20.11.2024–26.11.2024, 21:00 bis 22:51 (deine Zeitzone)
Jeden Abend auf GPC Online Screen
http://streaming.goldenpixelcoop.com
Mit Arbeiten von Greta Alfaro, Tekla Aslanishvili, Lisa Truttmann
Kuratiert von Enar de Dios Rodríguez
Als James Watt 1776 die Dampfmaschine verbesserte, ahnte er vermutlich nicht, dass sie zu einem Symbol eines zukünftigen geologischen Zeitalters werden würde - das nun häufig erwähnte Anthropozän. Die Dampfmaschine, die für die Mobilität auf Eisenbahnschienen, die sich über das Land erstrecken, angepasst wurde, leitete eine radikale Veränderung von Raum und Zeit ein, die das Leben, die Produktion und damit auch den darunterliegenden Boden tiefgreifend transformierte. Einst unentbehrlich für die Beförderung von Menschen und Gütern, wurden große Teile des Eisenbahnsystems schon bald überflüssig, da sie angesichts profitableren Transportmitteln und der Verlagerung der Abbaugebiete obsolet wurden (Karten stillgelegter Schienennetze sind ein anschauliches Beispiel für diese Ruinen). Dennoch, selbst heute birgt die Eisenbahn das Versprechen des “Wohlstands”, wie das Projekt der Neuen Seidenstraße verdeutlicht: Das ambitionierte Infrastrukturprojekt soll die schnellste Eisenbahnverbindung quer durch Eurasien herstellen – eine gigantische Infrastruktur, die anstrebt die Globalisierung und den wirtschaftlichen Profit weiter zu optimieren.
Dieses zeitliche Paradox, das zwischen Obsoleszenz und Versprechen, Ruine und Konstruktion, aber auch Aufrechterhaltung eines Systems und seiner Sabotage angesiedelt ist, wird in dem Programm “Next Stop” mittels dreier Filme greifbar, deren Protagonisten die Eisenbahnsysteme in Österreich, Spanien sowie im Südkaukasus und der kaspischen Region sind. Von fragmentarischen bildschirmbasierten Erzählungen bis hin zu experimentellen Dokumentarfilmen und meditativen Erkundungen – jede Arbeit ist auf den Spuren von eisernen Linien, die sowohl ihre Einbettung in der Landschaft, als auch den politischen Kontext, die wirtschaftlichen Umstände und die Arbeit, die ihnen zu Grunde liegt, aufzeigen. Mit drei unterschiedlichen ästhetischen und narrativen Ansätzen will “Next Stop” das betrachten, was die Eisenbahn impliziert, nicht nur in materieller, historischer oder soziopolitischer Hinsicht, sondern auch mittels ihrer spezifischen Art von Bewegung und Vision.
PROGRAMM (112 min.)
21:00 - 21:20
“Tracks I-III” von Lisa Truttmann
21:21 - 22:07
“A State in a State” von Tekla Aslanishvili
22:08 - 22:52
“Decimocuarta estación (Fourteenth Station)” von Greta Alfaro
GPC STREAMS ist eine Reihe von Online-Screenings, die jeweils eine Bewegtbildarbeit eines Mitglieds der The Golden Pixel Cooperative als Ausgangspunkt nimmt und diese mit Werken internationaler Künstler*innen kombiniert. Das Ziel dieses Programms ist es, die aktuellen thematischen Interessen der Kooperative in einen breiteren künstlerischen sowie gesellschaftspolitischen Kontext zu stellen.
Lisa Truttmann
Tracks I-III / AT / 2021 / 20:00 min.
Inspiriert von Phantom Rides–Filme aus dem späten 19 Jahrhundert, die eine Zugfahrt aus der Perspektive der Lokomotive aufgezeichneten–verfolgt “Tracks I-III” alte und neue technologische Spuren, die sowohl Bewegung als auch Repräsentation geprägt haben. Historische Landschaften, die einst entlang von Eisenbahnlinien aufgenommen wurden, werden hier durch eine sorgfältig fragmentierte Szenerie aktualisiert, in der sich die Bewegung in alle möglichen Richtungen aufspaltet, verzweigt und fortschreitet. Truttmanns spielerische raum-zeitliche Verschiebungen sind jedoch an einem konkreten Ort und seiner Geschichte verwurzelt – einem Abschnitt der “Ischlerbahn”, einer der ersten bedeutenden Fernbahnstrecken Österreichs, die 1957 trotz heftiger Proteste aus allen Teilen der Bevölkerung stillgelegt wurde.
Tekla Aslanishvili
A State in a State / GE, DE, ES / 2022 / 47:00 min.
Aus einem Schlafzimmerfenster blickend, beginnt “A State in a State” mit einer persönlichen Schilderung über das Zusammenleben mit der nahen Eisenbahnlinie. Ausgehend von dieser intimen Perspektive dehnt der Film seinen Fokus aus und erforscht die historischen, geopolitischen und wirtschaftlichen Dimensionen, die mit dem Bau und der Segmentierung von Eisenbahnlinien im Südkaukasus und in der kaspischen Region verbunden sind. Dieser erweiterte Blick betrachtet aufmerksam die komplexen Verflechtungen zwischen Verkehrsnetzen und politischen Grenzen und enthüllt Eisenbahnlinien als potenzielle Instrumente für politische und soziale Sabotageakte.
Greta Alfaro
Decimocuarta estación (Fourteenth Station) / ES / 2019 / 41:05 min.
“Decimocuarta estación” ist ein einzigartiges Portrait entlang der Schienen des sogenannten “entleerten Spaniens” - ländliche Gebiete im Landesinneren, die seit den 60er Jahren eine enorme Abwanderung erfahren haben. Durch dieses bewegte Portraitieren lädt Alfaro uns zu einer meditativen Reise ein, bei der die Fortbewegung zu einem Akt des Sehens wird und umgekehrt. Üblicherweise in einer Installation als perfekter Loop präsentiert, in dem die Bewegung unendlich wird, bietet Alfaros Arbeit eine technisch ausgefeilte und poetisch durchdrungene Kontemplation, die uns nicht nur an eine Vielzahl von Orten, sondern auch in simultane Zeitlichkeiten führt.