TONSPUR 94: Pablo Sanz
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89. TONSPUR-Artist-in-Residence at MQ Wien • TONSPUR_passage | Micro Museum for Sound • Feb 24—May 3 • daily / täglich 10–20 h • 60 min (∞) • preview Feb 23 • 17:00 • opening words Jacob Eriksen
PORTAL PHONOCENE ist eine spezifisch für die TONSPUR_passage im Museumsquartier gestaltete Klangarbeit. Als Teil der laufenden Serie PHONOCENE ~ SPECTRAL AFFECTS lädt sie das hörende Publikum dazu ein, sich auf die Vitalität nichtmenschlicher akustischer Ausdrucksformen einzulassen. Die Arbeit entfaltet sich als Reihe von Klangräumen, die aus Aufnahmen arrangiert wurden, die in Amazonasteilen mit großer Artenvielfalt entstanden und die dann durch Spektraltransformationen umgeformt und erweitert wurden.
Die Komposition orientiert sich an der Koexistenz von Lebensformen in dichten Ökosystemen, wo sich Arten, um ihre akustische Kommunikation und ihr Gleichgewicht aufrecht zu erhalten, das Klangspektrum aufteilen. Dieses Prinzip, das als Hypothese akustischer Nischen bekannt ist, besagt, dass unterschiedliche Organismen ihr Vokalisierungen so aneinander anpassen, dass sich diese nicht gegenseitig akustisch maskieren. Die in der TONSPUR_passage ausgestellten, von Originalaufnahmen abgeleiteten und Klangdetails isolierenden Spektrogramme machen diese koexistenten Klangspektren sichtbar. Dabei zeigen sie die filigranen Wechselwirkungen in einer Klangökologie mit vielen Spezies.
Die klangliche Intervention verwebt subtil die sich ergebenden Rhythmen, täglichen Interaktionen und Klänge in und um die TONSPUR_passage und spielt so mit der Wahrnehmungsschwelle der Hörenden. Sie lädt dazu ein, selbst etwas zu entdecken, das sich im täglichen Klangfluss bildet und wieder auflöst. Bisweilen kaum hörbar, soll die Arbeit dazu anregen, sich aufs bewusste Hören einzustimmen. Die modifizierten Klick-, Surr-, Kratz-, Zwitscher- und Flüstergeräusche von Fledermäusen, Insekten, Amphibien und Vögeln treiben in einem spektralen Fluss und bilden damit einen liminalen Hörraum – ein Portal zu alternativen Formen zu hören und sich zu etwas in Beziehung zu setzen.
Der Begriff des Phonozäns wurde von Donna Haraway geprägt und von Vinciane Despret als Kontrapunkt zum Schlagwort des Anthropozäns erweitert. Es meint eine Epoche, in der wir Menschen uns auf alle Stimmen auf unserem Planeten einstimmen, einen Aufruf, auch über den Menschen hinaus zu hören, auf die Musikalität der Welt zu vertrauen und zu erkennen, dass uns diese Klänge mit dem Lebensgewebe der Erde versöhnen können. In unserer eskalierenden ökosozialen Krise soll das Phonozän unser Bewusstsein verändern – hin zu einer neuen Aufmerksamkeit und neuer Empathie und weg von anthropozentrischen Seins- und Denkweisen.
Pablo Sanz, geboren 1981 in Madrid, Spanien, lebt und arbeitet in Madrid und Las Palmas de Gran Canaria, Spanien. 89. TONSPUR-Artist-in-Residence im MuseumsQuartier Wien.