Alfred Tarazi, Waqas Khan

Donnerstag, 29. Januar 2015 - 19:00 Uhr

Galerie Krinzinger

Alfred Tarazi – The Senseless Realm

Alfred Tarazi – 2011 Artist in Residence bei Krinzinger Projekte – zeigt im Parterre der Galerie Krinzinger unter dem Titel „The Senseless Realm“ seine erste Einzelausstellung.
Alfred Tarazis Arbeiten bedienen sich der Idee des Panoramas, eine filmische Technik aus dem 19. Jahrhundert. Dargestellt sind fortlaufende Landschaften, die aus archivierten Abbildungen zu einer Collage über den libanesischen Bürgerkrieg (1975 – 1990) zusammengesetzt sind. Die fünf großen Panoramen (Druck auf Papier) sind jeweils in einer Box montiert. Der Betrachter kann diese mittels einer Kurbel bewegen und wird so Bildabschnitt für Bildabschnitt mit den grauenvollen, Geschichten des Krieges konfrontiert. Die apokryphe, erzählerische Konstruktion jeder Geschichte wird durch neu in Szene gesetzte Bilder des Krieges erzählt.

Dieser künstlerischen Intervention liegt eine erkenntnistheoretische Frage zugrunde: Welches spezifische Wissen eignet man sich in der Wahrnehmung des Krieges an? Wie schreibt sich dieses Wissen in das Gedächtnis ein? Findet sich in der Archäologie des Wissens über den Krieg – den tausenden, grausamen Bildern von Zerstörung, Verwüstung und Horror – ein Anspruch auf Wahrheit? Wie könnte sonst eine Übertragung stattfinden? Können Bilder nur Zeugnis ablegen oder regen sie auch zu weiteren Methoden und Modellen des Verstehens an?

Wenn wir unseren Blick auf die Gesichter jener Männer und Frauen im Krieg richten, erfolgt eine zufällige Realisierung: Krieg ist ein Lernprozess, aber das verbotene Wissen zu Töten, erscheint lediglich in einer kafkaesken Manier erworben zu werden: „Er hat den archimedischen Punkt gefunden, hat ihn aber gegen sich ausgenützt, offenbar hat er ihn nur unter dieser Bedingung finden dürfen.“ (1) Menschen lernen letztlich im Krieg das Töten – das ist Suchen nach einer Fluchtmöglichkeit aus dem Sein, um sich dorthin zu bewegen wo zu gleichen Teilen Freiheit und Negation agieren. Dieses verbotene Wissen, vergleichbar mit dem „Absoluten“ kann nur durch Verneinung und Widerspruch dialektisch erreicht werden. Aber dieses Wissen ist nie grundlos: Die Strafe dafür ist die unmittelbare Bestechung der Sinne.
Einzutauchen in diese Panoramen voll von zähem und stumpfem Wissen bedeutet eine permanente Ruine zu betreten – eine Welt von verkümmerten Gefühlen und Halbwahrheiten. Oder in den Worten von John Kelsey: "It is a postwar feeling of lost coordinates, a certain anonymous emptiness... It is both ruined and fresh."(2)

Ein Text von Arie Akkermans und Alfred Tarazi übersetzt aus dem Englischen.

Alfred Tarazi, 1980 im Libanon geboren, lebt und arbeitet in Beirut.

(1) Kleinwort Malte, Kafkas Verfahren, Literatur, Individuum und Gesellschaft, Im Umkreis von Kafkas Briefen an Milena, Verlag Königshausen und Neumann GmbH, Würzburg, 2004, S.52
(2) http://www.mutualart.com/OpenArticle/-theanyspacewhatever-/0D312D2C53A02AD5, am 14.01.2015


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Waqas Khan - Acoustics of Life

