Rationalität ist ein bestimmendes Element unserer Gesellschaft. Für den Menschen der versucht, seine Umwelt an seine Bedürfnisse anzupassen, ist zweckorientiertes Handeln ein konstitutives Prinzip seiner Existenz. Unser Handeln ist darauf ausgerichtet, selbst gesetzte Ziele zu erreichen, dient also einem Zweck. So vermuten wir hinter jedem Handeln eine Absicht und hinter jeder Wirkung und hinter jeder Entität eine Ursache. Unser Alltag bestätigt uns darin, dass unsere Ratio unser schärfstes und wichtigstes Werkzeug ist. Sie liegt vielen unserer Entscheidungen zugrunde. Zugleich definiert sie die Grenzen unseres jeweiligen Lebensumfelds. Denn sollte Rationalität ein unserem Denken und Handeln immanentes Prinzip sein, so können wir nicht über sie hinweg. Sie stellt die Grenzlinie zwischen uns und potentiell unendlichen Entitäten dar. Wir brauchen diese Grenzen und wir konstruieren uns weitere, um reale wie soziale Räume in all ihren Dimensionen erfassen zu können. Selbst wenn wir auf das Unendliche verweisen, benutzen wir doch in aller Regel Bilder, mittels derer wir uns die unerfassbare Dimension plastisch vor Augen führen können. Doch auch diese gedanklichen Visualisierungen bleiben vorerst nur ein Verweis auf Unendlichkeit. Es geht also nicht darum, Grenzen zu überschreiten, sondern diese zu erkennen und so einen Blick auf die andere Seite zu erhaschen. So wie ein Test zum farblichen Sehvermögen nicht dazu dient, die Testperson darüber zu belehren, was farbliches Sehen ist, sondern hilft, die Möglichkeiten und Grenzen eigener Wahrnehmung zu erkennen, spielen die Arbeiten mit den Grenzen und Möglichkeiten der eigenen Raumwahrnehmung.
In welchen Räumen bewege ich mich, wie konstituieren sich meine Räume, welche Räume öffnen sich mir und welche verschließen sich mir durch meine eigene Verortung im Raum? Welche Entscheidungen liegen meiner Raumwahrnehmung zu Grunde? Mit einer theoretisch unendlichen Vielfalt an Entscheidungsoptionen bleibt auch unser Handeln immer ein Verweis auf Grenzen und die Entitäten die dahinter liegen. Raum ist nur eine begrifflich fassbare Unendlichkeit.
(Anna-Maria Bogner)