Ausstellungsdauer: Fr, 5.10 - Do, 8.11. 2007
Die Startgalerie im Museum auf Abruf eröffnet am 4. Oktober die Ausstellung Time to Fly. Michael Strasser, der in Innsbruck geborene Künstler und Absolvent der Fotografie-Klasse der Universität für angewandte Kunst Wien (Prof. Gabriele Rothemann), zeigt Objekte und Fotografie.
Wenn der Helm gleichermaßen als funktionales Objekt dem Schutze des Lebens und der Repräsentation von Macht und Status dient, so ist er in dieser Funktion wohl eines der ältesten Symbole des Männlichen. Anhand des Helmes vollzieht sich der ideologische und historische Bedeutungswandel des (sozialen, religiösen) Fetisches zum Warenfetisch und darüber hinaus zum erotischen Fetisch.
In Michael Strassers neuester Werkserie Time to Fly steht der Helm (als Motorradhelm aber auch in seiner Verwandlung als Flugmaschine und Helmskulptur) im Zentrum dreier Objektassemblagen und damit in Verbindung stehenden Fotografien. Flugsimulator in Rot ist ein fragiles Mobileobjekt, das das Gewicht des Helmes und damit auch seine potentielle zentrifugale Antriebskraft mittels einer Einkaufstasche austariert. Suggeriert – und mittels Fotografien demonstriert – wird, dass der Besucher das Mobile flugtauglich aufrüsten kann, um frei durch den Raum zu spinnen. In Flugsimulator in Schwarz (wobei Schwarz immer die fetischistische Gegenfarbe zu Rot ist) ist der schwarze Helm im Raum dermaßen verspannt, dass durch das Eindrehen der Expanderschnüre ein kinetischer Drehmoment erzielbar scheint. Aber auch hier ist die Potentialität, die durch die Raumskulptur vorgegeben ist, lediglich in der Fotografie realisiert.
Das Verhältnis von Objekt und Fotografie ist daher auch eines der zentralen Anliegen dieser Arbeitsserie: Objekt und Foto stehen hier in völlig konträren Verhältnissen zur Realität und geben widersprüchliche und unvereinbare Bedeutungen wieder. Während das Objekt Nutzungen und Bewegungsabläufe suggeriert, die empirisch nicht einlösbar, sprich vollziehbar sind, ist die Nutzung fotografisch, dh medial, belegt und daher realisiert. Durch die Nebeneinanderstellung der zwei Realitätsformate (Objekt und Inszenierung des Objektes mittels der Fotografie) wird diese Spannung zum Äußersten betrieben und unsere Wahrnehmungskategorien ironisiert.
Nicht zu vergessen dabei ist, dass die klassischen und ältesten fotografischen Experimente von Eadweard Muybridge und anderen, das Ziel verfolgten Bewegung und Bewegungsabläufe mittels Kamera festzuhalten und in Einzelbilder zu zerlegen, und damit einen Beitrag zur Beschaffenheit und foto-mechanischen Darstellbarkeit von Realität (Zeit und Raum) zu leisten. In gleicher Weise können die Arbeiten Strassers als Darstellung von Nicht-Realität und Potentialität bezeichnet werden. (Text: Daniel Zyman, Kurator Thyssen-Bornemisza Art Contemporary)
Kurzbiografie
Michael Strasser, geb. 1977 in Innsbruck // 1997–1999 Kolleg für Fotografie, Wien // 2000–2001 Schule für künstlerische Photographie/Friedl Kubelka, Wien // 2001–2006 Studium Fotografie bei Univ. Prof. Gabriele Rothemann // 2006 Diplom Fotografie, Universität für angewandte Kunst, Wien