„Das Fieber“
von Wallace Shawn,
Deutsch von Dorothea Renckhoff
“Warum glaubst du, dass sie dich alle lieben? Und was, glaubst du, sollen sie denn an dir lieben? Was bist du? Du hast keinen Charme, nichts Reizvolles, nichts Konziliantes an dir. Du bist einfach ein rücksichtsloser, unerträglicher Fanatiker. Jawohl, der Partisan, der jede Nacht durch den Schlamm robbt, hat viel, viel weniger von einem Fanatiker als du. Sieh dich doch mal an. Sieh hin. Jeden Morgen wandelst du so steif in deine Küche, du gehst zu deinem Schrank. Du greifst nach dem Kaffee, dem Kaffee, von dem du erwartest, dass er sich auf dem Regal befindet. Und er hat da zu sein. Und wenn er eines Morgens nicht da ist - oh, diese Hysterie! - die ganze Welt wird dafür bezahlen müssen! Beim bloßen Gedanken an das Unvorhergesehene, die unvorhergesehene Entbehrung, fängst du an zu zucken, durchzudrehen, nach Luft zu schnappen. Diese Atemnot! Hör dir deine Stimme am Telefon an, hör dir den Ton an, den du in deine Stimme kriegst, wenn du mit einem von deinen ganz intimen Freunden sprichst, und du sprichst von deinem Leben, und du benutzt solche Ausdrücke -“was ich zum Leben brauche…” - “die Summe, die ich brauche, bloß um zu leben…” Bist du da nett? Bist Du da komisch? Dieser sonore Ton - feierlich, leise, kein Getue - der Ton von Hysterie, der Ton des Fanatikers -ja, ja doch - klar - das hat einen Grund. Du begreifst deine Situation. Ohne ein Dach über dem Kopf, ohne Kleidung, ohne Geld wärst du wie sie, du wärst sie, du wärst, was sie sind - du wärst der Unbehauste, der Ungetröstete. Darum, das weißt du, wirst du natürlich zu allem bereit sein. Dem, wozu du bereit bist, sind keine Grenzen gesetzt. Ohne das Geld würde dein Gesicht zu dem einer Ratte, deine Hände wären Klauen - scharf, gewandt, bereit zu kratzen, bereit zu reißen.”
Mit Tobias Voigt
Regie: Rosee Riggs
Ausstattung: Ivan Bazak
Termine: Donnerstag, 06.03.2008
Freitag, 07.03.2008
Sonntag, 09.02.2008