarische Opposition), Gleichberechtigung, Homosexualität, Rassismus und Antisemitismus zog man gegen überkommene Ideologien und Normen zu Felde, gegen falsche Ethik und verkrustete Moral. Das zeitgenössische Publikum sah darin wahlweise den Ausdruck einer neuen Zeit oder das Symbol sittlichen Verfalls. Das Blatt wurde geliebt oder gescholten, mit internationalen Preisen für Gestaltung überhäuft und auf den Index für jugendgefährdende Schriften gesetzt. Dazwischen schien es nichts zu geben. Wie unter einem Brennglas spiegelt twen den kulturellen Aufbruch der 1960er-Jahre, seine Errungenschaften und seine Widersprüche, die bis in unsere Gegenwart hineinwirken.
Die wegweisende Gestaltung von twen und die anhaltende Aktualität seiner Themen zeigt die Ausstellung im WestLicht anhand ausgewählter Fotografien, Doppelseiten, Heftcover und Bildstrecken ikonischer Fotografinnen und Fotografen wie Bruce Davidson, Will McBride, F.C. Gundlach, Charlotte March, Horst H. Baumann, Ulrich Mack, Art Kane, Barbara Niggl oder Thomas Hoepker.