Wie erinnern? Erinnerung ist ein kultureller Prozess. Ethiken der Erinnerung verpflichten die Gegenwart, sich in ein Verhältnis zur Produktion der Erinnerung zu setzen. Der Morzinplatz ist ein paradigmatischer Platz, Strategien der Erinnerung zu analysieren. Ob aktivistisch initiiertes Monument, Gedenkraum oder zeitgenössische künstlerische Verfahren: sie alle sind rund um den Morzinplatz verdichtet.
Kritische Erinnerungsarbeit stellt drängende Fragen an die Gegenwart.
Im Jahr 2010 fand das Projekt “Mahnwache” der Künstlerin Ines Doujak statt. Beauftragt durch Kunst im öffenltichen Raum Wien und kuratiert von Matthias Hermann war das Projekt von Ines Doujak eine temporäre Intervention, ein kollektives zeitliches Monument, das für den Zeitraum von drei Monaten an die Verfolgung sexueller Minderheiten im Dritten Reich mit Verfahren der Manifestation erinnerte. Auch anlässlich der Rainbow Parade fand eine Mahnwache statt.
Im Jahr 2011 wächst auf dem Morzinplatz „ZU SPÄT” der Künstlerin Carola Derting in Zusammenarbeit mit der Landschaftsgestalterin Julia Rode. Widerständige Pflanzen wurden eingesetzt, um den Schriftzug Zu Spät zu bilden, der sich durch das Wachsen der Pflanzen in ständiger Veränderung befindet. Ein erhöhter Blick von einem hölzernen Steg schärft den Blick auf das aus Pflanzen gebildete Monument.
Die Veranstaltung am 22. Juni stellt sich der Frage: Wie erinnern? Aus erinnerungspolitischer, künstlerischer und kultureller Perspektive. Was ist eine zeitgenössische Ethik des Erinnerungspolitischen? Wie ist das Verhältnis zwischen Monument, Temporalität und kritischer Erinnerungsarbeit? Welche ästhetischen Verfahren und künstlerischen Strategien erzeugen Monumente auf Zeit?
Die Veranstaltung umfasst einen erinnerungspolitischen Walk mit folgenden Stationen:
- Gedenkstätte für die Opfer der Gestapo Wien im Gedenkraum Salztorgasse 6, betreut vom DÖW, eröffnet 1968, wieder eröffnet mit einer neuen Ausstellung 2011;
- das von Opferverbänden errichtete Mahnmal am Morzinplatz und die Geschichte seiner Errichtung, Versetzung und heutigen Form;
- die Arbeit „ZU SPÄT“ von Carola Dertnig und Julia Rode
- sowie eine Begehung des Leopold-Figl-Hofs
Führung und Diskussion mit Beiträgen von
Carola Dertnig (Künstlerin) und Julia Rode (Landschaftsplanerin - ZU SPÄT
Eduard Freudmann (Akademie der bildenden Künst Wien)
Elke Krasny (Kulturwissenschafterin und Kuratorin)