Subotron arcademy: Subversive Spiele ? ein Abend mit heimischen Underground-Indie-Entwicklern

Freitag, 27. März 2015 - 19:00 Uhr

RaumD / Q21

Veranstaltungsreihe zur Theorie von digitalen Spielen 2015

Computer- und Videospiele sind im Großen und Ganzen vor allem eine eigene Unterhaltungsindustrie, die anhand Parameter wie technischer Brillanz, Spielspaß und Monetarisierung gemessen wird. Doch Games üben längst nicht mehr nur eine Entertainmentfunktion aus. Serious Games wie etwa ?That Dragon, Cancer?, wo das Krebsleiden eines Kindes und die damit in Zusammenhang stehenden schweren psychischen Belastungen vermittelt oder Titel wie ?Dys4ia?, wo die Hürden im Leben einer transsexuellen Person nachgezeichnet werden, bekommen seit einigen Jahren immer mehr Aufmerksamkeit. Spiele können selbstverständlich auch politisch sein und sich ?schwierigen? Themen widmen. So wurde anlässlich des schrecklichen Terroranschlags auf die Redaktion der Satirezeitung ?Charlie Hebdo? ein eigener Game Jam gestartet (?Charlie Jam?), bei dem sich EntwicklerInnen bewusst mit diesem Thema auseinandersetzen sollen.
Auch in Österreich gibt es das politische Indiespiel, etwa als im Sommer 2014 nach dem fragwürdigen Polizeieinsatz im Zuge der ?Pizzeria Anarchia?-Besetzung ein satirisches Game namens ?1700? geschrieben wurde – die Zahl entspricht der Zahl der Exekutivkräfte, die angeblich an diesem Einsatz beteiligt waren. Bereits 2011 ist mit der Entwicklung des beklemmend wegweisenden Spiels ?Data Dealer? begonnen worden, das mit beißendem Humor die Datengier und den (illegalen) Handel von staatlichen und privaten Institutionen und Konzernen zum Thema macht. Der Dekonstruktion und interaktiven Neuzusammensetzung von Sprachsymbolen und Sounds hat sich der Programmierer und Medienkünstler Jörg Piringer verschrieben. In seinen Apps ?konsonant? oder ?abcdefg?? werden Buchstaben zu Figuren und von Spielerin und Spieler erbrachte Bewegung erzeugt Töne und (abstrakte) Sprache.
Auch die ästhetische Darstellung kann politisch sein, wie die aktuelle Aufregung um das stark gewalthaltige Amoklaufspiel ?Hatred? beweist. In Österreich geht es bei den Spielen des Underground-Studios Homegrown Games zwar nicht um Amoklauf, dennoch sind die Inhalte oft gewagt. Hier stellt sich die Frage, was Kunst und Kultur liefern soll und darf und wo für viele die Grenzen des guten Geschmacks überschritten sind.
Die SUBOTRON arcademy lädt an diesem Abend ausgewählte heimische Spielemacher ein um die Frage zu klären, was sie abgesehen von Unterhaltung und Spielspaß noch antreibt, Games zu entwickeln.

Teilnehmer:

Wolfie Christl
ist Web-Entwickler, Netzaktivist und Künstler und forscht seit vielen Jahren über die gesellschaftlichen Auswirkungen digitaler Kommunikationstechnologien. Als Mitinitiator des international vielfach ausgezeichneten Online-Spiels ?Data Dealer?, einem ironisch-subversiven ?Serious Game mit Tarnkappe?, gibt er einen kurzen Rückblick auf mehrere Jahre Game Design, Recherche, Finanzierung, Entwicklung und Öffentlichkeitsarbeit – und steht gern für weitere Fragen zur Verfügung. Inzwischen hat sich sein Tätigkeitsschwerpunkt eher auf die inhaltliche Ebene des Spiels verlagert. Aus den Recherchen zu ?Data Dealer? ist eine umfassende Studie über ?Kommerzielle Digitale Überwachung im Alltag? geworden, die im November veröffentlicht wurde und die er im Jänner sogar im Europäischen Parlament präsentiert hat.

Jörg Piringer
geboren 1974. lebt in wien. ist mitglied des instituts für transakustische forschung und des gemüseorchesters. arbeitet in den lücken zwischen sprachkunst, musik, performance und poetischer software.
in seiner arbeit wird das kontinuum zwischen musik, literatur oder sprache und informationstechnologie erforscht, was als ergebnis ein feld zwischen verständlichkeit und abstraktion ergibt. die ausformungen beschränken sich dabei nicht unbedingt auf gedruckten text, sondern finden ihren weg auch durch video, audio, installation, performance und interaktive netzliteratur.

Michael Hackl
ist Geschichtenerzähler, Analytiker, Ingenieur, Stratege und meistens gescheitert. Seine Arbeitsfelder spannen sich zwischen Forschung, Kunst, Management und Qualitätssicherung. Als Mitbetreiber des FailFastForwardFestivals Schmiede Hallein initiierte er dort das Spielprojekt ?1700? und lotet damit die Felder zwischen künstlerischem Kommentar, Spiel und Politik aus.

Ivan Ertlov
ist seit 12 Jahren als CM und Producer für internationale Spieleproduktionen tätig, die u.a. bei JoWooD, Koch / Deep Silver, Ubisoft BlueByte und Namco Bandai erschienen. Davor und daneben unter bürgerlichem Namen Johann Ertl als Lehrer, Journalist und Kommunalpolitiker tätig, von 2000 – 2015 Gemeinderat. 2005 gründete er sein eigenes Indielabel ?Homegrown Games?, das mittlerweile 7 PC-Spiele veröffentlicht hat, davon 4 unter eigenem Namen, zuletzt die Ultimate Trash Edition des kontroversen ?Into the Dark? auf Steam. Homegrown Games junktimiert in den Eigenentwicklungen Storytelling und Platzierung von Easter Eggs mit politischen Analysen sowie religions- und gesellschaftskritischen Andeutungen und Substories. Zahlreiche Verbote folgten den jeweiligen Releases, unter anderem wegen Blasphemie in nicht säkularisierten Nationen; Auseinandersetzungen mit Behörden und Justiz folgen.?Into the Dark? war das erste und bis dato einzige Spiel, das durch Zugeständnis der Sozialadäquanz und eines Bildungsauftrages selbst in der deutschen Verkaufsversion die Swastika nicht entfernen musste.


Moderation: Robert Glashüttner (ORF/FM4)

Termin

eSeL's Neugierde
Vortrag, Indiegames, Wolfie Christl, Jörg Piringer, Michael Hackl, Ivan Ertlov
Freitag, 27.03.2015 19:00
RaumD / Q21
Museumsplatz 1
1070 Wien
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