Eröffnung des ortsbezogenen Kunstprojekts
GETEILTE ZUVERSICHT
kuratiert und organisiert von
Iris Andraschek und Hubert Lobnig
mit: Anna Fabricius, Michael Hieslmair / Michael Zinganel, Matthias Klos, kozek hörlonski, Antje Schiffers / Thomas Sprenger, Johanna Tinzl / Stefan Flunger, Iris Andraschek & Hubert Lobnig
Zum vierten Mal ist das Kulturdorf Reinsberg Veranstaltungsort eines ortsbezogenes Kunstprojekts. Sechs KünstlerInnen bzw. Künstlerteams wurden von Iris Andraschek und Hubert Lobnig eingeladen mit unterschiedlichen Arbeitsschwerpunkten auf örtliche Begebenheiten zu reagieren. GETEILTE ZUVERSICHT hat seine Basis im ehemaligen Kaufhaus Gruber im Ortskern von Reinsberg und präsentiert ab dem 27. August Projekte im öffentlichen Raum.
Der mehrdeutige Titel bezieht sich auf ein spezielles Gefühl von Gegenwartswahrnehmung und Zukunftserwartung, auf den weit verbreiteten Zweifel und die große Skepsis gegenüber einer sich stets verändernden Welt und von nicht nachvollziehbaren gesellschaftlichen Entwicklungen.
Seit beginn der 90er Jahre engagierte sich Reinsberg im Kulturbereich verbunden mit der Vermarktung von regionalen (Bio-) Produkten und dem Aufbau von Fremdenverkehrsstrukturen im Bemühen Betriebsschließungen, Abwanderung, Eingemeindung und dem Auspendeln aus dem Dorf entgegenzuwirken und war damit erfolgreich. Trotzdem formieren sich Stimmen die Reinsberg lieber als “Normales Dorf” sähen. Die Ursache für Wirtschaftskrisen, für Arbeitslosigkeit, für weite Arbeitswege oder globale Wirtschaftsentwicklungen wird oft bei Investitionen in Kunst und Kultur verortet obwohl dem Tourismus in Österreich (neben den Alpen) hauptsächlich kulturelles Erbe und kulturelle Neuproduktion zugrunde liegen. Fragen zu Qualität, Größe, Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit, Subventionspolitik, Produktivität oder Betreuung von Geschaffenem und wiederholt neuen Schwerpunktsetzungen stehen im Raum: Verwenden KünstlerInnen und Bauern nicht durchaus ähnliche Strategien?
GETEILTE ZUVERSICHT 2011 - Die Projekte
Anna Fabricius versucht mit einfachen fotografischen Inszenierungen Gruppen, wie Vereine oder ähnliche Gemeinschaften aus der normalen Wahrnehmung zu lösen unter Zuhilfenahme von spielerisch motivierten Situationen der Improvisation. www.fabriciusanna.com
Michael Hieslmair / Michael Zinganel dokumentieren unter dem Titel “Der Rottenfänger oder die Seebühne von Reinsberg” installativ Erzählungen und Indizien für Gruppenzugehörigkeiten, posttraditionelle Lebensstilgemeinschaften und daraus resultierende soziale Schnittmengen, gebildet aus Antworten der Reinsberger Bevölkerung zu gemeinschaftsstiftenden Ereignissen wie dem “Reinsberger Rotten-Fußball-Turnier” oder kulturellen Großprojekten wie den Opernfestspielen auf der Burgruine. www.hieslmair.him.at - www.zinganel.mur.at
Matthias Klos stellt sich in einem feuilletonistischen Essay über Reinsberg der gewagten Annahme, dass aus Alltagshandlungen und deren Perfomanz über die Dauer eine soziale Plastik entstehen kann. Was, wenn einem Kunst “passiert” ohne es selbst zu merken?
