Dass das Private politisch ist, das ist mitnichten eine Erfindung radikaler Emanzen in lila Latzhosen – das ist vielen Wiener Theatermachern schon immer klar. Mehr noch: Die meisten von ihnen haben nicht nur einen überaus scharfen politischen Blick, sie sind auch dialektisch geschult und wissen darum, dass das Gegenteil stets auch zutrifft: Das Politische ist auch Privatsache, über die man beim glanzvollen Theaterbesuch ähnlich ungern redet, wie über den eigenen Kontostand in der Schweiz.
K.u.k. Theatergeheimrat Julius Deutschbauer wird darum zum nun schon sechsten Mal jene Produktionen der letzten Saison auszeichnen, die Glanz und Glorie des Repertoiretheaters am effektvollsten pflegen und die Vulgarität des Politischen am deutlichsten hervorheben. Hat jemand was von ?Krise? gesagt? Was soll eigentlich ?Kritik? sein? Wer bedient die bürgerliche Nebelmaschine am effektivsten? Sie werden es erfahren.
Julius Deutschbauer
1961 in Klagenfurt geboren, lebt als Künstler in Wien, 2000 bis 2007 Zusammenarbeit mit Gerhard Spring als Duo ?Deutschbauer/Spring?. Ausstellungen (u.a. Kunsthalle Wien, Shedhalle Zürich, Galeria Zacheta Warschau, Fotomuseum Winthertur, Belvedere Wien), Performances und Theateraufführungen (u.a. Garage X, Tanzquartier Wien, Thalia Theater Hamburg, Politik im Freien Theater Berlin, Volksbühne Berlin, brut Wien). Das Zentrum seiner Arbeit bilden die inzwischen über hundert Plakate. Die Suche nach dem unpolitischsten Theaterprojekt findet dieses Jahr bereits zum sechsten Mal statt.