?No news from Belarus? – so heißt die Arbeit des belarussischen Künstlers Alexander Komarov, die im Zentrum für Gegenwartskunst 2010 in Vilnius präsentiert wurde. Gemeint ist die sogenannte ?belarussische Stabilität?, die vom autoritären Regime aufrechterhalten wird und keine politischen und sozialen Veränderungen verspricht.
Die Veränderungen passieren trotzdem – obwohl in den letzten 7 Jahren die politische Opposition in Belarus völlig zerschlagen wurde – da gleichzeitig die neuen sozialen und kulturellen Aktivitäten nicht vom Staat kontrolliert wurden. Olga Spharaga geht in ihrem Vortrag auf die daraus entstandenen neuen Diskurse und Räume für die Reflexion, über die politische und gesellschaftliche Situation in Belarus und für den Widerstand, ein. Ein wichtiger Begriff in dieser Auseinandersetzung ist ?die Erniedrigung?. Sie nimmt in Belarus sehr verschiedene Formen an: von diversen regulären, alltäglichen und institutionellen Beleidigungen bis zur Gewalttätigkeit der Polizei. Anonyme belarussische Graffiti-KünstlerInnen haben daher während der letzten großen Proteste im März 2017, die Tätigkeit der belarussischen Polizei genau beleuchtet und kommentiert und ihre Methoden, wie in Olga Shparagas Präsentation zu sehen sein wird, mit den entsprechenden Praktiken der stalinistischen Zeit verglichen. Dabei wurden die in Belarus dafür verantwortlichen Personen in Sowjetuniform dargestellt. Der Untertitel zu dieser Arbeit lautet: ?Das bin ich, der Innenminister Igor Shunevich, der auf die Uniform und Methoden der NKVD stolz ist?. Solche Graffitis entstehen in Minsk im Laufe von einigen Stunden. Der Künstler Oleg Larichev sammelt, auf seiner facebook-Seite Fotos davon und betreut das Graffiti Projekt ?Urban Myths?. Dafür wurde er von zivilen Polizisten attackiert und zu 5 Tagen Gefängnis verurteilt.
Olga Shparaga fragt ob die gegenwärtige Situation in Belarus und die kritische Auseinandersetzung der Kunstszene vor Ort Aufmerksamkeit kreieren kann? Sie merkt an, dass nicht nur in Belarus Widerstand geleistet wird, sondern auch feministischen, ökologischen, urbanistischen u.a. emanzipatorischen Bewegungen und Initiativen, die zurzeit überall in Europa und den USA tätig sind. Sie fragt weiters wie wichtig diese Bewegungen sind und ob ohne sie überhaupt noch Widerstand gegen die immer weiter nach rechts gewandte Politik geleistet werden?
Der Vortrag von Olga Spharaga geht auf die Besonderheit dieser belarussischen Initiativen und ihrer möglichen universalen Dimension ein. Dabei wird sie die Rolle der informellen Bildung, vor allem am Beispiel des Projektes ECLAB (European College for Liberal Arts Minsk), in dem sie selbst tätig ist, besonders herausstreichen.