Till Gathmann
Performance
Convulsion Piece (Reconstructed Line [Rekonstruierte Linie]) 2015
Grafitstift
Die Vorstellung, dass die Linie ein bewegter Punkt sei, entspringt den kunsttheoretischen Schriften von Paul Klee. Mit ihrer Dynamik, die sich auf einer passiven Fläche entfaltet, macht die Linie ein weit- reichendes Spannungsfeld zwischen dem affektiven, denkenden und handelnden Subjekt auf. Till Gathmann geht der Frage, wie sich das innere Empfinden zum Ausdruck bringen lässt, in Form von kleinen Zeichnungen nach, die – einer Schrift nicht unähnlich – aus einer fortlaufenden Linie entstehen. In Rekonstruierte Linie wird eine dieser Zeichnungen mithilfe ihrer genauen Beschreibung als Wandzeichnung rekonstruiert. Indem er eine Übersetzung von Affekt in Zeichnung, Zeichnung in Text und Handlung vollzieht, un- tersucht Gathmann ein eminent politisches Problem: die Frage der Affekte und der Spontanität im politischen Denken und Handeln. Entsteht die Wandzeichnung in Erinnerung an eine frühere Emp- findung, so kann sie die spontane Kraft unmöglich wiedergeben, von der die ursprüngliche Linie angetrieben war. Was die Mühe der Rekonstruktion hervorbringt, ist eine Spur des Nachdenkens über das eigene Tun.
*1977 in Paderborn (Deutschland). Lebt und arbeitet in Berlin.