„Sonne, liebe Sonne, schenk mir einen Strahl“ (Fritz Löhner-Beda, 1923)
In „WO DU NICHT BIST, KANN ICH NICHT SEIN!“ begeben sich Volkstheater-Ensemblemitglied Andreas Beck und Musiker Jens-Karsten Stoll (ACH, SISI – NEUNUNDNEUNZIG SZENEN, Volkstheater 2022) auf Spurensuche durch das bewegte Leben und umfangreiche Werk des 1883 in Böhmen geborenen und 1942 in Auschwitz ermordeten Librettisten, Schlagertexter und Schriftsteller Fritz Löhner-Beda.
Wer war Fritz Löhner-Beda?
Geboren in Böhmen als Bedrich Löwy, zog er bereits mit 4 Jahren mit seinen Eltern nach Wien. Dort nannte sich die Familie um und so hieß er von nun an Fritz Löhner. Nach und während seines Studiums der Rechtswissenschaften arbeitete er als freier Schriftsteller und schrieb zahlreiche Satiren, Gedichte und Schlagertexte sowie Zeitungsbeiträge. Da dies den Studenten streng verboten war, benutzte er dafür seinen früheren Spitznamen Beda als Pseudonym. In den 1920ern wurde er zu einem der meistgefragten Librettisten und Schlagertexter Wiens und gelang mit Werken wie DAS LAND DES LÄCHELNS (Franz Lehár, 1929) und DIE BLUME VON HAWAII (Paul Abraham, 1931) zu Weltruhm.
Mit dem Solo-Einakter ICH BIN DER HAUSMEISTER VOM SIEBENERHAUS, welchen er für Hans Moser schrieb, verhalf er diesem zu seinem Durchbruch als Schauspieler. Für den später von den Faschisten ermordeten schwulen Komiker Paul O’Montis schrieb Löhner-Beda den Chanson WAS HAST DU FÜR GEFÜHLE, MORITZ.
„Was hast du für Gefühle, Moritz, Moritz, Moritz / Sind’s kühle und schwüle, Moritz, Moritz, Moritz / Du sagst nicht Ja, du sagst nicht Nein / Du bist so fein, und doch gemein / Du hast ein Herz für viele, Moritz, Moritz, Moritz / Du bist zu schön, um treu zu sein!“
Zusammen mit dem Komponisten Hermann Leopoldi machte sich Fritz Löhner-Beda mit DADA. DADAISTISCHER FOXTROTT FÜR TROTTELN UND SOLCHE, DIE ES NOCH WERDEN WOLLEN über die Dada-Bewegung lustig.
„Dada / O du heiliger Dada / O großmäuliger Dada / Erhör mein Gebet! / Dada / Angebeteter Dada / Ganz verblödeter Dada Dada. / Gieß uns o Mammutsgestirn / Sülze ins Gehirn / Dada / O mephitischer Dada / Paralytischer Dada Dada Dada.
(…)
Soziales. Nationales. Großes Dalles. Bums! / Staatsbund und Bundesstaat / Arist – und Demokrat – Salat! / Proletarisch. Deutsch und Arisch. Alles narrisch. Sums! / Gesinnungsmatch. Dem Volk die Petsch. / O Politik. O Republik. / Hüh und Hott. Golem Trot. Schwarzgelbes Brot. / I – di – ot!“
Im März 1938 wurde Löhner-Beda verhaftet und mit dem ersten ‚Prominententransport’ am 1. April ins KZ Dachau verschleppt. In weiterer Folge wurde er im September desselben Jahres ins KZ Buchenwald deportiert. Hier verfasste er – wieder zusammen mit Leopoldi – das BUCHENWALDLIED. 1942 wurde Fritz Löhner-Beda in Auschwitz ermordet.
Entlang von Liedern mit Texten des Künstlers navigieren Andreas Beck und Jens-Karsten Stoll durch eine Biografie, die zugleich höchst individuell ist und doch für ein andauerndes Phänomen steht. Welche Rolle spielt die jüdische Identität beim kollektiven Vergessen seiner Person? Warum ist das Werk oft beständiger als sein Schöpfer? Ist Schlager Pop? Und darf man Hawaiihemden überhaupt noch tragen?