Ich und meine Summe – Die Parapraxis
Darstellende Kunst Film Performance Screening
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ICH UND MEINE SUMME – Die Parapraxis [pd#0.03]
Stephanie Winter / SALON HYBRID
4. & 5. Juli 2014, ab 20 Uhr
Ehemaliger Jugendgerichtshof, Rüdengasse 7 - 9, 1030 Wien
Es ist eine stille Herberge der Schuld, das monumentale schmutzig-weiße Gebäude mit den vergitterten Fenstern in der Rüdengasse 7 - 9. Kurz vor seinem endgültigen Verschwinden öffnet der seit über zehn Jahren leerstehende, ehemalige Jugendgerichtshof in Wien-Landstraße im Rahmen der multiplen Inszenierung ICH UND MEINE SUMME – Die Parapraxis [pd#0.03] von SALON HYBRID am 4. und 5. Juli 2014 ein letztes Mal seine Pforten.
In einer partikelhaften Multiperspektive transformiert sich der mit Erinnerungen aufgeladene Ort des ehemaligen Jugendgefängnisses in ICH UND MEINE SUMME in die Parapraxis. Der Begriff der Parapraxis ist nicht nur als Fehler bzw. Freudscher Versprecher zu lesen, sondern auch als eine Praxis, die sich in einer Metawelt – einem Simulacrum – in einer eigenwilligen Perspektive Themen rund um die eigene Identität und deren Konstruktion(en) widmet. Eingebettet in ein weites Feld an psychologischen, wissenschaftlichen und kulturgeschichtlichen Inhalten werden die Grenzen zwischen Empirie und Glaube, Wissenschaft und Kunst, Gedanke und Form in vielseitigen künstlerisch-medialen Techniken seziert.
Das ehemalige Jugendgefängnis fungiert in seiner historischen Wirklichkeit als dokumentarischer Schauplatz wie auch als Setting für ein begehbares Gedächtnis. In verschiedenen inhaltlichen, ästhetischen wie emotionalen Zonen wird das Publikum herausgefordert, seine Rolle als passiver Beobachter zu verlassen. Geleitet von subtilen Spielregeln, Hinweisen und Entscheidungspunkten begeben sich die BesucherInnen als ProtagonistInnen auf eine Wanderung durch diese innere Landschaft. So bäumt sich der reale wie imaginierte Ort des früheren Jugendgefängnisses ein letztes Mal auf, um mit seinen Erinnerungen in das Gedächtnis der Stadt einzugehen und durch individuelle Reflexionspartikel abgetragen zu werden.
ICH UND MEINE SUMME [pd#0.03] ist die dritte Version der Parapraxis. Operierend in den Bereichen der bildenden Kunst, des Films und der Performance, macht sich SALON HYBRID zum Auftrag, mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten leerstehende Gebäude künstlerisch & ganzheitlich zu bespielen. Die erste Parapraxis [pd#0.01] manifestierte sich im März 2013 in Kooperation mit dem Kollektiv Rauschen in deren Projektraum. Die zweite, wesentlich aufwendigere Fassung der Parapraxis [pd#0.02] wurde kurze Zeit darauf im Juni 2013 in der Brut-Stätte in Wien realisiert.
STEPHANIE WINTER studierte von 2001 - 2007 Malerei an der Berliner Universität der Künste bei Daniel Richter und an der Akademie der Bildenden Künste Wien bei Gunter Damisch und Marina Grzinic, wo sie für ihre Abschlussarbeit, die 12-teilige Videoinstallation „Paternoster“, den Preis der Akademie bekam. Ihr Kurzfilm „Der Doppelgänger“ wurde auf der Diagonale in Graz 2009 premiert. Ihre Filme und Installationen wurden auf zahlreichen internationalen Festivals und Ausstellungen gezeigt, u.a. Short Film Corner Cannes, Bolzano Short Film Festival, Schauspielhaus Wien, Salon Européen de Jeunes Créateurs, Rheinisches Landesmuseum Bonn, Altes Pfandhaus Köln. 2010 gewann sie den Excellence Award
des International Short Film Festival Busan / Südkorea. 2011 und 2012 erhielt sie ein Projektstipendium der Stadt Bonn. Ab Herbst 2014 ist sie Artist-in-Residence in der Cité des Arts in Paris, gefördert vom Land Salzburg. SALON HYBRID ist die von ihr gegründete experimentelle Produktionsplattform mit dem Ziel, Projekte im Bereich von bildender Kunst, Film und Performance zu entwickeln. Ausgangspunkt von Stephanie Winters Arbeiten ist die Idee, das Gedächtnis als multipler Ort, als Schauplatz der Performance zu bereisen, aufzubrechen und auseinander zu nehmen, um es von einem anderen Standpunkt aus wieder neu zusammen zu setzen. Von zentralem Interesse ist dabei stets ein konzeptioneller wie spielerischer Umgang mit den unterschiedlichen Formen von Öffentlichkeit und Privatheit, Außen- und Innenwelten, Machtstrukturen, Überwachung, Systemfehlern, psychischen Störungen & Affekten wie von privatem und globalem Gedächtnis.