Das Werk des chinesisch-kanadischen Künstlers Matthew Wong (1984-2019) entsteht in einem zeitenübergreifenden Dialog: es verbindet die Vergangenheit mit der Gegenwart und stellt die Relevanz von herausragenden Künstlern wie Vincent van Gogh für die individuelle Entwicklung eines einzigartigen Œuvres dar.
Wong setzt sich mit dem Expressionismus und Positionen der Moderne wie Henri Matisse und Gustav Klimt ebenso auseinander wie mit zeitgenössischen Spielarten der expressiven Kunst. Nicht nur die westliche, sondern auch die östliche Kunstgeschichte, insbesondere das Schaffen bedeutender chinesischer Künstler wie Shitao, sind ein wichtiger Einfluss für Wong. Die als Gegenüberstellung mit Werken van Goghs konzipierte Ausstellung macht deutlich, dass Wongs künstlerisches Ping Pong-Spiel mit ausgewählten Kunstschaffenden eine Form der Referenzialität fernab von Imitation, Aneignung oder blinder Hommage ist.
Die ganze Spannbreite an historischer, aber auch zeitgenössischer Kunst zog Wong vermittelt durch digitale Medien und Bildarchive wie ein Schwamm in sich auf. Seine Vorliebe für imaginäre Landschaften, Interieurdarstellungen sowie die Verschränkung von Innen- und Außenräumen spiegelt das Bedürfnis wider, psychischen Dispositionen Ausdruck zu verleihen. Seine Gemälde bewegen durch emotionale Unmittelbarkeit, einen dynamisch-pastosen Farbauftrag und unterschiedliche Schraffuren, die der Künstler ornamental miteinander verschränkt.
Als Autodidakt entdeckt Wong seine Leidenschaft für die Malerei erst spät, dafür ist die kurze Zeit – acht Jahre, in denen er fast obsessiv arbeitet – umso intensiver. Mit Vincent van Gogh verbindet ihn nicht nur die Darstellung eines direkten und hemmungslosen Gemütsausdrucks, sondern auch der Topos „Malerei als letzte Zuflucht“. Die Kunst ist für beide ein Rückzugsort und ein sicheres Refugium des freien Ausdrucks. In Auseinandersetzung mit dem Werk van Goghs schafft Wong Arbeiten, die sich durch eine tief empfundene Melancholie auszeichnen und die Isolation des modernen Individuums inmitten von Natur- und Stadtlandschaft thematisieren. Erst kurz vor seinem tragischen Freitod 2019 erlangt Wong größere Bekanntheit.
Die Ausstellung in der ALBERTINA entsteht in Zusammenarbeit mit der Matthew Wong Foundation, dem Van Gogh Museum Amsterdam und dem Kunsthaus Zürich. Sie präsentiert eine Gegenüberstellung von rund 60 Gemälden und zahlreichen Arbeiten auf Papier von Wong und ausgewählten Arbeiten van Goghs.