Die Galerie Krinzinger freut sich, die erste Einzelausstellung des pakistanischen Künstlers Waqas Khan unter dem Titel „Acoustics of Life“ anzukündigen. Waqas Khan war 2012 /13 Artist in Residence bei Krinzinger Projekte. Sein Medium ist die Zeichnung auf Wasli Paper, ein handgefertigtes Papier, das in Indien seit dem 10. Jahrhundert speziell für die Malerei von Miniaturen verwendet wird. Waqas Khan, der am National College of Arts in Lahore/Pakistan Druckgraphik studierte, orientiert sich in seinen filigranen Arbeiten an der Bardhakhat-Technik, einer Grundtechnik der persischen Mughal Miniaturmalerei. Diese besteht aus dem Setzen tausender kleiner Punkte, Linien und Strichen, die der Künstler in höchster Akribie auf das Papier aufträgt. Khan übersetzt die Kunstausübung der traditionellen Miniaturmalerei in seinen Arbeiten in einen zeitgenössischen Kontext, indem er einen Präzisionsstift benutzt, den normalerweise Architekten für das technische Zeichnen verwenden.

Ausgangspunkte für seine Zeichnungen sind die frühen Erfahrungen seiner Kindheit und verschiedenste persönliche Geschichten aus unterschiedlichen Zusammenhängen. Es ist die Zeit, die diesen Geschichten inhärent ist, die ihn vor allem beschäftigt – Zeit auch als universale transformierende Einheit, die mit Energie einhergeht, wie z.B dem stetigen Sonnenauf- und untergang. Die Luft, die als Medium alles umgibt, verbindet all jene Wesen, für die er den Punkt als Metapher wählt. Als Künstler hat er folgendes Verständnis: „Being a visual practitioner I cannot disassociate from the emotive energies of the cosmos, as their transformative phases are synced with me in person and my practice becomes its reflection.”
Der Verstehensprozess dieser Geschichten ist und war die größte Herausforderung. Der Punkt als zentrales Element seiner Zeichnungen hat sich langsam entwickelt, ebenso die intensive Arbeitsweise mit speziellen Atemtechniken, einem beständigen Aus- und Einatmen, welches die Vergänglichkeit von Formen im Raum spiegelt, gleichgültig ob Groß oder Klein. Der singuläre Punkt unter den vielen tausend Punkten eines Bildes ist dabei der Abdruck emotionaler Erfahrung, in dem Raum und Zeit verschmelzen, manchmal unterbewusst und traumhaft. Die Neugierde nach dem Dahinter, dem Unzugänglichen führten Waqas Khan immer wieder zum Punkt und dessen Stellung im Sufismus, den er als wichtigen Einfluss seiner Arbeit angibt. Die nicht wertende Praxis, die er wie die Beobachtung eines Baumes oder des Ozeans des Lebens beschreibt, ist ihm ein Grundanliegen und soll dem Betrachter in seiner Interpretation nicht einschränken, sondern intuitive Momente erzeugen. Waqas Khan dazu: „In summation the relative interplay of space and time of individuals is a continuous cycle of causes and effects and vice versa, a process, which becomes a palette for me, essential to my explorations, inquiring the visual language of the immediate environments as a medium, informing the temporal content of my visual practice.”

Waqas Kahn, 1982 in Akhtarabad, Pakistan geboren, lebt und arbeitet in Lahore, Pakistan. Er studierte am National College of Arts in Pakistan.
2013 war er für den Jameel Prize nominiert, seine Arbeiten waren zuletzt bei Galerie Krinzinger Wien (2015), Sharjah Museum of Islamic Civilisation, Sharjah (2015), Menege Museum Moscow, Moskau (2014), Galerie im Taxispalais, Innsbruck (2014), Victoria & Albert Museum, London (2013) und Ursula Blickle Stiftung, Wien (2013), zu sehen.

Bildlegende: Waqas Khan, Ohne Titel, 2015, Ink on paper, 26 x 35 cm, Courtesy Galerie Krinzinger, Vienna and the artist

ERÖFFNUNG
29. Jänner 2015, 19 Uhr

EINTRITT FREI

Termin

hAmSteR Events
Eröffnung, Alfred Tarazi, Artist in Residence, Libanon, Waqas Khan, Pakistan
Donnerstag, 29.01.2015 19:00
bis Samstag, 28.02.2015
Galerie Krinzinger
Seilerstaette 16
1010 Wien
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