www.m-klos.com
kozek hörlonski stellen in ihrer Arbeit LGBQT die 2004 von Oliver Hangl im “Song for Reinsberg” gesungene Liedzeile “I wanna die in Reinsberg” an den Beginn ihrer Recherchen und entwickeln eine Installation, die sich mit Tod und Untergang, aber auch mit Unsichtbarkeiten auseinandersetzt. Eine an Hügelgräber oder Kohlenmeiler erinnernde Skulptur verweist auf ein Grabmal oder eine Kultstätte und kozek hörlonski schreiben sich sowohl künstlerisch als auch mit ihrem privaten Leben mittels einer Grabesskulptur in die Ortschaft ein. www.kozek-hoerlonski.com
Antje Schiffers und Thomas Sprenger bieten seit einigen Jahren Landwirten ein Tauschgeschäft an: ein Gemälde von ihrem Hof gegen einen Film, in dem sie, die Landwirte, ihren Betrieb und ihr Leben damit filmen. Jetzt haben sie ein Archiv mit 24 Filmen über die europäische Landwirtschaft. In Reinsberg stehen diese Filme zur Auswahl bereit - sie handeln von zukunftsfähigen Modellen und der Suche nach einem Ausweg, von Betriebsgrößen und Mittagessen, vom Verhältnis zum Land, zu den Tieren und zur Familie, von dem, was die Bauern gern zeigen wollen und dem, was sie für gewünscht halten: “Ich bin gerne Bauer und möchte es auch gerne bleiben” www.myvillages.org - www.ichbingernebauer.eu - www.antjeschiffers.de
Johanna Tinzl und Stefan Flunger regen in ihrer Intervention “Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück” an, anstatt wie üblicher Weise den Blick nach oben auf die Kirchturmuhr zur richten, auf der Nordseite des Turmes eine Holzleiter zu installieren, die durch einen Mechanismus betrieben zu einem eigenen Zeitanzeiger generiert. Die KünstlerInnen referieren damit auf die Stellung der Kirchengemeinschaft innerhalb des Dorfes und lösen das kinetische Objekt von dem Kirchturm und platzieren es in einer Sichtachse, auf gleicher Höhe. www.tinzl-flunger.net
Iris Andraschek und Hubert Lobnig entwickeln eine Schnapsbar der Dorfethik unter dem Kant’sche Leitsatz “Was soll ich tun?” - ein nach außen gestülpter white cube Im Zentrum des Dorfes und des Dorfests “Reinsberger Nächte”. Während innen klarer Geist ausgeschenkt wird, offenbaren sich an den Außenseiten Ergebnisse einer Umfrage, die die Regeln des sozialen Lebens abfragt und als Diskussion von Handlungsanweisungen dienen soll. Nach Beendigung der Reinsberger Nächte wird der Kubus sich aus der Festarchitektur lösen und als temporäre, gesetzgebende Instanz im Ort zur Verfügung stehen. www.hubertlobnig.com - www.dermusereichts.at
Geteilte Zuversicht ist zu sehen von 28. August bis zur Präsentation der Publikation zusammen mit der filmischen Dokumentation von Maria Stipsicz am Samstag den 29. Oktober 2011, 16:00 Uhr im Gasthaus Stadler in Reinsberg. Die Ausstellung von Antje Schiffers und Thomas Sprenger und das Wandbild von Anna Fabricius im ehemaligen Kaufhaus Gruber ist jeweils Samstag von 15.00 bis 18.00 Uhr geöffnet.
Das Projekt “Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich” ist eine Erfolgsgeschichte, die wesentlich mit der Kontinuität qualitätvoller Arbeit und der durchgehenden Bereitschaft zu Dialog und Diskussion zu tun hat. Nirgends sonst treffen Kunst und demokratische Öffentlichkeit so direkt aufeinander.
Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll
Shuttlebus von Wien nach Reinsberg:
ab Wien, Universität, Grillparzerstraße / Ecke Rathauspark,
Abfahrt: 15.30 Uhr, Rückfahrt: ca. 21.00 Uhr.
Um Anmeldung bis 25. August wird gebeten unter (0)2742 9005 16273.
Unkostenbeitrag: 5 EUR
AM SAMSTAG DEN 10. SEPTEMBER WIDMET SICH UNSERE RAUMFAHRT II, SPEZIELL DEM PROJEKT GETEILTE ZUVERSICHT: Treffpunkt Wien Universität, Grillparzerstraße / Ecke Rathauspark 10.00 Uhr,
Zustiegsmöglichkeit Bahnhof St. Pölten um 11.15 Uhr. 20 EUR (ermäßigt 15 EUR), Schulkinder gratis.
Mittagessen je nach Route. Die Verpflegung ist nicht im Preis inbegriffen.
Um Anmeldung bis 08. September wird gebeten unter (0)2742 9005 16273.