Roque Dalton (1935-1975) ist der wichtigste Dichter El Salvadors, der Bertolt Brecht oder Jura Soyfer Mittelamerikas, sein Leben ein Abenteuerroman, seine Dichtung der britzelnde Funkenschlag zwischen politischer Utopie und Sinnlichkeit, zwischen revolutionärer Überzeugung und Lust am Ketzertum.
Von den Diktaturen seines Landes wegen subversiver Tätigkeit zum Tode verurteilt, gelang es ihm zweimal, seiner Hinrichtung zu entkommen. Das erste Mal wurde der Diktator Lemus gestürzt und es gab eine Amnestie, das zweite Mal riss ein Erdbeben ein Loch in die Mauer der Gefängniszelle, durch das sich Dalton in die Freiheit graben konnte.
Er lebte in Mexiko, Prag, die längste Zeit in Kuba im Exil, er bereiste ganz Lateinamerika, Europa (auch Wien), China, Vietnam und Korea. Er half mit, eine der ersten Guerillaorganisationen seines Landes auf die Beine zu stellen, die Revolutionäre Volksarmee (ERP), und wurde von einer militaristischen Fraktion seiner eigenen Organisation unter bis heute nicht geklärten Umständen ermordet.
Dalton war Pionier einer linken Geschichtsschreibung und Kulturforschung seines Landes, er machte emphatisch Gebrauch von „Guanakismen“ (salvadorianischen Varianten des Spanischen) und integrierte als erster Dichter Mittelamerikas die Sprache der Straßen und Spelunken, Bordelle und Gefängnisse in seine Dichtung. Er beschoß eine sich globalisierende Popkultur mit antikapitalistischen Pointen und kritisierte politische Befreiungskonzepte mit der fein geschliffenen Machete seines Witzes. Sein Leben und Werk steht – exemplarischer noch als das Che Guevaras – für den Versuch, neokoloniale und imperialistische Unterdrückungsstrukturen mit literarischen und politischen Mitteln zu bekämpfen, aber auch für die Widersprüche und Konflikte, in die man dabei geraten kann.
Unsere Veranstaltung soll diesem Mann ein Denkmal setzen, allerdings eines, das über sich selbst nachdenkt, sozusagen über den eigenen Sockel stolpert und sich dabei über Denkmalsetzungen, Kanonisierungen, säkuläre Heiligsprechungen so lustig macht, wie Roque Dalton das sicherlich getan hätte. In einer Zeit, in der es üblich geworden ist zu behaupten, daß mit dem Ende der totalitären Staatssozialismen utopisches Denken, revolutionäres Handeln und politisch motivierte Literatur überhaupt obsolet geworden sind, geht es uns aber auch darum, Möglichkeiten und Hindernisse eingreifenden, operativen Schreibens zu erörtern. Zu diesem Anlaß haben wir neben dem Filmemacher Jorge Dalton, dem jüngsten Sohn des Dichters, drei Autoren eingeladen, die sich mit ganz unterschiedlichen Mitteln und in ganz unterschiedlichen Formen einer Literatur verschrieben haben, die auf eine radikale gesellschaftliche Veränderung abzielt, jedenfalls auf die Verständigung über gemeinsame Lebensprobleme abzielt: die in Berlin lebende Schriftstellerin Kathrin Röggla, ihre Kollegin Belén Gopegui aus Madrid und den aus El Salvador stammenden Romancier Horacio Castellanos Moya.
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Literatur und Revolution I: Am Beispiel Roque Dalton
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