Henri Calef, IL/FR 1965
Drehbuch: Henri Calef, Edgar Morin, Maurice Clavel; Kamera: Jean Collomb, Claude Renoir; Schnitt: Henri Calef, Jacques Mavel; Musik: Henri Sauguet; Darsteller*innen: Karlheinz Böhm, Corinne Marchand, Brett Halsey, Michèle Girardon, Daniel Gélin, Rina Ganor. 35 mm, sw, 101 min. Französisch mit engl. UT
Zur Eröffnung der Reihe Befreiung! Neuanfang? läuft ein vernachlässigtes Meisterwerk des Holocaust-Kinos. Der ehemalige SS-Mann und Lagerkommandant Hans Wernert (Karlheinz Böhm) hat die Identität eines seiner jüdischen Opfer angenommen, sich nach dem Krieg als Jonathan Strauss in Israel eine neue Existenz als erfolgreicher Bauingenieur aufgebaut und die Jüdin Dahlia (Corinne Marchand) geheiratet. Als ein Soziologe (Brett Halsey) aus den USA Strauss im Zuge seiner Holocaust-Forschung interviewt, beginnt die Fassade zu bröckeln. Regisseur Henri Calef war ein faszinierender Außenseiter des französischen Nachkriegskinos, mit dem berühmten Soziologen Edgar Morin als Co-Autor entwarf er diese kompromisslose, hoch moderne Auseinandersetzung mit dem Holocaust und dessen Auf arbeitung: zugleich kühnes Drama und philosophischen Studie. L’heure de la vérité war seiner Zeit voraus und verschwand sowohl in Frankreich wie Israel gleich wieder aus den Kinos. Eine Wiederentdeckung. (C.H.)
Einführung von Christoph Huber