Käthe Hager von Strobele, Eva Stenram: Crisscross
Mittwoch, 21. Oktober 2015 - 19:00 Uhr
Galerie Raum mit Licht
Eva Stenram benutzt als Ausgangsmaterial Pin-up Fotos aus den 1960iger Jahren, auf denen Frauen fast ausschließlich in häuslicher Umgebung abgebildet sind. Die gefunden Aufnahmen werden von der Künstlerin digital verändert, die Körper der Models werden nun durch dieselben stofflichen Oberflächen, wie das sie umgebende Interieur, ersetzt. Duplizierte Draperien verhüllen die Körper der posierenden Frauen, während ihre Beine und die einladenden Gesten noch zu sehen und damit erst enthüllt sind.
Käthe Hager von Strobele kleidet leblose Schneiderpuppen ein, in Hemden aus konventionellen Karo-, Streifen- und Tupfen-Mustern, auf die sie irritierend Moiré-Muster appliziert hat. Andere Haushaltsgegenstände, die Interferenzen hervorbringen, wie ein Ventilator durch Luftwellen oder Lautsprecher durch Schallwellen, werden in diese Inszenierungen einbezogen. Fotogramme veranschaulichen darüber hinaus die Beschäftigung der Künstlerin mit dem Moiré-Effekt. Sie zeigen ihre Versuche einen eigentlich unerwünschten Effekt, der im digitalen Zeitalter beinahe nicht mehr existiert, zu reproduzieren.
Bezug nehmend auf den naturwissenschaftlichen Gebrauch des Begriffs ?Interferenzen? für Phänomene der Interaktion zwischen Wellen oder in biologischen Prozessen, fungiert Interferenz / Störung / Überlagerung in der Arbeit der beiden Künstlerinnen als Katalysator für die künstlerische Produktion. Doch relevanter in diesem Zusammenhang, ist die Verwendung des Begriffes in der Psychologie und den Sozialwissenschaften. In diesen Bereichen wird mit ?Interferenz? beschrieben, wie sich Gedächtnis und Lern-Prozesse als Wechselwirkungen neu erworbener und bereits vorhandener Kenntnisse und Fähigkeiten darstellen. Die Arbeiten beider Künstlerinnen führen eine Art Wider-Rede ein, ein Schlagabtausch mit den Repertoires von vertrauten, oft stereotypen Bildern und Sehgewohnheiten. Eine Wider-Rede, die die BetrachterIn anregt inne zu halten und sich bewusst zu werden, nicht unbedingt dessen, was es zu sehen gibt, sondern vielmehr, wie Sehen stattfindet.
Die fotografischen Serien von Eva Stenram und Käthe Hager von Strobele werden ergänzt durch eigens für die Ausstellung »Crisscross« entwickelte, skulpturale Objekte, die diese Gedankenspiele und das Experimentieren mit optischen Überschneidungen, Mustern und Geweben in den Raum hinein erweitern.
Text: Melissa Lumbroso (2015)