Im Zentrum des Werks von Franz Xaver Messerschmidt (1736–83) stehen die sogenannten „Charakterköpfe“, die trotz ihrer Bekanntheit bis heute als rätselhaft gelten. Die seit dem 20. Jahrhundert äußerst populäre psychopathologische Deutung schränkt den Blickwinkel auf diese Objekte jedoch stark ein. Sie lässt vergessen, dass der Bildhauer in seinem Schaffen auf die gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Umbrüche des 18. Jahrhunderts reagiert hat. So widmet das Belvedere Messerschmidt eine Ausstellung, die ihn als Künstler einer kulturellen und politischen Zeitenwende sowie als Wegbereiter des sogenannten langen 19. Jahrhunderts präsentiert.
Messerschmidts Porträts weisen ab etwa 1769 ein neues Menschenbild auf, das von den Ideen der Aufklärung durchdrungen ist: Dabei tritt die Repräsentation zugunsten einer reduzierten und treffenden Charakterisierung der Dargestellten zurück. Anhand der porträtierten Persönlichkeiten, wie etwa die Ärzte Gerard van Swieten und Franz Anton Mesmer oder der Kunstschriftsteller Franz von Scheyb, wird außerdem das kulturelle, politische und wissenschaftliche Klima des 18. Jahrhunderts erläutert.
Ziel der Ausstellung ist weiters, Messerschmidts ab ca. 1770 entstandene „Charakterköpfe“ vor dem Hintergrund der damaligen Beschäftigung mit Mimik und Physiognomie einzuordnen und als Phänomene ihrer Zeit zu lesen. Vergleiche mit Werken von Künstler*innen wie Joseph Ducreux untermauern dabei, dass das Interesse für das Gesicht (und seine Entgleisungen) keine Ausnahme darstellt.
Kuratiert von Katharina Lovecky, Georg Lechner und Axel Köhne.