Stylianos Schicho: Freeze

Bildende Kunst Eröffnung
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1 Termin im Archiv
bis Freitag 15. Mai
26. Feb. 2015 -
Fr 15. Mai 2015
19:00
Stylianos Schicho: Freeze
Spittelauer Lände 45, 1090 Wien

FREEZE! (27.02.2015 - 15.05.2015)
Eröffnung 26.02.2015 / 18:30 Uhr

Stylianos Schicho: FREEZE!

?Wer ängstlich abwägt, sagt gar nichts.
Nur die scharfe Zeichnung, die schon die Karikatur streift,
macht eine Wirkung.?
Theodor Fontane

Stopp, nicht bewegen! Sie wirken wie erstarrt und doch so lebendig, Stylianos Schichos Menschenbilder. ?Freeze!? nennt der Künstler die Ausstellung in der Wien Energie und bedient sich hierbei eines Ausdrucks aus der amerikanischen Polizeisprache. Wörtlich übersetzt für Erfrierung oder Frost stehend, verwendet die Polizei den Begriff, um jemanden Verdächtigen aufzuhalten, ihn zum Stehenbleiben aufzufordern.

Verzerrungen, perspektivische Verkürzungen und Vergrößerungen – Schicho formt Menschenbilder nach seinen Wünschen und Vorstellungen. Schnell angefertigte Skizzen oder Handyfotos dienen ihm als Gedächtnisstütze, bisweilen reicht aber die Erinnerung, um eine Bildidee zu entwickeln und Gestalten auf die Leinwand zu bannen. ?Ich sehe einen Moment, den friere ich ein, nehme ihn mit nach Hause, zerlege ihn und baue ihn nach meinen eigenen Kriterien, Empfindungen und Gefühlen neu zusammen?, erzählt der Künstler. Der mitgenommene Eindruck wird im Atelier aber nicht nachgestellt, sondern neu zum Leben erweckt – mithilfe von Requisiten und Freunden des Künstlers, die ihm Modell stehen. ?Ich will einen Moment beleuchten. Es ist eine Art Einfrieren, aber kein Schnappschuss. Das Bild hat eine Bewegung in sich.? Häufig lässt Schicho seinen Körper und sein Gesicht, die er vor einem großen Spiegel studiert, in die Darstellungen miteinfließen. Auf der Leinwand vermischen sich dann die Physiognomie der Porträtierten und die des Künstlers. ?Bedeutungsverzerrungen? lassen insbesondere die Augen überdimensioniert und wichtig erscheinen – ihnen kann man nicht entkommen. Die überlebensgroßen Gestalten mit ihren aufgerissenen Augen, ihren fordernden Blicken sind uns ganz nah.

Wie ein Theaterregisseur inszeniert Schicho das Bildgeschehen, den einzelnen Ensemblemitgliedern unterschiedliche Charaktere und Aufgaben zuweisend. Wiederkehrende (Stereo)Typen sind etwa der Kapuzenträger und der Vermummte, der Affe und der Konsument. Dicht aneinandergedrängt – und belagert durch Heuschrecken, Libellen und anderem Getier – scheinen sie aber kaum miteinander zu interagieren. Einsamkeit, Leere und Isolation gehen von den Figuren aus. Resignation, aber auch Aggression ist spürbar.

Wer sind die Betrachter? Wir blicken die Dargestellten an, sie aber auch uns. ?Da passiert etwas ?? Dieses Gefühl ist allgegenwärtig und zieht sich wie ein roter Faden durch die Arbeiten. Die dargestellten Menschen verhalten sich so, als würden sie auf etwas warten und dabei gestört werden – von uns Betrachtern. Aufgeschreckt blicken sie uns an. Fragend. Fordernd. Wir sind entdeckt. Es ist selten, dass man als Kunstbetrachter einen derart aktiven Part übernimmt. Der Blick erzeugt für den Künstler eine ?formale Linie?, nach der er ein Bild gestaltet, doch diese bleibt nicht an der zweidimensionalen Oberfläche der Leinwand haften, sondern geht aus dem Illusionsraum des Bildes hinaus – in den realen Raum und zu dem Betrachter.

