Viola Shafik: Ali oder die Konstruktion des kulturell Anderen bei Rainer Werner

“Angst essen Seele auf”, Rainer Werner Fassbinders Film aus dem Jahr 1973 mit El Hedi Ben Salem in der Hauptrolle, wird heute als Klassiker des Antirassismus verstanden - als wichtiger Beitrag zur Diskussion um Ausländerfeindlichkeit in der deutschen Gesellschaft zu einer Zeit, als Begriffe wie Akkulturation und Überfremdung noch als Fremdwörter galten. Bei näherer Betrachtung fallen spezielle Blickkonstruktionen auf, die den dunkelhäutigen männlichen Protagonisten zum Objekt sowohl der Filmcharaktere als auch der ZuschauerInnen machen - zum Fetisch, ähnlich wie es der Hollywoodfilm mit seinen weiblichen Stars vorexerzierte. Dieser Vorgang steht nur auf den ersten Blick im Widerspruch zur kritischen Haltung des Werks. Wenn man auf die Entstehungsgeschichte des Films eingeht, sticht die offensichtliche Diskrepanz zwischen Fassbinders Gesellschaftskritik und dem so kläglichen Scheitern seiner Beziehung zu seinem Hauptdarsteller ins Auge, zu dem er ein dreijähriges Liebes- und Abhängigkeitsverhältnis unterhielt und dessen Leben kurze Zeit später ein tragisches Ende nahm. Viola Shafik wird dazu nicht nur Erklärungsmodelle vorstellen, sondern auch eine Dekonstruktion der gängigen Persona Ben Salems in Bezug auf seinen Gönner und Regisseur vor und hinter der Kamera vornehmen.