Marianne Fritz hat sich in ihrem Schreiben auf die Ungeheuerlichkeit der Tatsache eingelassen, dass mitten in Europa Millionen von Menschen getötet und Leben in einem Großraum ausgelöscht wurden. Im Schreiben versuchte sie, diesen ganzen Raum zu rekonstruieren. Deshalb mussten es tausende von Figuren sein, tausende von Orten und Jahrtausende, die die Darstellung umspannt. Mitten in all diesen Schichten und durch sie hindurch wachsen die Kräfte der Vernichtung. Mit »Naturgemäß III« (im Untertitel nennt sich der Werkabschnitt: »Noli me tangere / Rührmichnichtan!«) gelangen sie zu schrecklicher Blüte und reichen in den Zeitraum, den die Autorin in ihrem Werk bis dato sorgsam und mit guten Gründen ausgespart hatte: Die Zeit des Nationalsozialismus, des Zweiten Weltkrieges und des Holocaust.
Auf der allerletzten Seite des nachgelassenen Typoskripts (sie trägt die Nummer 5397) findet sich in das Textgelände ein berühmtes Zitat von Walter Benjamin eingepasst. Es beschreibt den »Engel der Geschichte« als eine Figur, den vom Paradies her ein Wind erfasst, der ihn mit dem Gesicht der Vergangenheit zugewandt über die Trümmer der Geschichte trägt. Marianne Fritz gönnt in ihrem Werk dem Engel der Geschichte eine kurze Verschnaufpause. Der Sturm aus dem Paradies legt sich, und der Geflügelte lässt sich auf dem Trümmerhaufen der Menschheitskatastrophen nieder. Gewaltig indes ist der Orkan, der danach (und ich nehme an: irgendwo von der Hölle her) losbricht. Er reißt alles mit sich, was wir bislang von Literatur, ihren Möglichkeiten und Formen wussten. (Klaus Kastberger)
We can't find the internet
Attempting to reconnect
Verbindung zu esel.at
Donnerstag
17.
Februar
2011
17.
Feb.
2011
Donnerstag
Do
17:30
Michael Pilz & Marianne Fritz
...Mehr lesen