Schicho zeichnet zwar auch auf Papier, doch meist sind große weiß grundierte Leinwände der Bildträger. Die riesigen Kohlezeichnungen zeugen von einer ungemeinen Energie und Ausdruckskraft, das Skizzenhaft-Unvollendete ist von hoher Unmittelbarkeit und verleiht den Bildern eine große Dynamik und Bewegung. Die transparenten Lasuren mit Acryl bringen eine gewisse Ruhe in die Komposition, sie lassen die Bilder trotz der harten, dominanten Kohle auch malerisch erscheinen. Die Bilder bestehen aus mehreren Ebenen oder Schichten, die sich überlappen, aber manchmal – wie durch einen Röntgenstrahl – die darunterliegenden Schichten noch erkennbar lassen oder auch offenlegen. Die Körper wirken filigran und durchlässig, auch Kapuze und Vermummung bieten keinen sicheren Schutz.

?Wir können uns nicht verstecken ??, scheinen uns Schichos Menschen zuzuflüstern, und plötzlich wirken sie nicht mehr fordernd, übermächtig oder dominant, sondern unsicher und klein. Du wirst gesehen – trotz (Affen-)Maske und Sturmhaube. Die Dargestellten stehen wie auf einer Bühne, erscheinen auf dem Bildschirm – angeleuchtet, ja durchleuchtet vom Rampenlicht des unbekannten, aber allgegenwärtigen Betrachters. Der gläserne Mensch. ?Beobachten und Beobachtet werden?: Unsere multimediale Kommunikationsgesellschaft scheint immer mehr zu einer Überwachungsgesellschaft zu werden – mit Nacktscanner und Videoüberwachung, aber auch mit der oft freiwillig gewählten Entblößung durch soziale Medien wie Facebook oder Instagram. Alles Private wird öffentlich gemacht. ?Die Leute sollen sich vor den Bildern ein bisschen beobachtet fühlen?, so der Künstler, ?um sie zu sensibilisieren, dass es überall dieses Auge gibt.? Schicho schärft unsere Wahrnehmung, macht uns das ?Nacktsein? stärker bewusst. Es ist wohl kein Zufall, dass Vermummte und Kapuzenträger an Demonstrationen und öffentliche Protestbewegungen der jüngeren Zeit erinnern. Doch andere Protagonisten erscheinen mit iPhone und Kopfhörer, sie vergnügen sich mit Joystick und Spielautomaten, tragen coole Kleidung und hantieren mit einem Einkaufswagen. Dem Druck der Freizeitindustrie unterworfen, sind sie Teilnehmer unserer Konsumgesellschaft und Erhalter des Systems. Oder auch seine Gefangenen.

Die überzeichneten Figuren und Posen erinnern in der Bildsprache an Comics und Karikaturen. Anstelle eines Textes sprechen hier aber die Augen zum Betrachter. Schicho zeichnet scharf, hält sich selbst, aber auch uns einen Spiegel vor. Alles liegt offen. Die Bilder sind dem Betrachter sehr nah, und sie haben viel mit uns, mit unserer Lebenswelt zu tun. Eine Kunst, die direkt, extrovertiert und von unmittelbarer Wirkung ist, eine Kunst, der man sich nicht entziehen, zugleich den Betrachter aber sehr ernst nimmt. Denn erst durch ihn wird das Werk vollständig. Oder mit den Worten des Künstlers: ?Es fehlt immer einer in dem Bild und das ist der, der davorsteht.?

Günther Oberhollenzer


Die Ausstellungsreihe ?Heiß und Kalt? von Wien Energie bietet seit 2006 Künstlerinnen und Künstlern aus verschiedenen Kunst- und Stilrichtungen eine Plattform, um ihr Werk der Öffentlichkeit zu präsentieren. Der Name spiegelt die Bedeutung der beiden Wien Energie-Produkte Fernwärme und Fernkälte wider. Inhaltlich steht die enge Zusammenarbeit mit den Künstlerinnen und Künstlern im Vordergrund. Die Resultate sind vielfältig und in den unterschiedlichsten Medien und Formulierungen möglich, da ?Heiß und Kalt? neben der Malerei und Grafik auch Raum bietet für Verschmelzungen von Projektionen, Video- kunst, Skulpturen, Sounds und Installationen. Die Ausstellungen machen bei freiem Eintritt Kunst für die gesamte Wiener Bevölkerung erlebbar.


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