Walter Reisch
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Schon seit Jahrzehnten pflegt das Filmarchiv Austria die Erforschung und damit einhergehende regelmäßige Präsentation der Arbeit österreichischer Filmemigranten. Eine der erstaunlichsten Karrieren hat diesbezüglich Walter Reisch hingelegt, der als Regisseur, vor allem aber als Autor, sowohl das Weimarer Kino als auch den Wiener Film der 1930er-Jahre maßgeblich geprägt hat.
Von den Nazis ins Exil getrieben, wirkte er in den 1940er- und 1950er-Jahren als Star-Autor in Hollywood an so manchem Kinoklassiker mit. Reischs Schaffen steht beispielhaft für ein Kapitel der Filmgeschichte, das häufig übersehen wird – und gerade deshalb eine Wiederbegegnung lohnt.
»Inszenieren auf dem Papier …«
Nicht zuletzt durch seinen berühmten Onkel Otto Kreisler tritt der 1903 in Wien geborene Walter Reisch schon in frühen Jahren in Kontakt mit der Filmszene. Bereits mit knapp 18 Jahren schreibt er sein erstes Drehbuch. Mit Größen wie Alexander Korda oder Mihály Kertész ist er gut bekannt und wird bald Regieassistent.
Reisch glaubt an den Mythos der österreichischen Geschichte bzw. an dessen kommerzielle Verwertbarkeit, womit er den Grundstein für die späteren Erfolge des Wiener Films legt. Seine Fähigkeit, prägnante Sätze zu formulieren, macht ihn zum Titelschreiber für Stummfilme – doch der Tonfilm beschert ihm noch größere Erfolge. Neben Drehbüchern verfasst er nun auch Liedtexte und begreift früh, dass die Musiknummern in den Filmen dazu dienen sollen, die Handlung weiterzutragen. Seine durch und durch praktische Veranlagung als Autor fasst er später lapidar zusammen:
„Ich beherrschte das Handwerk, inszenierte auf dem Papier. Beschrieb genau Totale, Großaufnahme, Fahrt etc. Deshalb war es wichtig, dass ich wusste, wer Regie führen würde. Ich kannte die Grenzen der Regisseure genau.“
1930 holt ihn Erich Pommer für die UFA nach Berlin – ein Engagement, das drei äußerst fruchtbare Jahre zur Folge hat, in denen Reisch seinen Stil verfeinert und an einigen der (noch heute) beliebtesten Musikkomödien mitwirkt. Dort trifft er auf Willi Forst, mit dem er gemeinsam an den beiden Welterfolgen LEISE FLEHEN MEINE LIEDER und MASKERADE arbeitet.
Doch als die Filme in die Kinos kommen, hat sich der politische Wind in Berlin bereits gedreht. Wegen seiner jüdischen Abstammung muss Reisch nach Wien zurückkehren. „Europa wird immer trister“, telegrafiert er resignierend an Marlene Dietrich. In seinen beiden ersten Regiearbeiten saugt er diese Untergangsstimmung auf, verpackt sie aber noch einmal in verträgliche Dosen. Auf Einladung Kordas geht er zunächst nach London und emigriert in weiterer Folge in die USA.
Weil Reisch es immer verstanden hat, seine Bücher auf seine Stars zuzuschneiden, fällt ihm das Ankommen in Hollywood nicht besonders schwer. Bei MGM entstehen Klassiker wie NINOTCHKA oder GASLIGHT, später wechselt er zur 20TH CENTURY FOX, wo er am Marilyn-Monroe-Vehikel NIAGARA mitschreibt und mit seinem Autorenteam 1954 den Oscar für TITANIC erhält.
In der BRD versucht er es kurzzeitig noch einmal als Regisseur. Mit dem Ende des Studiosystems verstummt auch der Autor und Filmemacher Reisch – zumindest offiziell. Von Bernhard Frankfurter wird er für seine Dokumentation ON THE ROAD TO HOLLYWOOD noch einmal, kurz vor seinem Tod 1983, vor die Kamera geholt und präsentiert sich als gewitzter wie gerissener Erzähler.
Kurator: Florian Widegger